Enforcement der Rechnungslegung

Neuordnung des Enforcement-Verfahrens

Das zweistufige System der Bilanzkontrolle bei Inlandsemittenten wird abgeschafft. Die Prüfung der Rechnungslegung erfolgt ab dem 1. Januar 2022 ausschließlich durch die BaFin. DPR-Prüfungen, die bis zum 31. Dezember 2021 nicht abgeschlossen sind, werden ab diesem Zeitpunkt von der BaFin fortgeführt. Die BaFin erhält zudem neue Befugnisse. Bei konkreten Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften hat sie zukünftig Auskunftsrechte gegen Dritte, die Möglichkeit forensischer Prüfungen sowie das Recht, die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle zu informieren. Darüber hinaus werden Verschwiegenheitspflichten aufgehoben, um den für die Aufklärung mutmaßlicher Rechnungslegungsverstöße erforderlichen Informationsaustausch zu ermöglichen.

Nachfolgend stellen wir Ihnen die wesentlichen neuen Regelungen rund um das Enforcement-Verfahren dar.

Wie wir Sie bei Ihrem Enforcement-Verfahren unterstützen können, erfahren Sie hier.

Betroffene Unternehmen: Emittenten von an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren (§ 2 Abs. 1 WpHG) mit Herkunftsstaat Deutschland

Erstanwendung: 1. Januar 2022


Gesetzliche Regelung

Die Prüfung der Rechnungslegung von Inlandsmittenten erfolgt ab dem 1. Januar 2022 ausschließlich durch die BaFin (§ 107 WpHG). Die Regelungen im WpHG und im HGB zur Prüfstelle für Rechnungslegung (§ 108 WpHG und §§ 342b – 342e HGB) werden zum 1. Januar 2022 ersatzlos gestrichen. Die Kosten, die der BaFin im Zusammenhang mit der Prüfung der Rechnungslegung entstehen, sind dieser durch die geprüften Unternehmen gesondert zu erstatten (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 FinDAG).


Erläuterung

  • Das in der Vergangenheit zweistufig strukturierte Enforcement-Verfahren mit der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung e.V. (DPR) wird in ein einstufiges Verfahren überführt. Ab dem 1. Januar 2022 liegen sowohl anlassbezogene Prüfungen als auch Stichprobenprüfungen in der alleinigen Zuständigkeit der BaFin (§ 107 Abs. 1 Satz 1 WpHG).
  • Die Anordnung einer Prüfung der Rechnungslegung ist auch in den Fällen möglich, in denen bereits eine Prüfung nach § 44 Abs. 1 Satz 2 KWG, nach § 14 Satz 2 KAGB oder nach § 306 Abs. 1 Nr. 1 VAG durchgeführt wird oder wurde und die Prüfungen denselben Gegenstand betreffen (§ 107 Abs. 1 Satz 2 WpHG).
  • Bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021 von der DPR noch nicht abgeschlossene Prüfungen werden von der BaFin fortgeführt (§ 141 Abs. 1 WpHG).
  • Die Prüfungsbefugnis der BaFin wird bei anlassbezogenen Prüfungen auf die beiden Geschäftsjahre ausgeweitet, die dem zu prüfenden Geschäftsjahr vorausgehen (§ 107 Abs. 2 WpHG). In der Vergangenheit konnte nur das dem zu prüfenden Geschäftsjahr vorausgehende Geschäftsjahr in das Enforcement-Verfahren einbezogen werden.

Betroffene Unternehmen: Emittenten von an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren (§ 2 Abs. 1 WpHG) mit Herkunftsstaat Deutschland

Erstanwendung: 1. Januar 2022


Gesetzliche Regelung

Die Befugnisse der BaFin im Rahmen der Durchführung des Enforcements-Verfahrens werden erweitert. Sie kann vom geprüften Unternehmen, von den Mitgliedern seiner Organe, von seinen Beschäftigten sowie vom Abschlussprüfer die Vorlage weiterer Unterlagen verlangen (§ 107 Abs. 5 Satz 1 WpHG) und bei konkreten Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften auch Auskünfte von Dritten einholen (§ 107 Abs. 5 Satz 4 WpHG). Darüber hinaus erhält sie Vorlade- und Vernehmungsrechte (§ 107 Abs. 5 Satz 2 und 4 WpHG) sowie das Recht, Geschäfts- und Wohnräume zu durchsuchen und Beweismittel zu beschlagnahmen (§ 107 Abs. 7 WpHG). Zusätzlich werden Verschwiegensheitspflichten zwischen BaFin, APAS, BMF, BMJV und BMWi aufgehoben (§ 109a WpHG).


