Neue BFH-Rechtsprechung zur Steuerbarkeit (Versicherungsteuer) bei der Versicherung von Seeschiffen

BFH-Rechtsprechung zu § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VersStG alter Fassung

Dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherungsnehmer in Deutschland ansässig ist. In diesen Fällen hatte die Finanzverwaltung zwar eine Steuerbarkeit gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VersStG (Sonderrisikobelegenheit) verneint, aber über die Anwendung des Auffangtatbestands gem. § 1 Abs. 2 S. 2 VersStG a.F. Steuerbarkeit bejaht. Diese Rechtsauffassung wurde durch das Finanzgericht Köln bestätigt.

Der BFH ist der Auffassung des FG Köln auf Basis seiner in den Urteilsgründen ausführlich und dezidiert dargestellten Argumentation nicht gefolgt. Ob sich ein solches Besteuerungsrecht Deutschlands aus der Richtlinie ergibt, hat der BFH thematisch nur angerissen und im Ergebnis wohl offengelassen. Eine Auslegung des VersStG, auch im Lichte des Richtlinienrechts, ergibt aber lt. den Urteilsgründen, dass ein solches Besteuerungsrecht jedenfalls keinen Niederschlag im VersStG gefunden hatte und der Auffangtatbestand nicht anwendbar ist, wenn es sich bei dem versicherten Risiko seiner Art nach um ein Sonderrisiko im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VersStG handelt.

Zu beachten ist, dass sich die Rechtsprechung ausschließlich auf Fälle bezieht, in denen der Versicherer innerhalb des EWR niedergelassen ist. Für diese Fälle ist nunmehr durch Rechtsprechung des EuGH vom 15.04.2021 abschließend geklärt, dass es für die Sonderrisikobelegenheit allein auf die Eintragung im Seeschiffsregister ankommt und nicht auf den Flaggenstaat (siehe Beitrag). Liegt keine Eintragung in das deutsche Seeschiffsregister vor, besteht lt. o.g. BFH-Rechtsprechung keine Steuerbarkeit in Deutschland. Dies gilt wegen der zwischenzeitlich in Kraft getretenen Gesetzesänderung nur für bis einschließlich 09.12.2020 gezahlte Versicherungsentgelte (s.u.).

Diese Rechtsprechung ist unseres Erachtens übertragbar auf alle Risiken im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 1 VersStG, insbesondere auf außerhalb des EWR belegene Grundstücke, die von einem in Deutschland ansässigen Versicherungsnehmer versichert wurden, soweit hier eine Besteuerung vorgenommen wurde. Auch in diesen Fällen ist der Begründung des o.g. BFH-Urteil zufolge eine Steuerbarkeit zu verneinen.

Auswirkungen dieser BFH-Rechtsprechung auf das VersStG neuer Fassung?

Die o.g. BFH-Rechtsprechung wurde bereits durch das Versicherungsteuerrechts-Modernisierungsgesetz mit Wirkung zum 10.12.2020 überschrieben. Gem. § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VersStG n.F. besteht nun für außerhalb des EWR registrierte Fahrzeuge im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VersStG Steuerbarkeit, wenn der Versicherungsnehmer in Deutschland ansässig ist.

Diese gesetzliche Regelung bleibt von der neuen BFH-Rechtsprechung unberührt. Lediglich die Gesetzesbegründung, in der von einer „Klarstellung“ die Rede ist, ist insoweit überholt. Das Richtlinienrecht steht diesen neuen Steuertatbeständen unseres Erachtens ebenfalls nicht entgegen (vgl. Voß in DStR, 2021, 377), so dass wir davon ausgehen, dass diese neuen Steuertatbestände fortgelten werden. Die o.g. BFH-Rechtsprechung ist damit allein auf Versicherungsentgelt anwendbar, das bis einschließlich 09.12.2020 gezahlt wurde.

Die Auslegungshilfe zur Bestimmung des Versicherungsnehmers (BMF-Schreiben vom 27.05.2020) kommt danach bei Versicherungen von EWR-Versicherern nach aktuellem VersStG nur für die Feststellung zum Tragen, ob im Fall von § 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 VersStG n.F. (Registrierung des Seeschiffs außerhalb des EWR) der Versicherungsnehmer in Deutschland ansässig ist. Für Fälle nach altem VersStG ist die Auslegungshilfe bei Versicherungen mit EWR-Versicherern nicht relevant. Bei Versicherungen mit Versicherern, die außerhalb des EWR niedergelassen sind, ist diese Auslegungshilfe (nach altem und neuem Recht gleichermaßen) für die Feststellung des Versicherungsnehmers gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 VersStG wichtig.