Das im Erbfall erworbene sog. Familienheim ist unter bestimmten Voraussetzungen von der Erbschaftsteuer befreit; erforderlich ist unter anderem die unverzügliche Selbstnutzung für eigene Wohnzwecke durch den/die Erben. Diese liegt vor, wenn innerhalb einer angemessenen Zeit von regelmäßig sechs Monaten nach dem Erbfall die Selbstnutzung beabsichtigt und durch tatsächlichen Einzug auch umgesetzt wird. Durch umfangreiche Renovierungsarbeiten kann sich der Einzug auf einen Zeitpunkt nach der Sechsmonatsfrist verschieben. Ob auch dann die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim zu gewähren ist, hat das FG Düsseldorf in seinem Urteil vom 10.03.2021 (Az. 4 K 2245/19 Erb) geklärt.
Im Streitfall zog die Erbin nach einer Räumungs- und Renovierungsphase von rund 1,5 Jahren in die von der Erblasserin bis zu ihrem Tod genutzte Wohnung ein. Das Finanzamt versagte die begehrte Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim, da die Erbin verspätet und nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall in die von der Erblasserin genutzte Wohnung eingezogen sei; mit der Auslastung im Baugewerbe verbundene Verzögerungen - selbst wenn es sich um umfangreiche Renovierungsmaßnahmen handele - seien der Erbin anzulasten.
Das sah das FG Düsseldorf genau so. Zur Erlangung der Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim ist dieses grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten nach dem Erbfall zu beziehen, es sei denn, es können vom Erben nicht zu vertretene Gründe für einen späteren Einzug vorgetragen werden; beispielsweise ist hier an erst nach Beginn der Renovierungsarbeiten entdeckte und noch zwingend vor dem Einzug zu beseitigende Mängel der Wohnung zu denken. Zu berücksichtigen ist auch, dass Steuerbefreiungsvorschriften zur Vermeidung von Überbegünstigung weitestgehend restriktiv ausgelegt werden. Die bloße Absicht der Selbstnutzung ist unzureichend. Dies bedeutet also: Kann man die bestehenden Anforderungen nach allgemeiner Verkehrsanschauung nicht erfüllen, sind substanziierte Nachweise für die verzögerte Selbstnutzung beizubringen. Bei mittel- und langfristiger hoher Auslastung einzelner Unternehmen des Baugewerbes hätte die Erbin im vorliegenden Fall auf eine zeitnahe Erstellung der Angebote drängen und ggfs. weitere Angebote einholen müssen, um die Durchführung der Entrümpelungs- und Renovierungsarbeiten zu beschleunigen.
Das Abwarten der Erbin im vorliegenden Fall erfüllt die erhöhten Nachweisanforderungen nicht und führt letztlich dazu, dass sie nicht unverzüglich in das Familienheim eingezogen ist; die begehrte Erbschaftsteuerbefreiung wurde damit aus Sicht des FG Düsseldorf zu Recht versagt.
Hinweis:
Die Sechsmonatsfrist umfasst die innere Bedenkzeit des Erben, die Zeit für eine Räumung und Renovierung sowie auch den tatsächlichen Umzug; sie ist also knapp bemessen. Frühzeitig zur Planung der notwendigen Entrümpelungs- und Renovierungsarbeiten aufgenommene Kontakte zu Fachfirmen können daher die Nachweisführung für einen verspäteten Einzug in das Familienheim erleichtern.
Die zugelassene Revision gegen das Urteil des FG Düsseldorf wurde nicht weiterverfolgt. Hingewiesen sei aber auf ein derzeit noch anhängiges BFH-Verfahren (Az. II R 46/19) in einem ähnlich gelagerten Fall.