Saubere Fahrzeuge beschaffen: Gesetzlich festgelegte Beschaffungsquoten beachten, Förderpotentiale ausschöpfen!

Mit dem Gesetz über die Einhaltung von Mindestzielen bei der Beschaffung sauberer Straßenfahrzeuge (Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetz – SaubFahrzeugBeschG), dass der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1161 dient, werden die zur Beachtung des europäischen Vergaberechts verpflichteten Beschaffungsstellen verpflichtet, emissionsarme und emissionsfreie Straßenfahrzeuge bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu bevorzugen. Die verbindlichen Regelungen sollen sicherstellen, dass der Verkehrssektor einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leistet, indem die Markteinführung von sauberen Fahrzeugen vorangetrieben wird und dadurch die Treibhausgasemissionen weiter gesenkt werden können.

Als vergaberechtliches Nebengesetz kommt das SaubFahrzeugBeschG neben dem allgemeinen Vergaberecht (insb. GWB, VgV, SektVO) zur Anwendung und geht den allgemeinen Regelungen vor. Waren öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber in der Vergangenheit lediglich verpflichtet, den Energieverbrauch und die Umweltauswirkungen (z. B. Emissionen) bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen zu berücksichtigen, erfolgt nunmehr durch die Festlegung von (verbindlichen) Mindestbeschaffungsquoten in zwei Referenzzeiträumen (2. August 2021 bis 31. Dezember 2025 und 1. Januar 2026 bis 31. Dezember 2030) ein unmittelbarer „Eingriff“ in das Leistungsbestimmungsrecht der öffentlichen Hand und der von dieser beherrschten Unternehmen. Vorgegeben wird ein spezifischer Mindestprozentsatz an sauberen/emissionsfreien Nutzfahrzeugen an der Gesamtzahl der in dem jeweiligen Referenzzeitraum insgesamt beschafften Nutzfahrzeuge.

Öffentliche Auftraggeber sollten wissen, dass dem Gesetz ein weiter Anwendungsbereich zugrunde liegt: Umfasst wird nicht nur die unmittelbare Beschaffung von Fahrzeugen mittels der Vergabe von Lieferaufträgen (Kauf, auch Ratenkauf, Leasing oder Anmietung), sondern auch Dienstleistungsaufträge, bei denen die Nutzung von Straßenfahrzeugen einen Teil der Leistungserbringung ausmachen wird (z. B. straßengebundener ÖPNV, Bedarfspersonenbeförderung, die Abholung/ Transport von Siedlungsabfällen oder die Post-/ Paketbeförderung und –zustellung auf der Straße).

Ein Beispiel: Verfügt eine nach § 17 Abs. 1 KrWG zur Entsorgung von Abfällen aus privaten Haushaltungen verpflichtete Kommune über keine eigene Abfallsammel- und -transportinfrastruktur, ist diese bei der Vergabe von Dienstleistungen zur Einsammlung von Haushaltsabfällen grundsätzlich verpflichtet, den spezifischen Mindestprozentsatz an sauberen/emissionsfreien Nutzfahrzeugen an der Gesamtzahl der in dem jeweiligen Referenzzeitraum insgesamt beschafften Nutzfahrzeuge einzuhalten. Der öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger ist insoweit verpflichtet zu prüfen, ob die Mindestbeschaffungsquoten im Wege der ver-gaberechtskonformen „Abwälzung“ der Verpflichtung des Einsatzes von sauberen/emissionsfreien Nutzfahrzeugen auf den Auftragnehmer/Dienstleister zu erfolgen hat.

Öffentliche Förderpotentiale sollten ausgeschöpft werden!

Um es mit den aus den gesteigerten Anforderungen resultierenden, finanziellen Mehrbelastungen aufnehmen zu können, sollten die Kommunen und kommunalen Unternehmen prüfen, ob im Einzelfall auf die vielzähligen regionalen, nationalen und europäischen Förderprogramme zurückgegriffen werden kann. Dies gilt nicht zuletzt im Rahmen der gebührenfinanzierten Leistungserbringung der Daseinsvorsorge. Die Möglichkeiten staatlicher Unterstützungen von Unternehmen sind vielfältig und die Risiken (insbesondere Rückzahlungsverpflichtung) hoch. Zudem gilt es, eine Vielzahl von Ausnahmevorschriften zu beachten.

Öffentliche Auftraggeber sollten daher die aktuellen Förderaufrufe, z. B. des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), im Blick behalten (abrufbar über: Förderaufrufe - NOW GmbH (now-gmbh.de). Nach der Förderrichtlinie Elek-tromobilität wird etwa der Aufbau von elektrischen Fahrzeugflotten im kommunalen, regionalen und gewerblichen Umfeld gefördert. Das Förderangebot erstreckt sich auch auf die finanzielle Unterstützung beim Aufbau von Flotten und den notwendigen Ladeinfrastrukturen.

In der Anwendung müssen die örtlichen Entscheidungsträger die jeweiligen fach- und fördermittelspezifischen Anforderungen, haushälterische Restriktionen sowie die Vorgaben des Vergaberechts in Einklang bringen. Gestaltungsbedarf ergibt sich oftmals aus dem Spannungsverhältnis zwischen dem Auftrag zur Daseinsvorsorge, dem Gebot des wirtschaftlichen Handelns und der Nachhaltigkeit. Wir betreuen eine Vielzahl von Unternehmen und Gebietskörperschaften im Bereich des Zuwendungs-, Vergabe- und Beihilfenrechts. Hierbei beraten und vertreten wir unsere Mandanten sowohl auf Auftraggeber- als auch Bieterseite in allen Bereichen des nationalen und europäischen Vergabe- und Zuwendungsrechts. Unser Beratungsspektrum erstreckt sich von der Strukturierung des Vergabeverfahrens bis hin zur gerichtlichen Vertretung vor den zuständigen Nachprüfungsinstanzen auf nationaler und europäischer Ebene. Zum Beratungsangebot gehören damit etwa auch die Strukturierung von Ausschreibungen, die Prüfung von Teilnahmeanträgen und Angeboten, die rechtliche Begleitung bei den Verhandlungen sowie - im Bedarfsfall - Risikoeinschätzungen und Handlungsalternativen.

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