13. Dezember 2019
Überblick
Vor dem Hintergrund der weltweit laufenden Reformaktivitäten der Referenzzinssätze, sog. IBOR-Reformen, durch die in vielen Währungsräumen die Referenzzinssätze zukünftig durch neue Referenzzinssätze ersetzt werden sollen,[1] hat das IASB bereits im Jahre 2018 ein Projekt zu punktuellen Änderungen an IFRS 9 und IAS 39 ins Leben gerufen.
Dieses Projekt wurde zwischenzeitlich in zwei Phasen untergliedert. Phase I mündete in der Veröffentlichung einer Änderung an IFRS 9, IAS 39 und IFRS 7 am 26.9.2019 und ist damit bereits abgeschlossen. Gegenstand der Phase I sind Rechnungslegungsimplikationen, die sich zeitlich betrachtet im Vorfeld des Austauschs von Referenzzinssätzen insbesondere durch Marktunsicherheiten ergeben.
Phase II soll sich hingegen mit der Bilanzierung des eigentlichen Austauschs von Referenzzinssätzen in Verträgen beschäftigen und wie dieser Austausch beispielsweise in Bezug auf die Anwendung der Regeln zur Modifikation von Verträgen zu behandeln ist. Über Phase II werden wir in künftigen Ausgaben dieses Newsletters berichten.
Phase I
Die Marktunsicherheiten, die aktuell aufgrund der IBOR-Reformen vorherrschen, haben (bzw. hatten) vor Abschluss der Phase I und der nunmehr verabschiedeten Änderung von IFRS 9 und IAS 39 Einfluss auf die Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen in Bezug auf die folgenden Punkte:
Identifikation der Risikokomponenten
Eine Risikokomponente muss nur bei der anfänglichen Designation der Sicherungsbeziehung und nicht fortlaufend separat identifizierbar sein. Nach den bisherigen Regelungen hätte die Sicherungsbeziehung beendet werden müssen, da im Kontext der IBOR-Reformen die abgesicherte Risikokomponente (z.B. der UK LIBOR) ausgetauscht und somit nicht als fortlaufend identifizierbar qualifiziert gewesen wäre. Bei Beendigung hätten dann die während der Sicherungsbeziehung im OCI erfassten Wertänderungen erfolgswirksam in der GuV erfasst werden und bislang im OCI erfasste Beträge ggf. in die GuV umgegliedert werden müssen.
„highly probable-Kriterium“ und prospektive Effektivitätsbeurteilungen
Es ist durch die Änderung zu unterstellen, dass der Referenzzinssatz auf den Cashflows des Grundgeschäfts, des Sicherungsinstruments oder des abgesicherten Risikos basiert und durch die IBOR-Reformen nicht verändert wird. Bei einem erwarteten Austausch des Referenzzinssatzes wäre zu schlussfolgern gewesen, dass die Änderung des Zinssatzes im Kontext der IBOR Reform dazu führen könnte, dass die Einstufung der Sicherungsbeziehung nicht als „highly effective“ (nach IAS 39) erfolgen kann, bzw. dass von einer hohen Wirksamkeit einer Sicherungsbeziehung in Bezug auf den von IFRS 9 geforderten wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und Sicherungsgeschäft nicht ausgegangen hätte werden können. Im Zuge der Reform ist zu erwarten, dass ab einem gewissen Zeitpunkt die Cashflows nicht länger den bislang in IFRS 9/IAS 39 geforderten Anforderungen, mitunter dass eine erwartetes Grundgeschäft im Rahmen eines Cash Hedges hochwahrscheinlich ist, genügt hätten.
Retrospektiver Effektivitätstest nach IAS 39
Eine Sicherungsbeziehung ist nicht zu beenden, wenn die retrospektive Effektivität in dem Zeitraum, in dem Unsicherheiten aufgrund der IBOR-Reformen bestehen, außerhalb von 80-125% liegt.
Recycling der Cash Flow Hedge Reserve
Es ist zu unterstellen, dass sich der Referenzzinssatz, auf dem die abgesicherten Cashflows basieren, durch die IBOR-Reformen nicht verändern wird und die CFH-Reserve daher nicht allein aufgrund der IBOR-Reformen zu recyclen ist.
Erstmalige Anwendung von IFRS 9 und IAS 39 in der geänderten Fassung
Die am 26.9.2019 verabschiedete Änderung soll noch im Jahr 2019 das EU-Endorsement erhalten und ist danach für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2020 beginnen, anzuwenden. Dabei handelt es sich um zeitlich begrenzte Erleichterungen, ohne die Sicherungsbeziehungen ansonsten aufgrund der gegenwärtigen Unsicherheiten aus den IBOR-Reformen beendet werden müssten. Die beschlossenen Erleichterungen sind dahingehend zeitlich begrenzt, als dass die Erleichterungen grundsätzlich ab dem früheren Zeitpunkt aus Wegfall der aus den IBOR-Reformen resultierenden Unsicherheit bezüglich Zeitpunkt und Höhe der IBOR-basierten Cashflows und Beendigung der betroffenen Sicherungsbeziehung nicht mehr anzuwenden sind.
Angabepflichten
Zudem wurden in IFRS 7 Angabepflichten bei Inanspruchnahme der Erleichterungen aufgenommen und die Angabe folgender Informationen verlangt:
- Nominalbetrag der betroffenen Sicherungsinstrumente,
- alle wesentlichen Annahmen oder Beurteilungen, die bei der Anwendung der Erleichterungen getroffen wurden,
- qualitative Angaben darüber, wie sich die
IBOR-Reformen auf das Unternehmen auswirken und dieses den Übergangsprozess steuert.
Hinweis
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die im vorhergehenden Beitrag zu den Prüfungsschwerpunkte 2020[2] genannten Erwartung der DPR und der ESMA weit über die zuvor genannten Angaben hinausgehen dürften. Es ist zu erwarten, dass die Enforcementstellen und die DPR in Deutschland[3] insbesondere im Lagebericht eine weitergehende Berichterstattung über die Auswirkungen der
IBOR-Reformen erwarten. Dabei werden die Enforcementstellen die Perspektive der Adressaten der Finanzberichterstattung als Messlatte anlegen. Damit ist zu erwarten, dass alle diejenigen Auswirkungen, die aus Sicht des Bilanzierenden eine Relevanz für die Adressaten haben, darzustellen, zu analysieren und zu beurteilen sind.
[1] Zu den Details siehe https://www.bdo.global/en-gb/insights/global-industries/financial-services/ibor-update
[3] Für Zwecke der handelsrechtlichen Rechnungslegung wird außerdem auf IDW RH FAB 1.020, IDW Life 2019, S. 741, verwiesen.