Mit Wirkung ab dem Erhebungszeitraum 2021 wurde der Katalog der sog. unschädlichen Nebentätigkeiten im Kontext der sog. erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung (§ 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG) durch das Fondsstandortgesetz vom 03.06.2021 neu gefasst. Dabei wurden einerseits entgeltliche Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder, andererseits aber auch Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes aufgenommen. Voraussetzung ist, dass bestimmte Unschädlichkeitsgrenzen nicht überschritten werden.
Zu konkreten Anwendungsfragen dieser Regelungen haben sich die obersten Länderfinanzbehörden in ihren gleich lautenden Erlassen vom 17.06.2022 geäußert.
Hintergrund der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung
Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung sieht vor, dass Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen auf Antrag und unabhängig von ihrer Rechtsform den auf die Grundstücksüberlassung entfallenden Gewerbeertrag unter bestimmten Voraussetzungen bei der Ermittlung des gesamten Gewerbeertrags kürzen können. Die gleich lautenden Erlasse differenzieren bei den Tätigkeiten von Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen nunmehr drei Tätigkeitsgruppen, was bisher offiziell nicht gebräuchlich war, allerdings durchaus hilfreich ist:
- Unschädliche und begünstigte Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes unterliegt insoweit nicht der Gewerbesteuer. Die ständige BFH-Rechtsprechung fasst hierunter auch Tätigkeiten, die der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im engeren Sinne dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und Grundstücksnutzung angesehen werden können.
- Unschädliche, aber nicht begünstigte Nebentätigkeiten, wie neuerdings auch Einnahmen aus o.g. Stromlieferungen in Verbindung mit der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes und aus o.g. unmittelbaren Vertragsbeziehungen, unterliegen insoweit weiterhin der Gewerbesteuer.
- Schädliche Tätigkeiten führen zum Verlust des Rechts auf Inanspruchnahme der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung, selbst wenn sie nur von untergeordneter Bedeutung sind. Sämtliche Erträge unterliegen der Gewerbesteuer, ggf. kann die einfache gewerbesteuerliche Kürzung (§ 9 Nr. 1 S. 1 GewStG) in Anspruch genommen werden.
Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen
Der Gesetzeswortlaut zu den Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) Doppelbuchst. aa) GewStG) sieht einen ausdrücklichen Bezug zu § 3 Nr. 21 EEG vor. Danach sind erneuerbare Energien Wasserkraft, Windenergie, solare Strahlungsenergie, Geothermie und Energie aus Biomassen.
Die Stromerzeugung durch den Betrieb eines Blockheizkraftwerks fällt grundsätzlich nicht hierunter. Eine Ausnahme greift nach den gleich lautenden Erlassen allerdings dann, wenn das Blockheizkraftwerk ausschließlich mit Biomasse betrieben wird. Liefern Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen mittels eines Blockheizkraftwerks Wärme an ihre Mieter, so handelt es sich dabei um einen Bestandteil der Gebrauchsüberlassung. Einnahmen aus der Wärmelieferung an Mieter sind somit Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes und unterliegen der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung.
Die Einnahmen aus EEG-Stromlieferungen dürfen nicht aus der Lieferung an andere Letztverbraucher als die eigenen Mieter stammen (sog. Mieterstromanlagen). Nach den gleich lautenden Erlassen sind auch die Einnahmen aus zusätzlichen Stromlieferungen, wenn also Strom zugekauft werden muss, weil keine Versorgung mit Mieterstrom sichergestellt werden kann, unschädlich. Darüber hinaus stellt die Veräußerung von Strom im Wege der Direktvermarktung keine Lieferung an Letztverbraucher dar, auch wenn die Direktvermarkter (z.B. Stadtwerke) den Strom an ihre Kunden weiterliefern.
Bei Stromlieferungen aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder (§ 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) GewStG) ist keine Einschränkung hinsichtlich des Abnehmerkreises vorgesehen. Damit können auch Arbeitnehmer oder Kunden des eigentlichen Mieters Zugang zu entsprechenden Ladestationen haben, ohne die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung zu gefährden.
