Tax and Legal UPDATE KW 43

Neueinstellungen im Internet

Keine erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung bei gekoppelten Verträgen im Konzept einer Seniorenresidenz
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Steuerneutrale Aktienzuteilung bei ausländischem Spin-Off
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Umsetzungspflichten für Unternehmen aus der EU-Whistleblowing-Richtlinie
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Gesetzgebung

Verordnung zur Anwendung des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb
BMF, Referentenentwurf vom 25.10.2021

Gesetzesentwurf „zur Änderung des Landesgrundsteuergesetzes und zur Einführung eines gesonderten Hebesatzrechts zur Mobilisierung von Bauland“
FinMin Baden-Württemberg, Mitteilung vom 27.10.2021

Der Entwurf sieht die Einführung einer Grundsteuer C vor, damit können Kommunen aus städtebaulichen Gründen ab 2025 einen gesonderten Hebesatz für unbebaute, baureife Grundstücke festlegen.

Rechtsprechung – gewerblicher Bereich

Zur Kleinunternehmerregelung im Jahr der Neugründung und zur Steuerpflicht von Intensivpflegeleistungen einer GmbH
BFH, Urteil vom 21.04.2021, XI R 12/19

In Kalenderjahren, in denen der Unternehmer sein Unternehmen beginnt, ist die Umsatzgrenze für das vorangegangene Kalenderjahr i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 UStG maßgeblich.

Intensivpflegeleistungen, die eine GmbH durch ihren Gesellschafter-Geschäftsführer, einem examinierten Kranken- und Intensivpfleger, in Krankenhäusern ihrer Auftraggeberin ausführt, sind nach § 4 Nr. 14 Buchst. a S. 1 UStG von der Umsatzsteuer befreite Heilbehandlungsleistungen.

Überhöhte Verzinsung eines Gesellschafterdarlehens als vGA
BFH, Urteil vom 18.05.2021, I R 62/17

Bei der Ermittlung des fremdüblichen Darlehenszinses für ein unbesichertes Gesellschafterdarlehen steht die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen (§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO) einem Risikozuschlag bei der Festlegung der Zinshöhe zum Ausgleich der fehlenden Darlehensbesicherung nicht entgegen.

Es widerspricht allgemeinen Erfahrungssätzen, wenn das Tatgericht ohne gegenteilige Tatsachenfeststellungen davon ausgeht, dass ein fremder Dritter für ein nachrangiges und unbesichertes Darlehen denselben Zins vereinbaren würde wie für ein besichertes und vorrangiges Darlehen.

Teilwertzuschreibung von Fremdwährungsverbindlichkeiten bei fundamentaler Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten
BFH, Urteile vom 10.06.2021, IV R 18/18 und VI R 2/19 (NV); Pressemitteilung vom 28.10.2021

Eine Teilwertzuschreibung wegen voraussichtlich dauernder Werterhöhung von Verbindlichkeiten aus Fremdwährungsdarlehen ist zulässig, wenn der Euro-Wert gegenüber der Fremdwährung aufgrund einer fundamentalen Änderung der wirtschaftlichen oder währungspolitischen Daten der beteiligten Währungsräume gesunken ist.

Eine solche Änderung ist anzunehmen, wenn sich die Verhältnisse zwischen den betroffenen Währungsräumen aus Sicht des Bilanzstichtages so außerordentlich und nachhaltig geändert haben, dass nicht angenommen werden kann, der Wechselkurs zu dem Zeitpunkt der Eingehung der Verbindlichkeit werde sich ohne Weiteres wieder einstellen.

Dies gilt für alle Fremdwährungsdarlehen, d.h. unabhängig davon, ob es sich um ein Darlehen mit unbestimmter oder mit bestimmter Restlaufzeit handelt und ob die Restlaufzeit mindestens zehn Jahre oder weniger beträgt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berücksichtigung wertbegründender Tatsachen bei der Bestimmung des Teilwertes ist der Bilanzstichtag.

