Jahressteuergesetz 2024 und Freistellung des Existenzminimums 2024

Der Bundesrat hat sowohl das Jahressteuergesetz 2024 als auch das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 am 22.11.2024 verabschiedet.

Im Jahressteuergesetz 2024 finden sich einige für die Praxis wichtige materielle Rechtsentwicklungen bzw. -änderungen, z.B. aus den Bereichen Einkommensteuer, Gewerbesteuer, Umsatzsteuer, Erbschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, Grundsteuer sowie aus den Gebieten des Umwandlungssteuerrechts, des steuerlichen Verfahrensrechts und des Außensteuerrechts, von denen wir nachfolgend die wichtigsten darstellen.

Durch das Gesetz zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 werden der in den Einkommensteuertarif integrierte Grundfreibetrag um EUR 180 auf EUR 11.784 und der Kinderfreibetrag um EUR 228 auf EUR 6.612 rückwirkend zum 01.01.2024 erhöht.

Anpassung der Steuerbefreiungsregelung für Photovoltaikanlagen

Mit der Änderung in § 3 Nr. 72 EStG wird die für die Anwendung der Steuerbefreiung zulässige Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister von 15 kW (peak) einheitlich auf 30 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit erhöht. Die Änderung stellt weiter klar, dass es sich bei der Steuerbefreiung um eine Freigrenze und nicht um einen Freibetrag handelt.

Die Änderung ist erstmals für Photovoltaikanlagen anzuwenden, die nach dem 31.12.2024 angeschafft, in Betrieb genommen oder erweitert werden.

Erweiterter Datensatz der E-Bilanz

Die in § 5b EStG geregelte Verpflichtung zur Übermittlung der sog. E-Bilanz wird insbesondere um die zugrunde liegenden unverdichteten Kontennachweise, den Anlagenspiegel und das Anlagenverzeichnis erweitert. Liegt ein Anhang, ein Lagebericht, ein Prüfungsbericht oder ein Verzeichnis nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG vor, so sind diese ebenfalls nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch zu übermitteln. Durch diese Ergänzungen sollen Rückfragen der Finanzverwaltung bei der Veranlagung reduziert werden.

Die Übermittlungspflicht der unverdichteten Kontennachweise gilt für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2024 beginnen. Die weiteren neuen Übermittlungspflichten sind erst für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem 31.12.2027 beginnen.

Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften

In Reaktion auf den Beschluss des BVerfG zur Buchwertübertragung zwischen beteiligungsidentischen Personengesellschaften vom 28.11.2023, Az. BvL 8/13, wird § 6 Abs. 5 S. 3 EStG um eine neue Nr. 4 ergänzt. Diese ordnet eine Buchwertfortführung an, wenn ein Wirtschaftsgut „unentgeltlich zwischen den Gesamthandsvermögen verschiedener Mitunternehmerschaften derselben, identisch beteiligten Mitunternehmer“ übertragen wird. Damit wird die verfassungswidrige Ungleichbehandlung beseitigt, dass solche Übertragungen bislang nicht vom Gesetzeswortlaut erfasst waren. Die Vorschrift ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Aus Vertrauensschutzgründen kann bei Übertragungen vor dem 12.01.2024 (= Tag der Veröffentlichung der BVerfG-Entscheidung) von einer Anwendung der Neuregelung abgesehen werden, wenn die an beiden Mitunternehmerschaften beteiligten Mitunternehmer dies gemeinsam beantragen (z.B. wenn sich im Einzelfall der Buchwertansatz zuungunsten der Mitunternehmer auswirkt).

Gebäudeabschreibung

Die Regelung des § 7a EStG zu den gemeinsamen Vorschriften für erhöhte Absetzungen und Sonderabschreibungen wird in Abs. 9 redaktionell an den durch das Wachstumschancengesetz neu eingefügten § 7 Abs. 5a EStG angepasst. Dadurch wird klargestellt, dass sich die weitere Abschreibung nach Ablauf des maßgebenden Begünstigungszeitraums einer Sonderabschreibung (wie z.B. der Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau nach § 7b EStG) auch nach § 7 Abs. 5a EStG (Restwert und dem nach § 7 Abs. 5a EStG maßgebenden Prozentsatz) bemessen kann. Allerdings muss der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut bereits vor Ablauf des Begünstigungszeitraums der Sonderabschreibung degressiv nach § 7 Abs. 5a EStG abgeschrieben haben. Die Neuerung gilt rückwirkend ab Beginn des Jahres 2023.