Erläuterung

  • Die BaFin erhält neue Befugnisse für die Durchführung der Prüfungen der Rechnungslegung: Neben der Erteilung von Auskünften und der Vorlage von Unterlagen kann die BaFin vom verpflichteten Personenkreis nun auch die Vorlage sonstiger Daten und die Überlassung von Kopien verlangen (§ 107 Abs. 5 Satz 1 WpHG). Ausweislich der Regierungsbegründung umfasst der Begriff „sonstige Daten“ auch personenbezogene Daten. Soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben bei der Prüfung von Unternehmensabschlüssen und -berichten notwendig ist, kann die BaFin darüber hinaus Organmitglieder, Beschäftigte des geprüften Unternehmens und dessen Abschlussprüfer vorladen und vernehmen (§ 107 Abs. 5 Satz 2 WpHG). Diese Befugnisse gelten gegenüber jedermann (d.h. z.B. gegenüber Geschäftspartnern des geprüften Unternehmens, Kreditinstituten, mit denen das Unternehmen Geschäftsbeziehungen unterhält oder Treuhändern, die für das Unternehmen tätig sind), wenn konkrete Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften vorliegen und kein Fall vorliegt, bei dem ein öffentliches Interesse an der Klärung offensichtlich nicht besteht (§ 107 Abs. 5 Satz 4 WpHG). Dies soll es der BaFin u.a. ermöglichen, die Echtheit von Dokumenten zu überprüfen, soweit daran begründete Zweifel bestehen.
  • Zusätzlich dürfen die Bediensteten der BaFin nach richterlicher Anordnung Geschäfts- und Wohnräume durchsuchen, falls dies für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich ist und konkrete Anhaltspunkte für einen erheblichen Verstoß gegen die Rechnungslegung vorliegen. Dabei können Gegenstände, die als Beweismittel für die Ermittlung des Sachverhalts dienen können, unter bestimmten Voraussetzungen sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden (§ 107 Abs. 7 WpHG).
  • BaFin, APAS, BMF, BMJV sowie BMWi dürfen im Rahmen der Wahrnehmung ihrer Aufgaben untereinander Informationen austauschen und im erforderlichen Umfang auch personenbezogene Daten untereinander offenlegen, soweit diese Informationen die von der BaFin durchgeführten Prüfungen bzw. die Rechnungslegungsprüfungen der nach § 106 WpHG zu prüfenden Unternehmen betreffen (§ 109a Abs. 1 WpHG). Insoweit sind die Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten zwischen den austauschenden Stellen aufgehoben (§ 109a Abs. 2 WpHG).


Betroffene Unternehmen: Emittenten von an einem geregelten Markt zugelassenen Wertpapieren (§ 2 Abs. 1 WpHG) mit Herkunftsstaat Deutschland

Erstanwendung: 1. Januar 2022


Gesetzliche Regelung

Die BaFin erhält das Recht, bei Bestehen eines öffentlichen Interesses die Anordnung einer Prüfung sowie auch wesentliche Verfahrensschritte und im Laufe des Verfahrens gewonnene Erkenntnisse unter Nennung des betroffenen Unternehmens bekannt zu machen (§§ 107 Abs. 1 Satz 6 und 7, 108 WpHG). Die Veröffentlichung festgestellter Fehler erfolgt unmittelbar durch die BaFin und es kann eine Fehlerkorrektur angeordnet werden (§§ 107 Abs. 8, 109 Abs. 2 Satz 4 WpHG).


Erläuterung

  • Ordnet die BaFin eine Prüfung der Rechnungslegung an, kann sie ihre Anordnung unter Nennung des betroffenen Unternehmens und des Grundes für die Anordnung bekannt machen, soweit ein öffentliches Interesse an einer Bekanntmachung besteht (§ 107 Abs. 1 Satz 6 WpHG). Die Bekanntmachung des Grundes für die Anordnung darf keine personenbezogenen Daten enthalten (§ 107 Abs. 1 Satz 7 WpHG).
  • Darüber hinaus kann die BaFin bei Bestehen eines öffentlichen Interesses wesentliche Verfahrensschritte und im Laufe des Verfahrens gewonnene Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Rechnungslegung unter Nennung des betroffenen Unternehmens bekannt machen; auch die Bekanntmachung der Verfahrensschritte und Erkenntnisse darf keine personenbezogenen Daten enthalten (§ 107 Abs. 8 WpHG). Damit kann die BaFin die Öffentlichkeit früher als bisher über ihr Vorgehen bei der Bilanzkontrolle informieren.
  • Die Veröffentlichung einer Fehlerfeststellung und der wesentlichen Teile der Begründung erfolgt nun unmittelbar durch die BaFin selbst und nicht mehr durch das geprüfte Unternehmen (§ 109 Abs. 2 Satz 1 WpHG). Dadurch soll die Informationsversorgung des Kapitalmarkts beschleunigt werden.
  • Die BaFin kann dem Kapitalmarkt neben der Fehlerfeststellung zugleich auch berichtigte Informationen (Darstellung der Rechnungslegung ohne Fehler) zur Verfügung stellen (§ 109 Abs. 2 WpHG mit Verweis auf § 109 Abs. 1 Satz 2 WpHG).
  • Darüber hinaus kann angeordnet werden, dass der festgestellte Fehler unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der BaFin unter Neuaufstellung des Abschlusses oder im nächsten Abschluss zu berichtigen ist (§ 109 Abs. 2 S. 4 WpHG). Behebt das geprüfte Unternehmen den Fehler, macht die BaFin auch dies bekannt.


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