Soweit für die Prognose der zukünftigen Wertentwicklung die Entwicklung des Fremdwährungskurses von Bedeutung ist, stellen Änderungen des Kurswertes ebenso wie Entscheidungen wirtschaftlicher oder währungspolitischer Art wertbegründende Tatsachen dar und sind deshalb bei der Teilwertbestimmung von Fremdwährungsverbindlichkeiten nur zu berücksichtigen, wenn sie am maßgeblichen Bilanzstichtag bereits vorlagen.

Teilwertzuschreibung bei einer Fremdwährungsverbindlichkeit mit einer Restlaufzeit von mehr als zehn Jahren aufgrund von Stützungskäufen einer Notenbank
BFH, Urteil vom 02.07.2021, XI R 29/18

Bei Fremdwährungsverbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von zumindest zehn Jahren berechtigt nicht jeder Kursverlust zur Annahme einer voraussichtlich dauernden Werterhöhung.

Eine voraussichtlich dauernde Werterhöhung liegt jedoch jedenfalls dann vor, wenn fundamentale Veränderungen der wirtschaftlichen und/oder finanzpolitischen Daten eine dauerhafte Veränderung der Wechselkurse vermuten lassen. Dies ist z.B. der Fall, wenn die Notenbank eines Fremdwährungsstaats die Absicht äußert, Stützungskäufe zu tätigen, um einen bestimmten Wechselkurs der Fremdwährung zu verteidigen.

Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG durch Formwechsel einer Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten
BFH, Urteil vom 15.07.2021, IV R 36/18

Unter einem "Anteil" i.S. des § 6 Abs. 5 S. 5 und 6 EStG ist die (unmittelbare oder mittelbare) vermögensmäßige Beteiligung eines Körperschaftsteuersubjekts an einem zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut und damit an den darin gespeicherten stillen Reserven zu verstehen.

Die Formulierung "aus einem anderen Grund" i.S. des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG erfasst jeden Vorgang, der --zeitlich der Übertragung nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG folgend-- zur (unmittelbaren oder mittelbaren) Begründung oder Erhöhung des Anteils eines Körperschaftsteuersubjekts am übertragenen Wirtschaftsgut führt.

Wird bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft innerhalb der Sperrfrist eine Oberpersonengesellschaft zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft formgewechselt und hierdurch ein mittelbarer Anteil dieser Kapitalgesellschaft an einem zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut begründet, führt dies zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG. Eine teleologische Reduktion des Satzes 6 kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht, wenn im Zeitpunkt des Formwechsels an der Oberpersonengesellschaft (auch) natürliche Personen als Mitunternehmer vermögensmäßig beteiligt sind, die bereits an dem nach Satz 3 übertragenen Betriebsgrundstück (mittelbar) vermögensmäßig beteiligt waren.

Verringert sich der mittelbare Anteil einer an der formgewechselten Oberpersonengesellschaft als Mitunternehmerin beteiligten Kapitalgesellschaft an dem nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG übertragenen Wirtschaftsgut bis zum Formwechsel (Sperrfristverstoß), bestimmt sich der Umfang des Teilwertansatzes nach Satz 6 nach den vermögensmäßigen Beteiligungsverhältnissen im Zeitpunkt der Übertragung nach Satz 3.

Erfüllen der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g EStG bei Betriebsaufgabe
BFH, Urteil vom 28.07.2021, X R 30/19

Für die Erfüllung der Nutzungsvoraussetzungen des § 7g Abs. 4 S. 1, Abs. 6 Nr. 2 EStG genügt es in Fällen, in denen der Betrieb im Jahr nach der Anschaffung oder Herstellung des begünstigten Wirtschaftsguts aufgegeben wird, wenn das Wirtschaftsgut nicht für ein volles Kalenderjahr bzw. einen vollen Zwölf-Monats-Zeitraum nach dem Wirtschaftsjahr seiner Anschaffung oder Herstellung, sondern lediglich während des mit der Betriebsaufgabe endenden Rumpfwirtschaftsjahres in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird (gegen BMF-Schreiben vom 20.11.2013, BStBl I 2013, 1493, Rz 36, 37, 58).