Kinderbetreuungskosten

Bisher können zwei Drittel der Aufwendungen für Kinderbetreuung, höchstens EUR 4.000 je Kind, als Sonderausgaben berücksichtigt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 sind 80 % der Aufwendungen abzugsfähig; der Maximalbetrag wird auf EUR 4.800 erhöht.

Vermögensbeteiligung von Arbeitnehmern

Der Anwendungsbereich der Steuervergünstigung des § 19a EStG (nachgelagerte Besteuerung bei vergünstigter Gewährung einer Beteiligung) wird zwar auf die Übertragung von Anteilen an Konzernunternehmen erweitert. Um allerdings zu vermeiden, dass durch diese Konzernklausel mittelbar auch Arbeitnehmer großer Aktiengesellschaften begünstigt werden, muss auch der Konzern im Ganzen die Schwellenwerte des § 19a Abs. 3 EStG einhalten. Zudem darf die Gründung keines der Konzernunternehmen mehr als zwanzig Jahre zurückliegen.

Aufhebung der besonderen Verlustverrechnungskreise bei Kapitaleinkünften

Die besonderen Verlustverrechnungskreise für Termingeschäfte und Forderungsausfälle gem. § 20 Abs. 6 S. 5 und 6 EStG werden aufgehoben. Entsprechende Verlustvorträge sind somit in allen offenen Fällen uneingeschränkt mit allen Einkünften aus Kapitalvermögen verrechenbar. Hintergrund dieser Gesetzesänderung sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen die besonderen Verlustverrechnungskreise, die der BFH in seinem Beschluss vom 07.06.2024, Az. VIII B 113/23, geäußert hat.

Anpassung des Meldestandards zu Dividendenerträgen an die FASTER-Richtlinie der EU

Mit dem Abzugsteuerentlastungsmodernisierungsgesetz aus 2021 (AbzStEntModG vom 02.06.2021) wurden insbesondere die Verfahren zur Entlastung von Kapitalertragsteuer und vom Steuerabzug nach § 50a EStG für ausländische Steuerpflichtige reduziert, verschlankt und digitalisiert, eine Kapitalertragsteuer-Datenbank aufgebaut und die Haftung für die Aussteller von Kapitalertragsteuer-Bescheinigungen verschärft. Diese Änderungen sollen der Verhinderung des mit dem Kapitalertragsteuer-Entlastungsverfahren zusammenhängenden Missbrauchs und der Steuerhinterziehung dienen.

Für die Aussteller von Steuerbescheinigungen wurden mit § 45b EStG die Anforderungen des § 45a Abs. 2 bis 7 EStG ergänzt. Dieser Meldestandard zu Kapitalerträgen nach Maßgabe des AbzStEntModG wurde nun durch das JStG 2024 an die Vorgaben der FASTER-Richtlinie der EU angepasst (§ 45b Abs. 2 bis 7 EStG), um eine Überlagerung von Meldepflichten zu vermeiden. Die FASTER-Richtlinie verfolgt das Ziel, einen gemeinsamen Rahmen für die Entlastung von überschüssigen Quellensteuern auf grenzüberschreitende Anlagen zu schaffen und gleichzeitig die Risiken von Steuerbetrug im Zusammenhang mit Dividendenzahlungen zu verringern. Im Ergebnis gilt nun ein Meldestandard für alle inländischen und grenzüberschreitenden Dividendenzahlungen; dies gilt unabhängig davon, ob die Dividendenzahlung im Einzelfall in den Anwendungsbereich der FASTER-Richtlinie fällt oder nicht.

Der an die FASTER-Richtlinie anpasste Meldestandard wird für Dividendenzahlungen gelten, die nach dem 31.12.2026 zufließen und damit drei Jahre vor dem nach der Richtlinie vorgesehenen spätesten Anwendungszeitpunkt. Die Anwendung der Vorschriften des AbzStEntModG, die ursprünglich für Kapitalerträge geplant war, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2024 zufließen, wurde damit um zwei Jahre nach hinten geschoben.

Verzicht auf sog. Mobilitätsbudget

Auf die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Einführung eines sog. Mobilitätsbudgets wird verzichtet. Stattdessen wird die Bundesregierung gebeten, Vorschläge über ganzheitlich steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vereinfachungen bei Sachbezügen sowie weitere Typisierungen und Pauschalierungen bei Arbeitnehmereinkünften zu erarbeiten.


