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Veräußerung bei Grundstücksübertragung mit Darlehensübernahme
Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte zuletzt mit Urteil vom 12.12.2023 (Az. IX R 15/23) entschieden, dass bei einer teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens (damals GmbH-Anteile im Privatvermögen) eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des Wirtschaftsguts vorzunehmen ist. Mit Urteil vom 11.03.2025 (Az. IX R 17/24) bestätigte der BFH diese Handhabung auch im Rahmen eines ein Grundstück betreffenden privaten Veräußerungsgeschäftes (§ 23 EStG), bei dem die neue Eigentümerin die auf dem Grundstück lastenden Schulden übernommen hatte und deshalb das Entgelt unter den historischen Anschaffungskosten lag.Der Vater hatte im Jahr 2014 ein Grundstück für rd. EUR 144.000 erworben und teilweise fremdfinanziert. Im Jahr 2019 übertrug er das fremdvermietete Grundstück – dessen Wert auf EUR 210.000 gestiegen war – auf seine Tochter. Diese übernahm die am Übertragungstag bestehenden Finanzierungsverbindlichkeiten in Höhe von EUR 115.000. Das Finanzamt teilte ausgehend vom Verkehrswert im Zeitpunkt der Übertragung und den übernommenen Verbindlichkeiten den Vorgang in einen entgeltlichen (rd. 55 %) und einen unentgeltlichen (rd. 45 %) Teil auf. Den entgeltlichen Teil besteuerte es angesichts der Übertragung innerhalb von zehn Jahren nach ursprünglichem Erwerb als privates Veräußerungsgeschäft und setzte die entsprechende Einkommensteuer gegenüber dem Vater fest.
Das Finanzgericht hatte dem Vater noch Recht gegeben. Einerseits seien teilentgeltliche Übertragungen einer Immobilie unterhalb der historischen Anschaffungskosten keine Veräußerungen im Sinne des § 23 EStG. Andererseits führe die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Erwerber zwar zu Anschaffungskosten; im Wege der teleologischen Reduktion sei die teilentgeltliche Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge jedoch aus dem Tatbestand des § 23 EStG auszuscheiden, da es bei Übertragungen unter den historischen Anschaffungskosten zu keinem realisierten und damit zu besteuernden Wertzuwachs komme.
Dies sah der BFH anders. Wird ein Wirtschaftsgut übertragen und werden zugleich damit zusammenhängende Verbindlichkeiten (im Streitfall in Höhe von EUR 115.000, rd. 55 % von EUR 210.000) übernommen, liegt in deren Höhe ein Veräußerungspreis und damit regelmäßig ein insoweit entgeltlicher Vorgang vor. In Bezug auf den übrigen Wert des übertragenen Grundstücks– im Streitfall in Höhe von EUR 95.000 (rd. 45 % von EUR 210.000) – handelt es sich um einen unentgeltlichen Vorgang. Bei einer solchen teilentgeltlichen Übertragung erfolgt eine Aufteilung zutreffenderweise nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts; ebenso werden die Anschaffungskosten entsprechend der „Entgeltlichkeitsquote“ aufgeteilt. Der entgeltliche Teil unterliegt als solcher der Besteuerung: Wird das – wie im Streitfall fremdvermietete - Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung übertragen, unterfällt der Vorgang insoweit als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer. Für den unentgeltlichen Erwerb scheidet eine Besteuerung mangels Veräußerungspreis aus. Der Rechtsnachfolger übernimmt insoweit die (historischen) Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers.
Diese Herangehensweise wandte der BFH ausdrücklich auch auf den hier vorliegenden Sachverhalt an, bei dem die Übernahme der Verbindlichkeiten durch die Tochter als Rechtsnachfolgerin unter den historischen Anschaffungskosten des Vaters als Rechtsvorgänger lag. Auch im Bereich der privaten Veräußerungsgeschäfte bestehen keine Anhaltspunkte dafür, im Fall einer gemischten Schenkung (künstlich) steuerrechtlich relevante Verluste zu erzeugen. Für die vom Finanzgericht angeführte teleologische Reduktion des § 23 EStG in solchen Fällen sah der BFH schon mangels einer verdeckten oder planwidrigen Regelungslücke keinen Raum, vor allem weil in der Vorschrift ausdrücklich sowohl der entgeltliche als auch der unentgeltliche Erwerb geregelt sind.
Ebenfalls verwarf der BFH die vom Finanzgericht für eine gemischte Schenkung angenommene Doppelbesteuerung des identischen Sachverhalts mit Einkommen- und Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Denn auch im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ist eine gemischte Schenkung aufzuteilen: Die Übernahme von Verbindlichkeiten gilt als entgeltlicher Vorgang; die übernommene Verbindlichkeit wird vom steuerpflichtigen Erwerb abgezogen. Damit unterliegt der entgeltliche Vermögensanfall mangels Bereicherung nicht der Besteuerung. In die schenkungsteuerliche Bemessungsgrundlage geht im Ergebnis nur der unentgeltliche Teil des Rechtsgeschäfts ein. Der wird aber gerade nicht mit Einkommensteuer belegt.
Hinweis:
Vater und Tochter hatten zudem noch geltend gemacht, dass beide in der Übernahme der Verbindlichkeiten übereinstimmend keine Kaufpreiszahlung gesehen hätten und deshalb keine steuerbare Gewinnerzielung vorläge. Nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen konnte aber keine Rolle spielen, dass Vater und Tochter von einer insgesamt unentgeltlichen Übertragung ausgegangen sind. Denn für die Besteuerung ist immer auf die objektiv verwirklichten Tatbestände und deren Besteuerungsmerkmale abzustellen. Subjektive Erwägungen wie zum Beispiel eine Spekulations- oder Überschusserzielungsabsicht sind unerheblich.