Influencer im Fokus der Betriebsprüfung

Immer mehr Menschen geben in sozialen Medien Einblicke in ihr Leben, teilen Erfahrungen zu allen Lebenslagen oder äußern einfach nur ihre persönliche Meinung zu aktuellen Themen. Influencer erreichen damit Millionen Interessenten und verbuchen für sich in Abhängigkeit ihres Bekanntheitsgrads beträchtliche Umsätze; vor allem dann, wenn sie von Unternehmen über diverse Kanäle des Online-Marketings gezielt eingebunden werden. Vor diesem Hintergrund rückt die Besteuerung von Influencern immer stärker in den Fokus der Finanzverwaltung.

Bereits im vergangenen Jahr wurde ein Leitfaden zur Besteuerung von Social-Media-Akteuren vorgelegt. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um ein formelles Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF), sondern lediglich um ein Merkblatt des Bayerischen Landesamts für Steuern (BayLfSt). Darüber hinausgehende Verwaltungsanweisungen sowohl hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Influencern als auch für die auftraggebenden Unternehmen lassen jedoch weiter auf sich warten. Wir stellen daher für beide Seiten die gegenwärtigen Streitthemen mit der Finanzverwaltung zur ertrag- und umsatzsteuerlichen Beurteilung von Influencern dar.

Ertragsteuerliche Beurteilung von Influencern

Steuerpflicht

Soweit Influencer im Inland ansässig sind, unterliegen sie in Deutschland mit ihren weltweit erzielten Einkünften der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht.

Soweit Influencer im Ausland ansässig sind, unterliegen sie in Deutschland ausschließlich mit ihren im Inland erzielten Einkünften der beschränkten Einkommensteuerpflicht.

Einkunftsart

Nach dem o.g. Merkblatt des BayLfSt erzielen Influencer Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG. Der Gewinn ist danach i.d.R. durch Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG zu ermitteln. Aufgrund der gewerblichen Einkünfte sind Influencer auch gewerbesteuerpflichtig, soweit der Gewinn über dem Freibetrag von EUR 24.500 liegt. Bei einer nur einmaligen Tätigkeit als Influencer liegen lediglich sonstige Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG vor. Einkünfte bleiben dann bis zu einer Freigrenze von EUR 256 steuerfrei; mangels gewerblicher Einkünfte besteht auch keine Gewerbesteuerpflicht.

Influencer können aber entgegen der Auffassung des BayLfSt durchaus auch Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG erzielen, wenn sie beispielsweise beratende Tätigkeiten für die Durchführung einer Werbekampagne oder schriftstellerische bzw. journalistische Tätigkeiten erbringen.

Die Diskussion über die ertragsteuerliche Einkünftequalifikation ist im Wesentlichen auf die damit verbundenen Rechtsfolgen zurückzuführen. Liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG vor, spielen Gewerbesteuerpflicht und IHK-Beitragspflicht eine wesentliche Rolle für die Influencer-Tätigkeit. Dies kann im Vergleich zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit i.S.d. § 18 EStG mitunter zu möglichen Liquiditäts- oder Einkommensnachteilen führen.

Übt ein Influencer mehrere Tätigkeiten aus, erfolgt entweder eine getrennte oder eine einheitliche Beurteilung dieser Tätigkeiten. Die Tätigkeiten sind zu trennen, wenn dies nach der Verkehrsauffassung möglich ist. Eine natürliche Person kann sich sowohl gewerblich als auch freiberuflich betätigen und nebeneinander Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit erzielen, wenn zwischen den Betätigungen kein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Eine einheitliche Erfassung der gesamten Betätigung ist im Umkehrschluss nur dann geboten, wenn die Tätigkeiten sich gegenseitig bedingen und derart miteinander verflochten sind, dass insoweit nach der Verkehrsauffassung eine einheitliche Tätigkeit anzunehmen ist. Jede Influencer-Tätigkeit sollte also sorgfältig danach beurteilt werden, ob gewerbliche und/oder freiberufliche Einkünfte vorliegen. Mangels einschlägiger Rechtsprechung und umfassender Verwaltungsanweisungen ist jedoch nicht auszuschließen, dass sich hinsichtlich der konkreten Einkünftequalifikation von Influencern zukünftig ein erhöhtes Konfliktpotenzial zwischen den Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung ergeben kann.