Bis letztmalig 2024 knüpft die gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 1 GewStG an den Einheitswert an; ab 2025 ist aufgrund der Grundsteuerreform die im Erhebungszeitraum als Betriebsausgabe erfasste Grundsteuer zu kürzen. Darüber ist sichergestellt, dass die Kürzungsnorm – aufgrund unterschiedlicher Ländermodelle - auch zukünftig für alle betroffenen Normadressaten im gesamten Bundesgebiet Anwendung findet.

Änderungen beim Ort der sonstigen Leistung

Kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, sportliche, unterhaltende oder ähnliche Leistungen i.S.d. § 3a Abs. 3 Nr. 3 UStG, die an einen nichtunternehmerischen Empfänger per Streaming übertragen oder auf andere Weise virtuell verfügbar gemacht werden, gelten dort als ausgeführt, wo der Empfänger ansässig ist bzw. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat. Entsprechende Präsenzleistungen werden weiterhin dort ausgeführt, wo sie vom Unternehmer tatsächlich erbracht werden.

Werden mit einer Eintrittsberechtigung einem unternehmerischen Empfänger eine virtuelle Teilnahme an einer kulturellen, künstlerischen, wissenschaftlichen, unterrichtenden, sportlichen, unterhaltenden oder ähnlichen Veranstaltung i.S.d. § 3a Abs. 3 Nr. 5 UStG eingeräumt, gilt als Leistungsort der Ort, von dem aus der Empfänger sein Unternehmen betreibt (§ 3a Abs. 2 UStG). Für Präsenzveranstaltungen ist weiterhin der Veranstaltungsort maßgeblich.

Beide Neuregelungen gelten ab dem 01.01.2025.

Steuerbefreiung für Bildungsleistungen

Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene und deutlich vom Bundesrat kritisierte Beschränkung der Steuerbefreiung für Bildungsleistungen gem. § 4 Nr. 21 UStG wird dahingehend korrigiert, dass die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, private Schulen und andere allgemein- oder berufsbildende Einrichtungen umsatzsteuerbefreite Leistungen erbringen. Hierzu ist eine entsprechende Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde erforderlich. Zudem wird Schul- und Hochschulunterricht, der von Privatlehrern erteilt wird, ebenfalls von der Umsatzsteuer befreit. Es ist somit sichergestellt, dass die entsprechenden bislang umsatzsteuerbefreiten Leistungen unverändert umsatzsteuerfrei bleiben.

Unberechtigter Steuerausweis bei Gutschriften

Nach der Neuregelung in § 14c Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UStG schuldet eine Person zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer auch dann, wenn der Steuerausweis in einer Gutschrift erfolgt. Dadurch wird eine durch die Rechtsprechung entstandene Regelungslücke geschlossen.

Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers

Durch die Neufassung von § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG ist der Vorsteuerabzug aus der Rechnung eines Ist-Versteuerers (§ 20 UStG) künftig erst dann möglich, wenn und soweit eine Zahlung auf die ausgeführte Leistung getätigt wurde.

Damit der Leistungsempfänger erfährt, dass der leistende Unternehmer seine Leistungen nach vereinnahmten Entgelten versteuert (Ist-Versteuerer) und dies für den Vorsteuerabzug berücksichtigen kann, wird gleichzeitig eine neue Rechnungspflichtangabe „Versteuerung nach vereinnahmten Entgelten“ eingeführt (§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 6a (neu) UStG).

Die neuen Regelungen treten zum 01.01.2028 in Kraft.

Vorsteueraufteilung

Die Neuformulierung in § 15 Abs. 4 UStG stellt klar, dass im Fall einer Vorsteueraufteilung eine Berechnung der nicht abzugsfähigen Vorsteuern nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur dann möglich ist, wenn dieser der einzige mögliche Aufteilungsmaßstab ist. Er ist damit nachrangig zu anderen, präziseren (und sachgerechten) Aufteilungsmethoden.

Neufassung der Besteuerung der Kleinunternehmer

Die Neuregelung dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/285, die bis zum 31.12.2024 zu erfolgen hat.

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung ist, dass der inländische Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr EUR 25.000 (bisher: EUR 22.000) nicht überschritten hat und im laufenden Kalenderjahr EUR 100.000 (bisher: EUR 50.000) nicht überschreitet.

