Mieterabfindungen keine anschaffungsnahen Herstellungskosten

Zu den Herstellungskosten eines Gebäudes gehören ertragsteuerrechtlich auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen, sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG). Diese Aufwendungen sind nicht als Werbungskosten sofort abziehbar, sondern können nur zeitlich gestreckt über die Gebäudeabschreibung geltend gemacht werden. Vor diesem Hintergrund hatte der BFH in seinem Urteil vom 20.09.2022 (Az. IX R 29/21) die Rechtsfrage zu klären, ob es sich bei gezahlten Mieterabfindungen um sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung handelt oder diese als anschaffungsnahe Herstellungskosten zu qualifizieren sind.

Im Streitfall erwarb eine GbR im März 2016 eine vermietete Immobilie zum Kaufpreis von EUR 1.200.000 und renovierte diese bis zum Jahr 2018 für insgesamt rund EUR 615.000. Um die Mieter zur Beendigung der Mietverträge und Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können, zahlte die GbR Abfindungen i.H.v. insgesamt EUR 35.000. Die GbR machte die Mieterabfindungen als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Finanzamt und Finanzgericht qualifizierten diese Zahlungen hingegen als anschaffungsnahe Herstellungskosten. Der BFH widersprach.

Denn anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind nach Auffassung des BFH ausschließlich auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst begrenzt. Dazu gehören insbesondere Aufwendungen, die – ohne die vorgenannte einschränkende Regelung – vom Grundsatz her als Erhaltungsaufwendungen zu beurteilen wären, wie bspw. Instandsetzung oder Erneuerung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung. Mieterabfindungen stellen danach keine baulichen Maßnahmen dar, und zwar auch dann nicht, wenn die Zahlungen dazu geleistet werden, um die Mieter zur Räumung ihrer Wohnungen zu bewegen und die Renovierungsarbeiten durchführen zu können. Sie zählen demzufolge auch nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten. Auf einen möglichen (mittelbaren oder unmittelbaren) Veranlassungszusammenhang zwischen den Kosten – wie hier die Mieterabfindungen – und den Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen kommt es nicht an.

Zwar beruht das Institut der anschaffungsnahen Herstellungskosten auf der Annahme, der Kaufpreis sei gerade im Hinblick auf die notwendigen Erhaltungsaufwendungen niedriger kalkuliert worden, so dass die Nachholung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten Teil des Kaufpreises sei. Auch diese Erwägung gilt aber nur für Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen (Baumaßnahmen), nicht jedoch für Mieterabfindungen. Denn diese spiegeln sich nicht typischerweise in einer dauerhaften Erhöhung des Gebäudewerts wider, so dass der Käufer regelmäßig auch keine Veranlassung haben wird, sie dem Verkäufer über einen höheren Kaufpreis zu entgelten.

Die Mieterabfindungen sind daher als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sofort abziehbar.

Hinweis:

Die BFH-Entscheidung ist äußerst begrüßenswert und gibt in der Beratungspraxis Rechtssicherheit. Allerdings ist zu beachten, dass der Fall bei Mieterabfindungen, die dazu dienen, ein bis dahin vermietetes Gebäude abbrechen und an der gleichen Stelle ohne entgegenstehende Rechte Dritter ein neues Gebäude errichten zu können, anders liegt; solche Zahlungen gehören zu den originären Herstellungskosten des Neubaus.