Steuerpflicht von Anteilsveräußerungen an ausländischen Immobiliengesellschaften

Hintergrund und Gesetzesänderung in 2018

Mit dem Gesetz „zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ vom 11. Dezember 2018 wurde diese Besteuerungslücke in Anlehnung an Art. 13 Abs. 4 des OECD-Musterabkommens 2017 nunmehr geschlossen und § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG um einen Doppelbuchst. cc) (beschränkt steuerpflichtige Einkünfte) ergänzt.

Anwendungsbereich und Voraussetzungen

Der Tatbestand des Doppelbuchst. cc) erfasst Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer im Ausland steuerlich ansässigen Kapitalgesellschaft (ebenso wie ihrer im Ausland ansässigen Gesellschafter), soweit deren Immobilie in Deutschland gelegen ist, und die Veräußerung nach dem 31. Dezember 2018 erfolgt ist. 

Voraussetzung der beschränkten Steuerpflicht ist ferner, dass 

  • der Wert der Anteile zu irgendeinem Zeitpunkt während der 365 Tage (Rückbetrachtungszeitraum) vor der Veräußerung unmittelbar oder mittelbar zu mehr als 50 % auf inländischem unbeweglichem Vermögen beruht und die Anteile dem Veräußerer gem. § 39 AO zu diesem Zeitpunkt zuzurechnen waren. 
  • Da nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) EStG die allgemeinen Voraussetzungen des § 17 EStG ebenfalls gelten, reicht es aus, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt war. Nicht erforderlich ist also, dass der Veräußerer zum Veräußerungszeitpunkt noch zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Bewertung des inländischen Betriebsvermögens

Die Quote von 50 % des inländischen unbeweglichen Vermögens am Gesamtvermögen ist anhand der auf den betreffenden Zeitpunkt fortentwickelten Buchwerte der aktiven Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu ermitteln. Ist auch das Vermögen einer Gesellschaft einzubeziehen, an der eine mittelbare Beteiligung besteht, wird eine konsolidierte Betrachtung der aktiven Wirtschaftsgüter der Gesellschaften, denen das inländische unbewegliche Vermögen unmittelbar bzw. mittelbar zuzurechnen ist, vorgenommen.

Einschränkungen durch Doppelbesteuerungsabkommen

Art. 13 Abs. 4 OECD-Musterabkommen 2017 bildet die Basis für die Verhandlung von neu abzuschließenden bzw. zu revidierenden Doppelbesteuerungsabkommen („DBA“). In welchem Umfang das Besteuerungsrecht einem Staat für die in einem der beiden Vertragsstaaten erzielten Einkünfte (bzw. belegene Vermögen) zusteht, wird in einem individuellen DBA zwischen der Bundesrepublik und dem jeweiligen Vertragsstaat vereinbart.  

Besteht ein DBA, richtet sich das Besteuerungsrecht Deutschlands als Belegenheitsstaat der Grundstücke danach, ob das DBA eine dem § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. cc) EStG entsprechende Vorschrift enthält. Geht der Tatbestand des § 49 EStG weiter als dies nach dem jeweils geltenden DBA zulässig ist, kann der Steueranspruch der Bundesrepublik eingeschränkt sein. Relevant wird dies in Fällen, in denen die Grundbesitzklauseln in DBA von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. cc) EStG abweichende Quoten enthalten, die zudem teilweise mangels eines Rückbetrachtungszeitraums nur zum Veräußerungszeitpunkt zu bestimmen sind (vgl. Art. 13 Abs. 2 DBA Deutschland-Niederlande „mehr als 75 Prozent mittelbar oder unmittelbar“ (ohne Rückbetrachtungszeitraum); vgl. auch Art. 13 Abs. 2 DBA Deutschland-Österreich „überwiegend“ (ohne Rückbetrachtungszeitraum), wobei mittelbare Beteiligungen von der Grundbesitzklausel nicht erfasst werden).

Sofern kein DBA besteht, ist § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e) Doppelbuchst. cc) EStG uneingeschränkt anwendbar.

Praxisrelevanz

Der mit den Neuregelungen verbundene Hinzugewinn an Steuersubstrat ist eher gering. Für ausländische Körperschaften als Anteilseigner sind die Veräußerungsgewinne auch weiterhin nach § 8b KStG vollständig steuerbefreit (nach BFH vom 31.05.2017, I R 37/15, ist die Fiktion der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben von 5 % insoweit nicht anwendbar).

Gewerbesteuer fällt mangels Betriebsstätte des Veräußerers im Inland ebenfalls nicht an. Materiell betroffen wären damit solche Anteilseigner, die § 8b KStG nicht geltend machen können, also natürliche Personen – bei denen dann das Teileinkünfteverfahren bei Einkünften nach § 17 EStG eingreift - und bestimmte Finanz- und Versicherungsunternehmen.

Anwendungsschwierigkeiten bestehen insoweit, wie das Vorliegen der Voraussetzungen in der Praxis festgestellt oder geprüft werden soll. Im Ausland ansässige Gesellschafter von Kapitalgesellschaften - vor allem jene mit Kleinstanteilen - verfügen regelmäßig nicht über die notwendigen Informationen, um abzuleiten, ob der Anteilswert der Gesellschaft im Jahr vor der Veräußerung zu mehr als 50 % auf Grundvermögen in Deutschland beruhte. 

Diskussionswürdig ist auch die Anwendung der 365-Tage-Frist, wenn z.B. einer Totalveräußerung der Immobilie durch die ausländische Kapitalgesellschaft eine Anteilsveräußerung durch den Anteilseigner zeitlich nachfolgt und die 365-Tage-Frist (formal) noch nicht abgelaufen ist. Der Veräußerungsgewinn an der Immobilie selbst ist bereits auf Ebene der Kapitalgesellschaft zu versteuern, vgl. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. f) Doppelbuchst. bb) EStG.