Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

Mit dem 2021 in Kraft getretenen Steueroasen-Abwehrgesetz (StAbwG) verfolgt die Bundesregierung das Ziel, Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung durch Geschäftsbeziehungen in sogenannte nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete einzudämmen. Anreize zur Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer sollen reduziert werden, um unverhältnismäßige Steuervorteile zu verhindern und Steuereinnahmen in Deutschland sicherzustellen. Hierzu sind diverse Abwehrmaßnahmen vorgesehen und die Dokumentationspflichten für betroffene Geschäftsvorgänge verschärft.

Anwendungsbereich

Das StAbwG ist auf unbeschränkt wie beschränkt steuerpflichtige natürliche Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen anzuwenden. Grundsätzlich fallen sämtliche Steuerarten in den Anwendungsbereich des StAbwG, explizit ausgenommen sind jedoch die Umsatzsteuer (einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer), Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern. Die Regelungen des StAbwG gehen denen in Doppelbesteuerungsabkommen vor.

Nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete

Ein Steuerhoheitsgebiet wird konkret als nicht kooperativ eingestuft, wenn es in der Steueroasen-Abwehrverordnung (StAbwV), die auf der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke basiert, aufgeführt wird. In die Verordnung wurde als prominentestes nicht kooperatives Steuerhoheitsgebiet im Dezember 2023 die Russische Föderation aufgenommen.

Betroffene Geschäftsvorgänge

Die vom StAbwG betroffenen Geschäftsvorgänge (und Beteiligungsverhältnisse) sind solche, die Steuerpflichtige in oder mit Bezug zu einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet unterhalten. Darunter fallen auch anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen („Dealings“) gem. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG und Geschäftsvorgänge einer oder über eine Personengesellschaft oder Betriebstätte. Ob diese Vorgänge fremdüblich oder zwischen nahestehenden Personen stattfinden, ist dabei unbeachtlich.

Abwehrmaßnahmen des Steueroasenabwehrgeseztes

Bezogen auf den jeweiligen Geschäftsvorgang findet stets nur eine der folgenden Abwehrmaßnahmen Anwendung. 
  • Verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung 
§§ 7 bis 21 AStG werden in dem Sinne erweitert, dass sämtliche Einkünfte der ausländischen Gesellschaft als Zwischengesellschaft der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen werden. 
Die verschärfte Hinzurechnungsbesteuerung findet ab dem Folgejahr nach Aufnahme eines Gebietes in die StAbwV Anwendung. 
  • Quellensteuermaßnahmen

Die beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte gem. § 49 EStG werden durch das StAbwG für in nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten ansässige Personen, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen deutlich erweitert. 

Zusätzlich einbezogen werden grundsätzlich Einkünfte aus

  1. Finanzierungsbeziehungen (insbesondere Darlehen und Finanzierungsleasing)
  2. Versicherungs- oder Rückversicherungsleistungen
  3. Erbringung von anderen Dienstleistungen (außer: Nutzungsüberlassungen)
  4. Handel mit Waren oder Dienstleistungen
  5. Vermietung & Verpachtung oder Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind („Registerfälle“)

Diese ergänzenden Quellensteuertatbestände gelten ab dem Folgejahr nach Aufnahme eines Gebietes in die StAbwV.

  • Maßnahmen bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen

Die sonst bei Gewinnausschüttungen und Anteilsveräußerungen geltenden Steuerbefreiungen und –begünstigungen sind im Rahmen von Beteiligungen an einer Gesellschaft in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet nicht anwendbar. Dies betrifft konkret § 8b Abs. 1 KStG, DBA-Regelungen, das Teileinkünfteverfahren und die Abgeltungsteuer. 
Diese Verschärfungen gelten ab dem dritten Folgejahr nach Aufnahme eines Gebietes in die StAbwV.

  • Verbot des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs

Das Abzugsverbot gilt nachrangig gegenüber der verschärften Hinzurechnungsbesteuerung gemäß StAbwG, der Hinzurechnungsbesteuerung gemäß AStG, den Quellensteuermaßnahmen gemäß StAbwG und § 49 EStG. 
Das Verbot des Betriebsausgabenabzugs gilt erst ab dem vierten Folgejahr nach Aufnahme eines Gebietes in die StAbwV.

Gesteigerte Mitwirkungspflichten 

§ 12 StAbwG sieht über § 90 AO hinaus gesteigerte Mitwirkungspflichten für Geschäftsvorgänge iSd. StAbwG vor. Die entsprechenden Aufzeichnungen sind spätestens ein Jahr nach Ablauf des betreffenden Geschäftsjahres zu erstellen und ohne Aufforderung an das zuständige Finanzamt, bei Überschreiten der Grenze von 750 Millionen EUR auch an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Für Geschäftsjahre, die vor dem 31. Dezember 2022 begonnen haben, wird nicht beanstandet, wenn die Aufzeichnungen erstmals bis zum 31. Dezember 2024 abgegeben werden.
Bei Verletzung dieser Pflichten wird die Schätzungsbefugnis der Finanzverwaltung in Bezug auf Einkünfte aus nicht kooperativen Steuerhoheitsgebieten eröffnet und die Zulässigkeit von Außenprüfungen erweitert.

Handlungsbedarf und Unterstützung durch BDO

Steuerpflichtige, die Geschäftsvorgänge in nicht kooperative Steuerhoheitsgebiete unterhalten, sollten prüfen, ob und inwieweit die Abwehrmaßnahmen des StAbwG auf sie Anwendung finden, um sicherstellen zu können, dass sie ihren steuerlichen Verpflichtungen nachkommen.
Ihre Ansprechpartnerin oder Ihr Ansprechpartner von BDO helfen gerne dabei, Ihren spezifischen Handlungsbedarf zu ermitteln. Je nach Erfordernis unterstützen wir Sie gerne mit der breiten Expertise von BDO in Deutschland und, wo angezeigt, auch mit Kolleginnen und Kollegen aus unserem in 166 Ländern weltweit vertretenen Netzwerk.