Unentgeltliche Sachzuwendungen

Auch unentgeltlich an Influencer geleistete Sachzuwendungen wie beispielsweise Reisen oder Gratisprodukte führen zu Betriebseinnahmen, wenn diese durch den Betrieb veranlasst sind. Der in Gestalt einer Sach- oder Dienstleistung zugewendete Vermögenswert bleibt allerdings ohne gewinnmäßige Auswirkung, wenn die durch ihn ersparten Aufwendungen ihrerseits durch den Betrieb veranlasst sind. Wenn die Sachzuwendungen zurückgegeben werden müssen, diese von sehr geringem Wert sind oder das zuwendende Unternehmen die Besteuerung übernimmt, liegen darüber hinaus keine Betriebseinnahmen vor.

Die Regelungen des § 37b EStG ermöglichen es dem zuwendenden Unternehmen, die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen an Arbeitnehmer oder Nichtarbeitnehmer, worunter letztlich auch Influencer zu fassen sind, mit einem Steuersatz von 30 % pauschal zu übernehmen und abzuführen. Eine entsprechend pauschal besteuerte Sachzuwendung bleibt danach bei der Einkünfteermittlung auf Ebene der Influencer außer Ansatz.

Insbesondere im Rahmen dieser Pauschalbesteuerungsmöglichkeit sehen sich auftraggebende und mithin zuwendende Unternehmen in der Vertragsbeziehung mit Influencern oftmals in einer ungünstigen Verhandlungsposition: Da sie Influencer für das Anwerben ihrer Produkte einbinden und so neue Zielgruppen erreichen möchten, können sie sich deren Bedingungen – möglichst keine steuerlichen Belastungen – kaum entziehen; andererseits bedeutet eine Pauschalbesteuerung – um gegenüber der Finanzverwaltung nicht angreifbar zu sein - für sie eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung. Eine einheitliche Handlungsanweisung der Finanzverwaltung steht derzeit noch aus, sodass betroffene Unternehmen die mit einer Influencer-Tätigkeit verbundenen Vertragsverhandlungen nicht unüberlegt führen sollten.

Ausländische Influencer

Im Fall von nicht in Deutschland ansässigen Influencern könnte das auftraggebende Unternehmen (= inländischer Vergütungsschuldner) bei der Zuwendung von Geldleistungen und/oder der Überlassung von Sachzuwendungen zudem von etwaigen Steuerabzugspflichten i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG betroffen sein. Dies ist dann der Fall, wenn es sich bei den Influencer-Tätigkeiten um im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen handelt und hieraus auch Einkünfte in Form von Geldleistungen und/oder Sachzuwendungen erzielt werden.

Hinweis: Sofern der Influencer die ihm ausschließlich zur Durchführung des Auftrags überlassenen Gegenstände wieder zurückgeben muss (= Sachausstattung), liegt bei ihm keine Einnahme vor; in diesem Fall käme es nicht zu einem verpflichtenden Steuerabzug i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG für das auftraggebende Unternehmen.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist der Anwendungsbereich einer Darbietung grundsätzlich sehr weit zu fassen und auf alle Facetten des Unterhaltungsgeschäfts zu beziehen; hierunter dürfte also auch das Tätigkeitsbild eines Influencers fallen. Daneben ist die Erfüllung des Inlandskriteriums notwendige Voraussetzung für die Steuerabzugsverpflichtung i.S.d. § 50a Abs. 1 Nr. 1 EStG. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung dann der Fall, wenn die Tätigkeit tatsächlich im Inland ausgeübt wird. Welche Bedeutung das Inlandskriterium hinsichtlich der mitunter auch nicht ortsgebundenen Influencer-Tätigkeiten hat, ist derzeit weder durch Rechtsprechung noch durch weitergehende Verwaltungsanweisungen abschließend geklärt. Vor diesem Hintergrund könnte es sich für das auftraggebende Unternehmen anbieten, den in- oder ausländischen Ausübungsort der Influencer-Tätigkeiten vertraglich zu dokumentieren; inwieweit eine solche Vereinbarung allerdings im Rahmen einer etwaigen Betriebsprüfung Bestand hat, ist gegenwärtig noch vollkommen offen.

