Belegausgabepflicht
Die Belegausgabepflicht schlägt immer noch hohe Wellen. Denn wer an eine Vielzahl von unbekannten Kunden Waren verkauft und eine PC-Kasse nutzt, muss jedem Kunden unmittelbar nach dem Verkauf einen Beleg (Kassenbon) ausstellen. Das gilt auch für kleine Unternehmen mit zahlreichen Kleinstumsätzen (z.B. Bäckereien, Eisdielen etc.); die vorgesehene Härtefallregelung hilft wohl in der Praxis eher wenig. Lediglich offene Ladenkassen sind von der Ausgabepflicht nicht betroffen. Eine Annahmepflicht auf Seiten des Kunden besteht hingegen nicht.
Der auszugebende Beleg muss folgende Angaben enthalten, die ohne maschinelle Unterstützung lesbar sein müssen:
- vollständiger Name und Anschrift des leistenden Unternehmers,
- Datum der Belegausstellung und Zeiten des Vorgangbeginns und -endes,
- Menge und Art der gelieferten Waren bzw. Umfang und Art der Leistung,
- Transaktionsnummer,
- Entgelt und darauf entfallender Steuerbetrag in einer Summe sowie anzuwendenden Steuersatz,
- Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder des Sicherheitsmoduls.
Mittlerweile hat sich eine lebhafte Diskussion um die Belegausgabepflicht entwickelt. Handelsverbände weisen neben den teilweise enormen Anschaffungskosten – vor allem bei Kassen-Waagen-Verbundsystemen - auf den großen Papierverbrauch hin, zumal die Kunden den Beleg gar nicht mitnehmen müssen und es in vielen Fällen auch tatsächlich nicht tun. Auch die Wirksamkeit dieser Maßnahme zur Eindämmung des Steuerbetrugs wird in Zweifel gezogen. So könnten Umsätze nach wie vor an der Kasse vorbei vorgenommen werden; andererseits benötigen im Kassensystem aufgezeichnete und damit nachvollziehbare Umsätze keinen zusätzlichen Beleg.
Der Beleg kann statt in Papierform auch elektronisch ausgegeben werden. Hierfür sah der Anwendungserlass zur AO bereits Regelungen vor, die die Finanzverwaltung mit BMF-Schreiben vom 28.5.2020 noch einmal konkretisiert hat:
- Der Kunde muss einer elektronischen Bereitstellung zwar zustimmen. Die Zustimmung bedarf dabei keiner besonderen Form und kann deshalb auch konkludent erfolgen.
- Ein elektronischer Beleg gilt als bereitgestellt, wenn dem Kunden die Möglichkeit der Entgegennahme des elektronischen Belegs gegeben wird. Allerdings reicht die bloße Sichtbarmachung des Beleges an einem Bildschirm, z. B. einem Terminal oder Kassendisplay, nicht aus. Der Kunde muss die Möglichkeit einer elektronischen Entgegennahme haben.
- Eine elektronische Belegausgabe muss in einem standardisierten Datenformat (z. B. JPG, PNG oder PDF) erfolgen, d. h. der Empfang und die Sichtbarmachung auf dem Endgerät des Kunden müssen mit einer kostenfreien Standardsoftware möglich sein. Es bestehen keine technischen Vorgaben wie der Beleg zur Entgegennahme bereitgestellt oder übermittelt werden muss. Dies kann also unmittelbar über eine Bildschirmanzeige (z. B. einen QR-Code) oder per Download-Link, Near-Field-Communication (NFC), E-Mail oder direkt in ein Kundenkonto erfolgen.
- Gleichlaufend mit einem Papierbeleg ist der elektronische Beleg seitens des Unternehmers auch dann zu erstellen, wenn der Kunde ihn nicht entgegennimmt.
Ob, wann und in welcher Form sich die Finanzverwaltung auch zu weiteren offenen Fragen bei der Belegausgabepflicht, z. B. Ausnahmen oder Erleichterungen, äußern wird, ist derzeit nicht abzuschätzen. Neben einem förmlichen BMF-Schreiben ist auch ein unverbindlicher FAQ im Gespräch.
Technische Sicherheitseinrichtung der Kasse
Die mit elektronischen Kassensystemen aufgezeichneten Daten müssen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) gegen nachträgliche Veränderungen geschützt werden. Die Kassensysteme und TSEs müssen beim Finanzamt bei Anschaffung (nicht erst bei Inbetriebnahme) an- und bei Außerbetriebnahme abgemeldet werden. Für die Nutzer von Kassensystemen führen der Einsatz der TSE und die Standardisierung der Datenaufzeichnung zu einer erheblich größeren Rechtssicherheit sowie erheblich weniger Aufwand in Betriebsprüfungen.
