Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung für gemischt genutzte Gebäude

Die erweiterte Gewerbesteuerkürzung (§ 9 Nr. 1 Sätze 2-6 GewStG) ermöglicht Grundstücksunternehmen, die allein aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, unter bestimmten Voraussetzungen eine vollständige Entlastung ihrer Grundstückserträge von der Gewerbesteuer. Erforderlich ist dafür regelmäßig, dass solche Unternehmen ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten bzw. nutzen; gesetzlich zulässige und eng definierte Nebentätigkeiten wie

  • die Verwaltung bzw. Nutzung von eigenem Kapitalvermögen,
  • die Betreuung von Wohnungsbauten oder
  • die Errichtung bzw. Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen i.S.d. WEG

sind für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung allerdings unschädlich.

In der Praxis führen die zuvor genannten Anforderungen vielfach zu Unklarheiten; die erweiterte Gewerbesteuerkürzung ist daher äußerst streitanfällig zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung. Die bisher offene Fragestellung, ob auch die Betreuung gemischt genutzter Gebäude noch als Betreuung von Wohnungsbauten i.S.d. erweiterten Gewerbesteuerkürzung anzusehen ist, hat der BFH nunmehr in seinem Urteil vom 15.04.2021 (Az. IV R 32/18) geklärt.

Im Streitfall verwaltete eine - allein aufgrund ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtige - GmbH & Co. KG neben eigenem Grundbesitz auch fremden Grundbesitz, der aus Wohnungen und gewerblichen Einheiten bestand. Drei hinsichtlich der Fremdverwaltung gebildete Verwaltungseinheiten enthielten gewerbliche Anteile zwischen 2 % und 18,5 % der gesamten nutzbaren Flächen der jeweiligen Einheit. Die Verwaltungstätigkeit der GmbH & Co. KG stellte sich im Einzelnen folgendermaßen dar:

GmbH & Co. KG

Verwaltung eigenen Grundbesitzes

Verwaltung fremden Grundbesitzes

5.831 Wohnungen
79 gewerbliche und sonstige Einheiten
2.390 Garagen und Stellplätze

1.224 Wohnungen und gewerbliche Einheiten,
davon 3 Verwaltungseinheiten mit gewerbl.
Flächenanteilen zw. 2 % und 18,5 %.


Das Finanzamt versagte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung, da die GmbH & Co. KG mit der Mitverwaltung der drei gemischt genutzten fremden Verwaltungseinheiten nicht ausschließlich (fremde) Wohnungsbauten verwaltete. Der BFH bestätigte letztlich die Auffassung von Finanzamt und Finanzgericht.

Bei der im Gesetzestext genannten Begrifflichkeit „Wohnungsbauten“ stellt der BFH auf Gebäude und Wohnungen ab, die ausschließlich Wohnzwecken dienen; dies schließt angesichts der Bedeutung eines Pkw für die Lebensführung des Nutzers auch das Vorhandensein eines Stellplatzes ein, sofern ein solcher einer bestimmten Wohnungseinheit zugeordnet ist. Nicht erfasst werden hingegen gemischt genutzte Gebäude; Gebäude, die - wie im Streitfall - teilweise u.a. auch gewerblichen Zwecken dienen, werden danach also nicht einbezogen. In diesem Zusammenhang sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Zweckbestimmung eines Gebäudes oder der darin befindlichen Einheiten nicht nur vom Willen des Eigentümers oder Mieters abhängt, sondern sich vielmehr nach gesetzlichen Vorschriften und darauf fußenden Genehmigungen für das konkrete Gebäude bestimmt.

Wird in Verbindung mit der Errichtung bzw. Veräußerung von Eigentumswohnungen Teileigentum i.S.d. WEG errichtet oder veräußert – was bei den im Streitfall im Raume stehenden und problematisierten drei Verwaltungseinheiten jedoch nicht der Fall ist -, kommt die erweiterte Gewerbesteuerkürzung auch dann zur Anwendung, wenn das Gebäude zu mehr als 66 2/3 % Wohnzwecken dient. Nach Würdigung des BFH hat der Gesetzgeber mit Aufnahme vorbenannter Ausnahmeregelung den Umstand erkennt, dass es in der Praxis auch gemischt genutzte Gebäude gibt.

Allerdings hat der Gesetzgeber keine vergleichbare Regelung für die im Streitfall begehrte Betreuung von Wohnungsbauten getroffen. Das spricht dafür, dass er eine solche Betreuung nur dann als für die Gewährung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung unschädlich ansieht, wenn sie sich auf ausschließlich Wohnzwecken dienende Gebäude bezieht; es ist aus Sicht des BFH daher keine planwidrige Gesetzeslücke erkennbar.

Hinsichtlich verfassungsrechtlicher Anforderungen obliegt dem Gesetzgeber bezüglich der Festlegung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung als steuerlicher Begünstigungsnorm ein weiter Ermessungsspielraum. Die ungleiche Behandlung gemischt genutzter Gebäude hinsichtlich der Betreuung von fremden Wohnbauten einerseits und der Errichtung bzw. Veräußerung von Teileigentum andererseits sind nach BFH-Auffassung daher nicht zu beanstanden.

Abschließend führt der BFH aus, dass die Begrifflichkeit „Wohnungsbauten“ keine – auch noch so geringe oder untergeordnete – gewerbliche Nutzung des Gebäudes umfasst; es existiert insbesondere keine entsprechende gesetzlich festgelegte Geringfügigkeitsgrenze. Folglich führt nach Auffassung des BFH jegliche gewerbliche Nutzung der dem Streitfall zugrundeliegenden Bauten zur Versagung der erweiterten Gewerbesteuerkürzung.

Hinweis:

Der BFH setzt mit dem aktuell ergangenen Urteil seine äußerst restriktive Haltung hinsichtlich der Inanspruchnahme der erweiterten Gewerbesteuerkürzung fort. In derartigen Fallkonstellationen verbleibt somit allein die Möglichkeit, die gewerbesteuerlich schädliche Tätigkeit – wie hier die Verwaltung fremder gemischt genutzter Grundstücke – auf eine Schwestergesellschaft auszulagern.

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