Bislang konnten nur im Inland ansässige Unternehmer die Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG im Inland in Anspruch nehmen. Die neu konzipierte Regelung ermöglicht dies nun auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist hier, dass der inländische Gesamtumsatz die o.g. Grenzen und der Jahresumsatz im Gemeinschaftsgebiet den unionsrechtlich vorgeschriebenen Grenzwert von EUR 100.000 sowohl im vorangegangenen als auch im laufenden Geschäftsjahr nicht überschreitet. Ferner muss dem Unternehmer von seinem Ansässigkeitsstaat eine insoweit gültige Identifikationsnummer für Kleinunternehmer erteilt werden.

Damit im Inland ansässige Unternehmer die Befreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen können, wird ein besonderes Meldeverfahren mit Vergabe einer Kleinunternehmer-Identifikationsnummer eingeführt, das im Zuständigkeitsbereich des Bundeszentralamts für Steuern liegt.

Es wird zudem klargestellt, dass Kleinunternehmer – auch über die gesetzlichen Übergangsregelungen hinaus - nicht verpflichtet sind, sog. E-Rechnungen auszustellen. Sie können diese daher weiterhin als sonstige Rechnung auf Papier oder in einem anderen elektronischen Format ausstellen. Sie müssen allerdings zum Empfang von E-Rechnungen in der Lage sein.

Verlängerung der Übergangsfrist für Körperschaften des öffentlichen Rechts

Die Übergangsfrist für die zwingende Anwendung der Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b USt) wird um weitere zwei Jahre bis einschließlich 31.12.2026 verlängert (§ 27 Abs. 22a UStG).


Erhöhung des Erbfallkosten-Pauschbetrags

Bislang kann für mit einem Erbfall verbundene Erwerbsaufwendungen wie bspw. die Bestattung des Erblassers, Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, Kosten der Grabpflege, Abwicklung, Regelung und Verteilung des Nachlasses sowie Kosten zur Erlangung des Erwerbs ein Pauschbetrag i.H.v. EUR 10.300 ohne Nachweis zum Abzug gebracht werden. Dieser Pauschbetrag wird auf EUR 15.000 erhöht.

Befreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke weltweit

Mit Urteil vom 12.10.2023 hatte der EuGH in der Rechtssache C-670/21 (BA) festgestellt, dass die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke nach § 13c ErbStG 2009 (jetzt § 13d ErbStG), soweit Grundstücke in Drittstaaten von dieser Vergünstigung ausgeschlossen sind, grundsätzlich gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Mit der Neuregelung in § 13d Abs. 3 Nr. 2 ErbStG kann der Befreiungsabschlag bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zukünftig nicht nur dann gewährt werden, wenn das Grundstück im Inland oder in einem EU-Mitgliedstaat belegen ist. Er kann ebenfalls genutzt werden, wenn das Grundstück in einem Drittstaat belegen ist und in Bezug auf die Erbschaftsteuer Informationsaustausch und Amtshilfe mit diesem Drittstaat sichergestellt ist.

Erweiterung der Stundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG

Von der bisherigen Regelung, die Erbschaft-/Schenkungsteuer auf Antrag bis zu zehn Jahre zu stunden, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung des Vermögens aufbringen kann, wurden lediglich Grundstücke erfasst, die im Erwerbszeitpunkt die Voraussetzungen des § 13d Abs. 3 ErbStG erfüllen, also zu fremden Wohnzwecken vermietetet sind, oder die bei Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Wohnungseigentum nach dem Erwerb eigenen Wohnzwecken dienen. Mit den Änderungen in § 28 Abs. 3 ErbStG wird die Stundungsregelung auf sämtliche Fälle ausgeweitet, in denen Grundbesitz zu Wohnzwecken genutzt wird. Insbesondere erfasst die neue Stundungsregelung nun auch Fälle, in denen das vom Erblasser oder Schenker genutzte Grundstück nach dem Erbfall oder der Schenkung zu Wohnzwecken vermietet wird und/oder im Drittland belegen ist. Für ein in einem Drittstaat belegenes Grundstück wird die Stundung nur gewährt, wenn in Bezug auf die Erbschaft-/Schenkungsteuer ein entsprechender Informationsaustausch und Amtshilfe mit diesem Drittstaat sichergestellt ist.