Wenn das FG die Berechnung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags gemäß § 100 Abs. 2 S. 2 FGO dem FA übertragen will, muss es über die Klage in einem Umfang entscheiden, dass dem FA nur noch die Berechnung des Betrags überlassen bleibt. Dies bedeutet zum einen, dass im Rahmen der Berechnung keine offene Rechtsfrage mehr verbleiben darf. Zum anderen muss das Gericht dem FA eine eindeutige Berechnungsanweisung vorgeben; die für die Berechnung erforderlichen Angaben müssen entweder im Urteil enthalten sein oder es müssen Zahlenangaben in den Akten durch eine konkrete Bezugnahme in das Urteil einbezogen sein.

§ 100 Abs. 2 S. 2 FGO verlangt, dass die Berechnung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand erfordert. Einfache Berechnungen hat das FG daher selbst vorzunehmen.

Beteiligungsgrenze des § 8b Abs. 4 KStG bei mehreren unterjährigen Erwerben
FG Hessen, Urteil vom 15.03.2021, 6 K 1163/17; Revision BFH I R 16/21

Die Rechtsfolge des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG tritt bereits dann ein, wenn zu irgendeinem Zeitpunkt im Laufe des Kalenderjahrs eine Beteiligungshöhe von mindestens 10 % erreicht wurde.

Der teleologisch zu reduzierende Gesetzeswortlaut des § 8b Abs. 4 KStG ist unter Berücksichtigung des Charakters der Norm als systemwidrige Ausnahmevorschrift dahingehend auszulegen, dass die 10%ige Beteiligungsschwelle auch durch mehrere unterjährige Erwerbsvorgänge erreicht werden kann.

Hinweis: Allerdings bleibt die OFD Frankfurt, Verfügung vom 16.08.2021, bei ihrem restriktiven Normverständnis des § 8b Abs. 4 S. 6 KStG. Sie weist in einem neuen Absatz lediglich auf das aktuelle Urteil des FG Hessen hin und ordnet an, dass Rechtsbehelfsverfahren, in denen sich Steuerpflichtige auf dieses Urteil beziehen, nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen.

Rechtsprechung – privater Bereich

Steuerfreiheit der sog. Theaterbetriebszulage gemäß § 3b EStG
BFH, Urteil vom 09.06.2021, VI R 16/19

Der Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gemäß § 3b EStG steht es nicht entgegen, wenn der Grundlohn in Abhängigkeit von der Höhe der steuerfreien Zuschläge aufgestockt wird, um im Ergebnis einen bestimmten, (tarif-)vertraglich vereinbarten Bruttolohn zu erreichen. Die nach § 3b EStG erforderliche Trennung von Grundlohn und Zuschlägen wird hierdurch nicht aufgehoben (Bestätigung des BFH-Urteils vom 17.06.2010 - VI R 50/09, BFHE 230, 150, BStBl II 2011, 43).

Die Steuerbefreiung nach § 3b EStG setzt nicht voraus, dass der Bruttolohn in Abhängigkeit von den zu begünstigten Zeiten geleisteten Tätigkeiten variabel ausgestaltet sein muss.

Rechtsprechung – Verfahrensrecht

Widerruf des Verzichts auf Steuerbefreiung
BFH, Beschluss vom 02.07.2021, XI R 22/19

Der Verzicht auf die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG kann widerrufen werden, solange die Steuerfestsetzung für das Jahr der Leistungserbringung noch anfechtbar oder noch nach § 164 AO änderbar ist. § 9 Abs. 3 S. 2 UStG i.d.F. des Haushaltsbegleitgesetzes 2004 regelt den Widerruf nicht.