Ein im Jahr 2019 veröffentlichtes BMF-Schreiben bringt zwar Klarheit betreffend die Abzugsverpflichtung bei Vergütungen an ausländische Plattformbetreiber und Internetdienstleister. Dies betrifft allerdings nur einen Teil der Onlinewerbemaßnahmen; Influencer sind wohl auch nicht als Plattformbetreiber oder Internetdienstleister einzuordnen. Eine weitergehende Klärung hinsichtlich der Besteuerung von Influencer-Tätigkeiten wäre daher insbesondere für die auftraggebenden Unternehmen wünschenswert; hierbei sollte auch das Inlandskriterium der grundsätzlich nicht ortsgebunden auszuübenden Tätigkeiten konkretisiert werden.

Umsatzsteuerliche Beurteilung von Influencern

Steuerpflicht

Influencer sind mit ihren Tätigkeiten regelmäßig unternehmerisch tätig, deshalb nach den allgemeinen Regelungen umsatzsteuerpflichtig und damit zur Abgabe einer jährlichen Umsatzsteuererklärung sowie monatlicher bzw. vierteljährlicher Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet (§ 18 Abs. 2 UStG). Influencer, die die sog. Kleinunternehmerregelung anwenden, sind lediglich zur Abgabe der jährlichen Umsatzsteuererklärung verpflichtet.

Hinweis: Die Erleichterungen der sog. Kleinunternehmerregelung i.S.d. § 19 UStG können Unternehmer für sich in Anspruch nehmen, deren Umsätze sich im vorangegangenen Kalenderjahr auf unter EUR 22.000 und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich auf unter EUR 50.000 belaufen. Dann wird einerseits die grundsätzlich geschuldete Umsatzsteuer nicht erhoben, andererseits kann dann keine Vorsteuer für Eingangsumsätze abgezogen werden. Da die Kleinunternehmerregelung als Wahlrecht ausgestaltet ist, kann der Unternehmer auf deren Anwendung auch verzichten; an einen Verzicht ist er allerdings fünf Jahre gebunden.

Lieferung oder sonstige Leistung als Gegenleistung

Erhalten Influencer für ihre (elektronisch) erbrachte Dienstleistung als Gegenleistung eine Lieferung oder sonstige Leistung wie beispielsweise Reisen oder Gratisprodukte, verwirklichen sie einen tauschähnlichen Umsatz i.S.d § 3 Abs. 12 S. 2 UStG, der - wie andere Umsätze auch - umsatzsteuerpflichtig ist.

In diesem Zusammenhang ist allerdings ein Hinweis auf die sog. Beistellung i.S.d. Umsatzsteuerrechts angebracht. Sofern der Leistungsempfänger, also das auftraggebende und zuwendende Unternehmen, dem Leistenden, also dem Influencer, für die Ausführung der gewünschten Leistung bestimmte Gegenstände oder Dienstleistungen zur Verfügung stellt, um diese ausschließlich bei der Erbringung der Leistung zu verwenden, lösen diese sog. Beistellungen keinen tauschähnlichen Umsatz aus und sind somit auch nicht umsatzsteuerpflichtig.

Im Einzelfall kann die Abgrenzung von Beistellungen und tauschähnlichen Umsätzen allerdings schwierig sein. Voraussetzung ist letztlich immer eine stichhaltige Argumentation, dass der Influencer als Empfänger der potenziellen Beistellung diese wirklich ausschließlich zur Erbringung der konkreten vereinbarten Leistung verwenden kann und eine anderweitige Verwendung z.B. zur privaten Nutzung aufgrund zwischen den Beteiligten bestehenden Vereinbarungen und deren tatsächlicher Handhabung ausgeschlossen ist.

Unterstützung durch BDO

Sie sind schon länger als Influencer aktiv? Dann sollten Sie sich auch mit Ihren steuerlichen Pflichten auseinandersetzen. Gleichermaßen sollten werbende Unternehmen ihre Zusammenarbeit mit Influencern auf steuerliche Risiken durchleuchten. Sprechen Sie uns in beiden Fällen gern an!