Neues BMF-Schreiben zur Anwendung der Konzernklausel des § 6a GrEStG

Dementsprechend bilden die neuen Erlasse und deren Beispiele grundsätzlich die Rechtslage nach dem 30. Juni 2021 ab und berücksichtigen damit auch sämtliche zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen wie insbesondere die Ausweitung der Spezialvorschriften bei grundstücksbesitzenden Personengesellschaften auf grundstückshaltende Kapitalgesellschaften, die Verlängerung der Nachbehaltensfrist von fünf auf zehn Jahre sowie die Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsgrenze von 95 % auf 90 %.
Die neuen gleichlautenden Erlasse treten an die Stelle der bisherigen Erlasse vom 22.09.2020 und sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Hintergrund

Nach § 6a GrEStG wird auf den Übergang des Eigentums an Grundstücken oder den Übergang von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften die Grunderwerbsteuer nicht erhoben, wenn der Übergang auf bestimmten Umwandlungsvorgängen beruht. Die Vorschrift enthält eine eigenständige Steuervergünstigung für die an einem begünstigungsfähigen Erwerbsvorgang beteiligten Rechtsträger. Der Kreis der beteiligten Rechtsträger ist beschränkt auf das herrschende Unternehmen und/oder von diesem abhängige Gesellschaften. Dabei sind bestimmte Vor- oder Nachbehaltensfristen einzuhalten

Bestimmung des herrschenden Unternehmens

Neben redaktionellen Anpassungen an die Gesetzesänderungen besteht die wesentliche inhaltliche Änderung der Erlasse in der nun übernommenen Bestimmung des herrschenden Unternehmens. 

Die Finanzverwaltung hatte ihre sehr restriktive Auffassung ein Stück weit bereits in den Erlassen vom 22.09.2020 aufgegeben und war der BFH-Rechtsprechung gefolgt. Herrschendes Unternehmen kann neben juristischen Personen und Personengesellschaften auch eine natürliche Person oder ein Einzelunternehmen sein, sofern eine wirtschaftliche Tätigkeit vorliegt. Für das Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs reicht es somit aus, wenn das herrschende Unternehmen lediglich über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnimmt. 

Neu ist, dass dies auch für nicht selbst wirtschaftlich tätige Gesellschaften gilt, z.B. reine Holdinggesellschaften und Vorratsgesellschaften. 

Ferner hat sich die Finanzverwaltung auch hinsichtlich der offenen Frage, ob das herrschende Unternehmen im Sinne des § 6a GrEStG stets der oberste Rechtsträger in der Beteiligungskette (und damit in der Regel die Konzernspitze) sein muss, der Rechtsprechung des BFH (Urteil II R 13/20 vom 28.09.2022) angeschlossen. 

Zur Bestimmung des herrschenden Unternehmens bei mehrstufigen Beteiligungen ist nun nicht mehr von „unten“ nach „oben“ der oberste wirtschaftlich tätige Rechtsträger zu bestimmen, der die Mindestbeteiligungshöhe von 95 % bzw. 90 % erfüllt. 

Die Bestimmung des herrschenden Unternehmens richtet sich vielmehr nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Steuer nach § 6a S. 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Soweit das Gesetz von einem herrschenden Unternehmen spricht, ist zunächst – soweit vorhanden – das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen gemeint. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Ebenso wenig ist maßgebend, ob bei abhängigen Gesellschaften weitere Gesellschaften vom herrschenden Unternehmen abhängen, wenn diese Unternehmen oder Gesellschaften selbst nicht am Umwandlungsvorgang beteiligt sind. Sind mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften am Umwandlungsvorgang beteiligt, ist ausgehend von dem Umwandlungsvorgang der in der Beteiligungskette am nächsten stehende (unterste) Rechtsträger, der die Voraussetzungen nach § 6a S. 3 und 4 GrEStG erfüllt, das herrschende Unternehmen. Auch hier ist unerheblich, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist.

Das so bestimmte herrschende Unternehmen hat dann auch die Nachbehaltensfrist einzuhalten.

Ergänzt werden ferner die Ausführungen zur Maßgeblichkeit der Vor- oder Nachbehaltensfrist. Diese müssen nicht eingehalten werden, soweit dies angesichts der zwingenden umwandlungsrechtlichen Folgen nicht möglich ist. 

Änderung für Erbfälle

Die neuen Erlasse enthalten zudem eine wesentliche Klarstellung in Bezug auf Erbfälle, bei denen zu unterscheiden ist: Eine Übertragung der Gesellschaft im Wege des (Voraus-)Vermächtnisses bzw. der vorweggenommenen Erbfolge verletzt angesichts des lediglich schuldrechtlichen Anspruchs grundsätzlich die Behaltensfrist des § 6a GrEStG. Nur bei Gesamtrechtsnachfolge einer natürlichen Person (im Wege der Erbschaft) setzt sich die Behaltensfrist fort.

Bedeutung für die Praxis 

Die neuen Erlasse tragen in einem weiteren Schritt durch Anpassung an die Gesetzesänderungen und durch Übernahme der jüngsten BFH-Rechtsprechung für entsprechende Gestaltungen zur Rechtssicherheit bei. 

Leider nimmt das BMF-Schreiben keine Korrekturen nachteiliger Auffassungen in anderen Bereichen vor. So soll die Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft weiterhin nicht von § 6a GrEStG erfasst sein. Zudem ist die Regelung unverändert nicht anwendbar, wenn eine konzerninterne Umstrukturierung zum Verstoß gegen die Behaltensfristen nach den §§ 5 und 6 GrEStG führt.