Regelung zur Zugehörigkeit eines Grundstücks

Im Zusammenhang mit der Verschärfung der grunderwerbsteuerlichen Regelungen ergab sich die in der Praxis bedeutsame Problematik der Zurechnung von Grundstücken im Hinblick auf die Verwirklichung der grunderwerbsteuerbaren Ergänzungstatbestände (§ 1 Abs. 2a bis 3a GrEStG). Das Grunderwerbsteuergesetz enthält bisher keine Regelung zur Zurechnung eines Grundstücks. Nach Auffassung von Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist bisher eine doppelte Zurechnung von Grundstücken und eine damit ggf. verbundene doppelte Besteuerung des Erwerbsvorgangs möglich.

Nach der Einfügung eines Abs. 4a in § 1 GrEStG soll ein Grundstück zum Vermögen einer Gesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a bis Abs. 3a GrEStG gehören, wenn die Gesellschaft es aufgrund eines Vorgangs nach § 1 Abs. 1 GrEStG erworben hat oder die Gesellschaft die Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG innehat. Die Verwirklichung eines Ergänzungstatbestands nach § 1 Abs. 3 oder Abs. 3a GrEStG führt nicht zur Veränderung der Zugehörigkeit, sodass eine doppelte Zurechnung desselben Grundstücks vermieden wird. Die Verwirklichung eines Ergänzungstatbestands nach § 1 Abs. 2a oder Abs. 2b GrEStG führt bereits bisher nicht zu einer Veränderung der Zugehörigkeit.

Nachbehaltensfristen bei den Steuervergünstigungen in der Grunderwerbsteuer

Die Steuervergünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG, die auf die Gesamthand abzielen, finden seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) zum 01.01.2024 über § 24 GrEStG zunächst bis zum 31.12.2026 befristet weiter Anwendung. Über einen neuen Abs. 27 in § 23 GrEStG wird geregelt, dass die einzuhaltenden Nachbehaltensfristen von laufenden und bis zum 31.12.2026 verwirklichten Übergängen gem. §§ 5, 6 GrEStG auch danach nicht allein aufgrund des Inkrafttretens des MoPeG verletzt werden.

Nach dem neu eingefügten Abs. 2 in § 220 BewG ist der niedrigere gemeine Wert als Grundsteuerwert anzusetzen, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der nach den einschlägigen Vorschriften ermittelte Grundsteuerwert erheblich von dem gemeinen Wert der wirtschaftlichen Einheit im Feststellungszeitpunkt abweicht. Davon ist auszugehen, wenn der Grundsteuerwert den nachgewiesenen gemeinen Wert um mindestens 40 % übersteigt. Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann regelmäßig ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses i.S.d. Baugesetzbuchs oder eines zertifizierten Sachverständigen herangezogen werden. Ferner kann als Nachweis auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis über die zu bewertende wirtschaftliche Einheit dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Hauptfeststellungszeitpunkt unverändert sind. Der Nachweis einzelner Bewertungsgrundlagen, z.B. einer geringeren Miethöhe mittels Mietwertgutachten oder eines niedrigeren Bodenrichtwerts, ist nicht ausreichend. 

Hintergrund dieser gesetzlichen Ergänzung sind zwei BFH-Beschlüsse vom 27.05.2024, Az. II B 78/23 (AdV) und II B 79/23 (AdV), wonach Steuerpflichtige bei verfassungskonformer Auslegung des Bewertungsgesetzes im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit haben müssen, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert ihres Grundstücks nachzuweisen.

Frist für Schlussbilanz

Nach einem neuen Abs. 2a in § 3 UmwStG ist die steuerliche Schlussbilanz - anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen - spätestens bis zum Ablauf der nach § 149 AO maßgebenden Frist zur Abgabe der Körperschaftsteuererklärung für den Besteuerungszeitraum, in den der steuerliche Übertragungsstichtag fällt, elektronisch zu übermitteln. Auf diese Weise wird auch bei vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahren sowie bei unterjährigen Umwandlungen ein Gleichlauf der Fristen zur Abgabe der Schlussbilanz und der Steuererklärung sichergestellt. Zudem wird ausdrücklich geregelt, dass der für die elektronische Übermittlung von Bilanzen maßgebliche § 5b EStG entsprechend gilt.

