Reporting-Frameworks zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
Reporting-Frameworks zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
Aber wie sieht es mit den bestehenden Rahmenwerken im Angesicht der neuen Berichterstattungsanforderungen nach der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) aus? Haben die Standards nach den neuen Regeln der EU weiter Relevanz?
„Was bisher geschah“
Freiwillig anzuwendende Rahmenwerke für Nachhaltigkeitsinformationen haben sich für unterschiedliche Zwecke auf Grund von regionalen Besonderheiten, Geschäftsmodellen, Industrieanforderungen oder auch der zu berichtenden Informationen entwickelt. Sie schaffen Regeln für Inhalt und Form der Berichterstattung und deren Vergleichbarkeit. Eine kleine Auswahl, die oft auch kombiniert angewendet werden:
Die am häufigsten verwendeten sind
- die Global Reporting Initiative (GRI)[2] Standards,
- das International Integrated Reporting (<IR>) Framework des International Integrated Reporting Council (IIRC),
- die Standards des Sustainability Accounting Standards Board (SASB),
- die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) oder
- der UN Global Compact (UNGC).
In Deutschland ist auch der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) von Bedeutung.
Global Reporting Initiative (GRI)
GRI bietet seit 1997 ein umfassendes Rahmenwerk für Unternehmen zur Berichterstattung über umweltbezogene, soziale, ökonomische Aspekte sowie zur Unternehmensführung. Es berücksichtigt die Sicht einer Vielzahl von Stakeholdern.
Die Standards legen ein Vorgehen zur Bestimmung der Wesentlichkeit von Informationen vor. Im Ergebnis begründen sie detaillierte Angaben in qualitativer und quantitativer (Indikatoren) Hinsicht, die eine umfassende Breite an Nachhaltigkeitsaspekten abdecken. Die Vorgaben der GRI werden von über 10.000 Unternehmen in 100 Ländern angewendet, einschließlich rd. 73% der weltweit größten Unternehmen.
Wesentliche Vorteile
- Führender Standard für Nachhaltigkeitsberichte
- Breite Akzeptanz durch umfassenden Multi-Stakeholder Ansatz und erprobte Berichtsstrukturen
- Klare Methodologie die sowohl für integrierte Geschäftsberichte als auch gesonderte Nachhaltigkeitsinformationen Anwendung findet
International integrated reporting (<IR>) Framework
Nach dem <IR> Framework berichten Unternehmen seit 2013 darüber, wie ihr Wertschöpfungsprozess im Zeitablauf Werte schafft, erhält oder mindert. Dabei werden die verwendeten Ressourcen im Geschäftsmodell in sechs Kapitalien unterteilt: Finanzkapital, Produktionskapital, geistiges Kapital, Humankapital, Sozial- bzw. Netzwerkkapital und natürliches Kapital.
Die Zielsetzung des Rahmenwerks ist die Verbindung der Geschäftsaktivitäten und der Kapitalverwendung mit Finanzstabilität und nachhaltiger Entwicklung. Dabei werden kurz-, mittel- und langfristige Perspektiven zur Wertentwicklung für das Unternehmen selbst und seine Stakeholder eingenommen. Das <IR> wird von mehr als 2.500 Unternehmen in über 75 Ländern verwendet.
Wesentliche Vorteile
- Erster integrativer Ansatz zur Verbindung von Finanzergebnis und nachhaltigkeitsbezogenen Input-Outputs-Impacts-Outcomes
- Holistischer Ansatz fördert interdisziplinäre Zusammenarbeit in Organisationen
- Flexibilität in der Verwendung wesentlicher quantitativer und/oder qualitativer Informationen und Daten.
Sustainability Accounting Standards Board (SASB)
Die SASB Standards legen Berichtsangaben für finanziell wesentliche Nachhaltigkeitsinformationen von Unternehmen gegenüber Kapitalgebern vor. In insgesamt 77 einzelnen Standards werden für verschiedene Industrien die jeweils relevantesten ESG-Aspekte festgelegt. Die Wesentlichkeit von Informationen orientiert sich an kurz-, mittel- und langfristigen finanziellen Auswirkungen mit Fokus auf die Investorenperspektive.
Zielsetzung der Standards ist die Verbesserung der Informationen für Unternehmen und Investoren für Entscheidungen, die sich an langfristigen Wertsteigerungspotentialen orientieren. In 2022 berichten mehr als 2.200 Unternehmen nach den SASB Standards.
Wesentliche Vorteile
- Standards liefern umfangreichen Überblick zur initialen Einschätzung von Wesentlichkeit für zahlreiche Industrien
- Investoren nutzen die SASB zunehmend als Benchmark für Nachhaltigkeitsinformationen einzelner Industrien
Task Force for Climate-related Financial Disclosures (TCFD)
Die Empfehlungen der TCFD beziehen sich auf Angaben zu organisatorischen Maßnahmen, die eine effektive Überwachung von Auswirkungen des Klimawandels bei Reduzierung finanzieller Risiken ermöglichen sollen. Sie bieten eine Methodik, wie Chancen und Risiken des Klimawandels in die eigene Geschäftsstrategie eingebettet werden können. Durch die Integration von Klimaszenarien, einem klimabezogenen Risikomanagement und der Entwicklung von klimabezogenen Leistungsindikatoren und Zielen wird die Berichterstattung über Finanzrisiken verbessert.