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) weist auf seiner Website diverse Hersteller mit zertifizierten TSE aus. Die TSE sollen als MicroSD- bzw. SD-Karten oder USB-Sticks verfügbar sein. Weitere Systeme z. B. zur Cloud-Anbindung sind in der Entwicklung. Aufgrund der erheblichen Verzögerungen bei der Formulierung der rechtlichen und technischen Anforderungen waren die ersten TSE erst Ende 2019 am Markt verfügbar und eine flächendeckende Umstellung aller bestehenden Kassensysteme bis zum 1.1.2020 nicht möglich. Gesetzgeber und Finanzverwaltung hielten zwar am gesetzlichen Einführungstermin 1.1.2020 fest, trugen dem aber über eine Nichtbeanstandungsregelung Rechnung: Nach dem BMF-Schreiben vom 6.11.2019 wird es nicht beanstandet, wenn die betroffenen elektronischen Aufzeichnungssysteme, längstens bis zum 30.9.2020, noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Insoweit wurde den Unternehmen und Kassenherstellern also ein Aufschub eingeräumt. Nach Ablauf der Frist am 30.09.2020 wurde diese mit diversen Ländererlassen nochmals bis zum 31.03.2021 verlängert, allerdings unter der Voraussetzung, dass die TSE bis zum 30.09.2020 nachweislich verbindlich bestellt wurde. Das Verbot, ab dem 1.1.2020 nicht-konforme Systeme in Verkehr zu bringen, gilt jedoch weiterhin.
Auch bestehende Kassensysteme müssen nachträglich mit einer TSE ausgestattet werden, sofern diese Nachrüstung technisch grundsätzlich („bauartbedingt”) möglich ist. Nicht nachrüstbare Geräte dürfen unter bestimmten Voraussetzungen noch bis Ende 2022 weiterverwendet werden.
Bei Betriebsprüfungen müssen die aufgezeichneten Daten in einem standardisierten Format – der „Digitalen Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme” (DSFinV-K) – vorgelegt werden. Zudem können die Finanzbehörden mit unangekündigten Kassen-Nachschauen jederzeit die korrekte Nutzung der Systeme und vollständige Erfassung der Verkäufe prüfen.
Rechtsfolgen bei Verstößen?
Besondere Sanktionen für einen Verstoß gegen die Beleg- und Meldepflicht sind derzeit nicht vorgesehen. Nach dem Anwendungserlass zu § 146a AO können diese „Handlungspflichten” aber mit „Zwangsmitteln” durchgesetzt werden. Da zudem beide Pflichten zentrale Elemente des Sicherheitskonzepts sind, dürften Verstöße ernsthafte Zweifel an der formellen Ordnungsmäßigkeit der Buchführung auslösen, die wiederum steuerliche Folgen haben können, wie z.B. eine Schätzung der Einnahmen.
Nicht ausgeschlossen werden kann auch, dass der Gesetzgeber zukünftig den Blick über die Grenzen schweifen lässt. In Italien z.B. besteht eine Mitnahmepflicht für den Kassenbon – und das bereits für jeden einzelnen Espresso in einer kleinen Bar! In einem Umkreis von 100 m außerhalb des Geschäftslokals muss dort der Kunde den Beleg mit sich führen und diesen auf Verlangen der Finanzpolizei vorzeigen. Hat der Kunde keinen Beleg, werden Bußgelder wegen Steuerhinterziehung fällig.
Verstöße gegen die neuen technischen Anforderungen an die elektronischen Kassensysteme und deren ordnungsgemäße Nutzung sind Ordnungswidrigkeiten, für die Bußgelder bis zu EUR 25.000 verhängt werden können. Diese Sanktionen sind unabhängig von eventuellen steuerlichen Konsequenzen einer fehlerhaften Kassenführung (s.o.).
Ausblick
Die ,Stillhaltefristen‘ bis zum 31.03.2021 lassen Beratungspraxis und Unternehmen zunächst aufatmen. Allerdings sollte man die weitere Entwicklung zu den zertifizierten TSE-Kassensystemen vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Pandemie akribisch beobachten; eventuell nötige Umstellungen der Kassensysteme sind kontinuierlich im Blick zu behalten und konsequent voranzutreiben.
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