Die gleich lautenden Erlasse stellen zudem klar, dass die Anlagen zur EEG-Stromerzeugung nicht im Eigentum des Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmens stehen brauchen; auch gemietete oder geleaste Anlagen sind in den Anwendungsbereich einzubeziehen. Der Selbstverbrauch von erzeugtem Strom durch das Grundstücks- bzw. Wohnungsunternehmen bspw. für Allgemeinflächen steht der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung mangels Einnahmengenerierung ebenfalls nicht entgegen.
Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern
Als Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen werden nach den Erläuterungen der gleich lautenden Erlasse bspw. Mieteinnahmen aus der Überlassung von Betriebsvorrichtungen erfasst, die keinen funktionalen Zusammenhang mit dem vermieteten Grundstück aufweisen (z.B. Einnahmen aus dem Betrieb eines Schwimmbades, welches ausschließlich von Mietern genutzt werden darf). Diese erfreuliche Entwicklung widerspricht der bisherigen Rechtslage. Des Weiteren können auch Einnahmen aus der Verwaltung und Nutzung angemieteten Grundbesitzes sowie Einnahmen aus dem Betrieb eines Blockheizkraftwerks im Rahmen unmittelbarer Vertragsbeziehungen mit den Mietern unschädlich für die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung sein. Nach dem Gesetzeswortlaut dürfen diesen unmittelbaren Vertragsbeziehungen allerdings keine Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen i.S.d. § § 9 Nr. 1 S. 3 Buchst. b) GewStG zugrunde liegen.
Prozentuale Unschädlichkeitsgrenzen
Für die Anwendung der vorgenannten Regelungen ist Voraussetzung, dass die Einnahmen aus den Stromlieferungen aus erneuerbaren Energien und aus dem Betrieb von Ladestationen im Wirtschaftsjahr nicht höher als 10 % bzw. die Einnahmen aus unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den Mietern des Grundbesitzes im Wirtschaftsjahr nicht höher als 5 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des gesamten Grundbesitzes sind.
Zu den Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung gehören insbesondere die vereinbarten fremdüblichen Mieten (Soll-Mieten) inkl. sämtlicher umlagefähiger Betriebskosten ohne Umsatzsteuer (Nettobetrachtung). Bei Leerstand oder einer temporären Mietfreistellung durch den Vermieter (bspw. bei Vertragsbeginn oder in Krisenzeiten) liegen keine vereinbarten Mieten vor bzw. ist von einer vereinbarten Miete von null Euro auszugehen, weshalb sich entsprechend verminderte Einnahmen unmittelbar auf die prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen auswirken.
Einnahmen aus der Veräußerung von eigenem Grundbesitz sind keine Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Veräußerung von eigenem bisher vermietetem Grundbesitz zur Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes gehört und somit der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung unterliegt.
Einnahmen aus der Veräußerung oder der Demontage der mit den Stromlieferungen oder den unmittelbaren Vertragsbeziehungen im Zusammenhang stehenden Anlagen bzw. die Aufgabe eines insoweit bestehenden Teilbetriebs sind keine Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes. Sie gelten aber als letzter Akt der mit den Stromlieferungen oder den unmittelbaren Vertragsbeziehungen im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten und sind bei der Prüfung der jeweiligen Unschädlichkeitsgrenzen einzubeziehen.
Hinweis:
Die gleich lautenden Erlasse der obersten Länderfinanzbehörden vom 17.06.2022 enthalten zu den Neuregelungen im Zusammenhang mit der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung viele erfreuliche Klarstellungen. Allerdings wird die zuletzt dargestellte Regelung in der Fachliteratur zunehmend kritisiert, da die Einnahmen aus der Veräußerung bzw. Demontage entsprechender Anlagen nebst Einnahmen aus der reinen Gebrauchsüberlassung regelmäßig die prozentualen Unschädlichkeitsgrenzen übersteigen dürften. Daher ist wohl auch zukünftig regelmäßig die Separierung von Betriebsvorrichtungen auf eine zweite Gesellschaft erforderlich, um im Veräußerungsfall die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nicht zu gefährden.