Zur allgemeinpolitischen Betätigung im Rahmen eines steuerbegünstigten Zwecks
BFH, Beschluss vom 18.08.2021, V B 25/21 (AdV); Pressemitteilung vom 28.10.2021

Der Steuerbegünstigung steht es nicht entgegen, wenn eine nach § 52 Abs. 2 AO begünstigte Tätigkeit im Einzelfall zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Die allgemeinpolitische Betätigung im Rahmen des steuerbegünstigten Zwecks darf aber nicht über das hinausgehen, was das Eintreten für diesen jeweiligen Zweck und dessen Verwirklichung erfordert.

Finanzverwaltung

Neufassung der Körperschaftsteuer-Richtlinien 2022 (KStR 2022)
BMF, Entwurf vom 27.10.2021

Billigkeitsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe vom Juli 2021; Verlängerung bis zum 31.12.2021
BMF, Schreiben vom 28.10.2021, Gz. III C 2 - S 7030/21/10008 :001

Vorsteuerabzug im  Fall einer nicht unternehmerisch tätigen Bruchteilsgemeinschaft
BMF, Schreiben vom 27.10.2021, Gz. III C 2 - S 7300/19/10002 :005

Das BMF nimmt in dem Schreiben Stellung zur Anwendung der BFH-Urteile vom 28.08.2014 (V R 49/13) und 31.05.2017 (XI R 40/14). Dahingehend wurde der UStAE an diversen Stellen angepasst.

Qualifizierte elektronische Signatur und elektronischer Datenaustausch (EDI); Anpassung Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) an das Vertrauensdienstegesetz (VDG) und die Aufhebung des Signaturgesetzes (SigG)
BMF, Schreiben vom 27.10.2021, Gz. III C 2 - S 7287-a/21/10001 :001

In dem BMF Schreiben werden die Änderungen des UStAE durch das Signatur- und Vertrauensdienstegesetz bekanntgegeben.

DBA DE/NL: Anwendung des Kassenstaatsprinzips auf ehemalige staatliche Pensionsfonds
BMF, Schreiben vom 26.10.2021, Gz. IV B 3 - S 1301-NDL/19/10006 :004

Das Besteuerungsrecht soll für die Versorgungsbezüge ehemaliger Beschäftigter des niederländischen öffentlichen Dienstes aus dem ABP - Algemeen Burgerlijk Pensionensfonds – dem Kassenstaatsgedanken folgen.

Auslegung des Begriffs  „Offener Fall“ in Art. 97 § 31 S. 3 EGAO
BMF, Schreiben vom 25.10.2021, Gz. IV B 5  - S 0302/19/10003 :004

„Offene Fälle“ liegen vor, wenn bis zum 28.12.2020 kein länderbezogener Bericht eingereicht wurde, der den technischen Anforderungen, die nach § 138a Abs. 6 S. 3 AO gefordert werden, genügt. 

Einzelaufzeichnungspflicht nach § 146 Abs. 1 S. 1 AO; Nutzung von Aliasbescheinigungen nach § 5 Abs. 6 ProstSchG
BMF, Schreiben vom 25.10.2021, Gz. IV A 4 - S 0316/19/10006 :009

Zur Erfüllung der Aufzeichnungspflichten reicht es aus, wenn nicht der bürgerliche Name der Prostitution tätigen Person, sondern der Aliasname sowie die dazugehörige Verwaltungsnummer und die ausstellende Behörde aufgezeichnet werden.

Konsequenzen des Austritts des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der EU in Bezug auf die Verwaltungszusammenarbeit
BMF, Schreiben vom 21.10.2021, Gz. III C 5 - S 7420/20/10019 :001

Vor dem 1.01.2021 ausgeführte sowie von der Übergangsregelung erfasste Umsätze finden bis zum 31.12.2024 die Regelungen, der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, weiterhin Anwendung. Ab dem 1.01.2025 sind die laufenden Ersuchen i.Z.h. mit den vorgenannten Umsätzen durch den ersuchten Staat zu erledigen.