Die Empfehlungen werden als führender Standard zur Berichterstattung über klimabezogene Risiken erachtet und sind abgestimmt mit allen wesentlichen anderen Rahmenwerken. In 2022 berichten mehr als 3.900 Unternehmen in über 100 Ländern nach den Empfehlungen der TCFD.
Wesentliche Vorteile
- Best Practice für klimabezogene Angaben
- Identifizierung von Chancen und Risiken in Verbindung mit dem Klimawandel
- Wesentliche Rating Agenturen berücksichtigen TCFD-Angaben in ihren Ratings.
UN Global Compact (UNGC)
Der UNGC beinhaltet 10 Prinzipien, die die Themen Menschenrechte, Arbeitsnormen, Umwelt & Klima und Korruptionsprävention adressieren. Er ruft Unternehmen dazu auf, ihre Strategien an den 10 Prinzipien auszurichten und Maßnahmen zur Umsetzung von 17 Sustainable Development Goals (SDG) zu fördern sowie jährlich über Fortschritte zu berichten. Er fordert keine festgelegten Wesentlichkeitsüberlegungen und beinhaltet wenige konkrete Vorgaben.
Der freiwillige, international anerkannte UNGC bildet seit mehr als 20 Jahren einen Rahmen insbesondere für die Berichterstattung von großen und von börsennotierten Unternehmen. Über 22.200 Unternehmen und Organisationen sind bereits Unterzeichner des UN Global Compact und tragen zur globalen Vision bei.
Wesentliche Vorteile
- Flexibilität für die Berichterstattung über die 10 Prinzipien
- Grundlage für die Verbindung von nationalen, industriespezifischen Nachhaltigkeitsinformationen mit international akzeptierten Grund
sätzen.
Deutscher NachhaltigkeitsKodex (DNK)
Der DNK unterstützt den Aufbau einer Nachhaltigkeitsstrategie und bietet einen Einstieg in die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die regelmäßige Berichterstattung macht die Entwicklung des Unternehmens im Zeitverlauf sichtbar. Um den DNK zu erfüllen, erstellen Anwender in einer zentralen Datenbank eine Erklärung zu zwanzig DNK-Kriterien und den ergänzenden nichtfinanziellen Leistungsindikatoren.
Die Datenbank ist das Herzstück des DNK. Dort finden sich alle bisher veröffentlichten Erklärungen der über 1.000 Anwenderunternehmen. Auf diese Weise werden die Nachhaltigkeitsbemühungen der Organisationen sichtbar und vergleichbar gemacht.
Wesentliche Vorteile
- gibt Orientierung, wie die CSR-Berichtspflicht sowie der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte praktisch umgesetzt werden können
- das Büro Deutscher Nachhaltigkeitskodex prüft die DNK-Erklärungen auf formale Vollständigkeit, Anwender erhalten qualifiziertes Feedback
- allgemein zugängliche DNK-Datenbank erzeugt Sichtbarkeit.
Aktuelle Entwicklung in Europa
Mit der CSRD verwirklicht die europäische Union eine Nachhaltigkeitsberichterstattung, die mittelfristig gleichrangig zur bisherigen finanziellen Berichterstattung steht. Nach Auffassung der EU „entspricht kein bestehender Standard und kein bestehendes Rahmenwerk den Bedürfnissen der Union im Hinblick auf eine [einheitliche und vergleichbare] Nachhaltigkeitsberichterstattung“.[3] Ausgehend von dieser Einschätzung hat die EU die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) mit der Entwicklung eigener Berichterstattungsstandards beauftragt.
Mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS)[4] liegt nun ein weiteres Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsberichterstattung vor bzw. wird noch fortentwickelt. Für Unternehmen in der EU wird dieses Rahmenwerk verpflichtend werden. Das heißt aber nicht, dass die bestehenden Rahmenwerke irrelevant werden. Die CSRD fordert, dass bestehende Rahmenwerke durch die ESRS berücksichtigt werden sollen, d.h. mit den ESRS kompatibel bleiben.[5] Auf Grund der Bedeutung bestehender Rahmenwerke für bestimmte internationale Stakeholder werden viele Unternehmen diese freiwillig weiter parallel zu den ESRS berücksichtigen und somit über die ESRS hinaus zum Prüfungsgegenstand machen.
Weiterhin verfolgt die EFRAG mit der Unterstützung des International Sustainability Standards Board globale Konvergenzziele für eine Vereinheitlichung der Nachhaltigkeitsberichterstattung weltweit. Entsprechend zur EU entwickelt auch das ISSB seine IFRS Sustainability Disclosure Standards (IFRS S) parallel weiter.
Die Entwicklung der Standards und die Herausforderungen für die Anwender sind also noch nicht beendet.
[1] Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und future e.V.
[2] GRI, IIRC und SASB haben sich in der Zwischenzeit zur Value Reporting Foundation (VRF) zusammengefunden.
[3] Vgl. CSRD, Tz. 38.
[4] Zu Details z.B. zum ESRS E1 vgl. die Publikation von BDO Global „Sustainability At a Glance - ESRS E1 Climate Change“ (www.bdo.global/en-gb/news/ifrs-news/bdo-publishes-sustainability-at-a-glance-esrs-e1-climate-change).
[5] Vgl. CSRD, Tz. 43.
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