Behandlung einer Verschmelzung beim Anteilseigner

Anteile an der übertragenden Körperschaft gelten grundsätzlich nach § 13 Abs. 1 UmwStG als zum gemeinen Wert veräußert und Anteile an der übernehmenden Körperschaft als zu diesem Wert angeschafft. § 13 Abs. 2 UmwStG lässt davon abweichend den Ansatz des Buchwertes der Anteile an der übertragendenden Körperschaft für die Anteile an der übernehmenden Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen (deutsches Besteuerungsrecht oder EU-Verschmelzung) zu, wenn der Anteilseigner einen entsprechenden Antrag stellt.

Die noch im Regierungsentwurf in § 13 Abs. 2 UmwStG vorgesehene Neuregelung, wonach der Buchwertansatz bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zum Regelfall werden sollte, wurde gestrichen. Stattdessen ist nun weiterhin ein Antrag auf Ansatz des Buchwerts erforderlich, der spätestens bis zur erstmaligen Abgabe der Steuererklärung bei dem für die Besteuerung des Anteilseigners zuständigen Finanzamts zu stellen ist.

Gewerbesteuerbelastung bei mittelbaren Übertragungen

Bisher unterliegt der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn des Betriebes einer Personengesellschaft, auf die eine Kapitalgesellschaft verschmolzen wurde oder die aus einer Kapitalgesellschaft durch Formwechsel entstanden war, der Gewerbesteuer (§ 18 Abs. 3 UmwStG). Umstritten ist, ob die Regelung auch eingreift, wenn die Anteile an der übernehmenden Personengesellschaft mittelbar veräußert wurden. Diese Regelungslücke schließend unterliegt künftig auch ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn der Gewerbesteuer, soweit ein Anteil an einer die Beteiligung an der übernehmenden Personengesellschaft vermittelnden Personengesellschaft von einer natürlichen Person veräußert oder aufgegeben wird und soweit dieser Veräußerungs- oder Aufgabegewinn auf den Anteil an der übernehmenden Personengesellschaft entfällt.

Rechtsprechungskorrigierende Gesetzesänderung zu Entnahmen im Rückwirkungszeitraum

Entsprechend der bestehenden Verwaltungsauffassung zu § 20 Abs. 2 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 5 UmwStG wird gesetzlich verankert, dass Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum bei der Ermittlung des eingebrachten Betriebsvermögens zu berücksichtigen sind. Damit ist ein Buchwertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens nicht möglich, soweit sich unter Berücksichtigung von Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum negative Anschaffungskosten ergeben würden; die Buchwerte des eingebrachten Vermögens sind dann aufzustocken. Die Neuregelung soll erstmals auf Einbringungen anzuwenden sein, bei denen der Umwandlungsbeschluss oder der Einbringungsvertrag nach dem 31.12.2023 erfolgt ist bzw. geschlossen wurde. Die beabsichtigte Gesetzesänderung widerspricht dem BFH-Urteil vom 07.03.2018, Az. I R 12/16.

Besteuerung des Einbringungsgewinns II

Es wird in § 22 Abs. 2 S. 5 UmwStG klargestellt, dass nur bei Veräußerungen unter Aufdeckung der stillen Reserven eine Besteuerung des Einbringungsgewinns II unterbleibt.


Erweiterung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke

In den Katalog der gemeinnützigen Zwecke gem. § 52 AO wird die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke aufgenommen. Dies ist die vergünstigte, selbstlose Wohnraumüberlassung durch steuerbegünstigte Körperschaften an hilfebedürftige Personen. Die Miete muss hierfür dauerhaft unter der marktüblichen Miete angesetzt werden. Ob die Miete unter der marktüblichen Miete liegt, muss nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen geprüft werden. Es reicht auch aus, wenn die jeweilige Wohnung zu einem Mietzins vermietet wird, der nur die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung deckt und keinen Gewinnaufschlag enthält. Potenziell entstehende Verluste können mit anderen Einnahmen aus dem ideellen Bereich ausgeglichen werden.

Elektronische Kommunikation mit den Finanzbehörden

Bevorzugter und seit Jahren erprobter elektronischer Kommunikationskanal zwischen Steuerpflichtigem bzw. dessen Bevollmächtigtem und den Finanzbehörden sind das Verfahren ELSTER bzw. die Schnittstelle ERiC. Hierbei handelt es sich um sichere elektronische Verfahren, die den Datenübermittler authentifizieren und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleisten.

Auf andere Weise - sei es durch unverschlüsselte E-Mail, durch Übermittlung mit qualifizierter elektronischer Signatur oder von einem besonderen Anwalts- oder Steuerberaterpostfach an das besondere elektronische Behördenpostfach - elektronisch übermittelte Dokumente beeinträchtigen nach der Gesetzesbegründung das steuerliche Massenverfahren der Finanzbehörden erheblich, weshalb diese möglichen Übermittlungsformen mit Einfügung einer entsprechenden gesetzlichen Formulierung in § 87a Abs. 1 S. 2 AO ausdrücklich nicht zulässig sind.

Hinterzogene Steuervorauszahlungen

Steuervorauszahlungen sind nicht nur Zahlungen auf später ggf. entstehende Steuern, sondern selbst als Steuerschulden zu qualifizieren. Die Hinterziehung von Steuervorauszahlungen kann in unrichtigen Angaben sowohl in einem Antrag auf Herabsetzung der Steuervorauszahlungen als auch bei der Steuererklärung des Vorjahres liegen.

Seit Geltung des niedrigeren Zinssatzes von 0,15 % pro Monat für Nachzahlungszinsen nach § 233a AO wurden Hinterziehende von Vorauszahlungen in bestimmten Fällen ungewollt bessergestellt. Der neue Abs. 5 in § 235 AO soll eine durchgängige Verzinsung hinterzogener Vorauszahlungen mit 0,5 % pro Monat sicherstellen. Dazu wird das Ende des Zinslaufs für die hinterzogene Steuer ausdrücklich festgeschrieben; die verschiedenen denkbaren Fallkonstellationen werden ausdrücklich geregelt. Keiner besonderen Regelung bedürfen die Fälle, in denen der Zinslauf der Hinterziehungszinsen zu hinterzogenen Vorauszahlungen bereits vor Ablauf der Karenzzeit endet, da hier keine Doppelverzinsung eintreten kann. Eine sich in anderen Fällen ergebende Doppelverzinsung wird durch eine Anrechnung der Nachzahlungszinsen auf die Hinterziehungszinsen aufgelöst, sodass im Ergebnis der höhere Zinssatz für die Steuerhinterziehung zum Tragen kommt.

Die Neuregelung gilt in allen Fällen, in denen Zinsen zu hinterzogenen Vorauszahlungen nach dem Tag nach Gesetzesverkündung festgesetzt werden.


Übergangs- oder Nichtbeanstandungsregelung zu § 1 Abs. 3d AStG für Altverträge

Mit dem Wachstumschancengesetz wurde Abs. 3d in § 1 AStG neu eingefügt. Darin wird der Fremdvergleichsgrundsatz im Hinblick auf grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen (Erbringbarkeit des Kapitaldienstes, wirtschaftliche Benötigung der empfangenen Finanzierung für den Unternehmenszweck und Bemessung Zinssatz) innerhalb einer multinationalen Unternehmensgruppe weitergehend konkretisiert, was einem überhöhten Abzug von Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben entgegenwirken soll. Nach der Anwendungsregelung des Wachstumschancengesetzes ist die Norm erstmals für den Veranlagungszeitraum 2024 anzuwenden, was allerdings eine unechte Rückwirkung und damit eine Benachteiligung für Altverträge darstellt.

Gem. § 21 Abs. 1a S. 2 und 3 AStG ist § 1 Abs. 3d AStG daher nicht auf bis zum 31.12.2024 entstehende Aufwendungen anzuwenden, die auf Finanzierungsbeziehungen beruhen, die vor dem 01.01.2024 zivilrechtlich vereinbart wurden und deren tatsächliche Durchführung vor diesem Datum begonnen hat. Werden derartige Finanzierungsbeziehungen nach dem 31.12.2023 und vor dem 01.01.2025 wesentlich geändert, gilt § 1 Abs. 3d AStG nicht für Aufwendungen, die vor dieser wesentlichen Änderung entstehen.

Kürzungsbetrag gem. § 11 AStG bei abweichendem Wirtschaftsjahr

Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung wird in § 21 Abs. 4 S. 1 AStG rückwirkend sichergestellt, dass auch in den Fällen, in denen ein Steuerpflichtiger im Jahr 2022 eine Gewinnausschüttung von einer Zwischengesellschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr (z.B. vom 01.07.2021 bis zum 30.06.2022) erhalten hat, im Veranlagungszeitraum 2022 ein Kürzungsbetrag nach § 11 AStG anwendbar ist.