Reform der geförderten privaten Altersvorsorge
Reform der geförderten privaten Altersvorsorge
Das BMF veröffentlichte am 30.09.2024 einen Gesetzentwurf zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz). Dieser greift die Änderungsvorschläge insbesondere der von der Regierung eingesetzten Fokusgruppe aus Politikern, Finanzexperten und Verbraucherschützern auf. Wie die seit 2018 rückläufige Zahl an Altersvorsorgeverträgen zeigt, hat die bisherige Ausgestaltung der staatlich geförderten Riester-Rente ihre Attraktivität eingebüßt, vor allem wegen der hohen Vertragskosten und ihrer Komplexität. Als Alternative dazu sehen die gesetzlichen Neuregelungen die Förderung der privaten Altersvorsorge im Rahmen von – unterschiedlich - renditeorientierten Altersvorsorgeprodukten vor. Es werden diverse Finanzprodukte wie Fonds, ETFs und Einzelaktien als wesentlich individuellere Anlagemöglichkeiten eine Rolle spielen; Chancen und Renditemöglichkeiten des Kapitalmarktes sollen genutzt werden.
Zentrale Aspekte des Reformvorhabens
Künftig soll es zwei staatlich geförderte Anlageformen geben: mit einem zertifizierten Altersvorsorgedepot ohne Garantien für das eingezahlte Kapital wird nach Zielsetzung des BMF eine renditestärkere – wenn auch mit einem höheren Risiko verbundene – Vorsorgemöglichkeit geschaffen. Für sicherheitsorientierte Anleger sollen Garantieprodukte mit wahlweise zu 80 % bzw. 100 % garantiertem Kapital zu Beginn der Auszahlungsphase angeboten werden. Insgesamt richtet sich der Fokus der stärker standardisierten Produkte auf die Altersvorsorge. Eine Absicherung gegen verminderte Erwerbsfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder der Hinterbliebenen wird künftig nicht mehr gefördert. Die Eigenheimrenten-Förderung soll hingegen erhalten bleiben.
Die Attraktivität der privaten Altersvorsorge soll darüber hinaus durch eine Flexibilisierung der Produkte gesteigert werden. In der Ansparphase wird der Anbieterwechsel durch höhere Vergleichbarkeit der Altersvorsorgeverträge erleichtert. Die Gesetzesänderungen sehen zudem eine geringere Komplexität bei der Kapital-Entnahme für selbstgenutztes Wohneigentum (Eigenheimrenten-Förderung) und einen Bürokratieabbau vor. Für die Auszahlungsphase können sich Altersvorsorgende außer für lebenslange Leibrenten künftig auch für Auszahlungspläne bis mindestens zum 85. Lebensjahr entscheiden. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Altersgrenze für den Auszahlungsbeginn auf 65 Jahre festgesetzt.
Steuerliche Förderung
Die bisherige steuerliche Fördersystematik durch Günstigerprüfung bleibt grundsätzlich bestehen: eine steuerliche Freistellung der Beiträge in der Ansparphase wird durch die erhaltenen Zulagen bzw. den Sonderausgabenabzug im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung sichergestellt. In der Auszahlungsphase erfolgt die nachgelagerte Besteuerung.
Künftig soll ein einheitlicher Mindesteigenbetrag für unmittelbar sowie mittelbar Zulageberechtigte von EUR 120 pro Jahr gelten. Die – beitragsproportionale - Grundzulage beträgt EUR 0,20 für jeden Euro der Eigensparleistung, bei einem geförderten Höchstbetrag von EUR 3.000 (EUR 3.500 ab 2030). Damit ist eine staatliche Zulage von bis zu EUR 600 möglich. Mit einer beitragsproportionalen Kinderzulage von EUR 0,25 Cent pro Kind und jeden Euro Eigenbeitrag werden bis zu EUR 1.200 Vorsorgeleistung pro Kind zusätzlich gefördert. Die höchstmögliche Kinderzulage beträgt damit (weiterhin) EUR 300. Altersvorsorgende mit geringen Jahreseinkommen bis EUR 26.250 werden mit einer Bonuszulage von EUR 175 pro Jahr zusätzlich unterstützt. Berufseinsteiger erhalten darüber hinaus einen Bonus von EUR 200 pro Jahr für einen Zeitraum von drei Jahren.
Im Rahmen des Sonderausgabenabzugs nach § 10a EStG soll der Höchstbetrag nur für die Eigenbeiträge des Steuerpflichtigen gelten; der Zulageanspruch kann zusätzlich geltend gemacht werden. Der maximal mögliche Sonderausgabenabzug beläuft sich bei einem Steuerpflichtigen damit auf EUR 3.600 Euro zuzüglich eventueller Kinderzulagen. Der Erhöhungsbetrag der Grundzulage für Berufseinsteiger als auch für Geringverdiener wird bei der Ermittlung des Zulageanspruchs im Rahmen der Günstigerprüfung beim Sonderausgabenabzug gemäß § 3 Nr. 55f EStG n.F. hingegen nicht berücksichtigt.
Umsetzung
Die wesentlichen Teile der Reform sollen ab dem 01.01.2026 gelten. Dann können die neuen Verträge abgeschlossen und bespart werden. Zum 01.01.2027 soll kostenlos eine unabhängige und digitale Vergleichsplattform verfügbar sein, auf der die Angebote der verschiedenen Anbieter von zertifizierten Altersvorsorgeverträgen transparent dargestellt werden.
Für die laufenden Riester-Verträge gilt weiterhin Bestandschutz. Um mögliche Nachteile im Vergleich zu Neuverträgen zu vermeiden, wird der Maximalbetrag für die Mindesteigenbeitragsberechnung von vier Prozent der maßgebenden Einnahmen abzüglich der Zulage auf EUR 2.100 begrenzt und damit ab dem 01.01.2026 für die Bestandsverträge festgeschrieben. Gleichzeitig steigt der Höchstbetrag beim Sonderausgabenabzug für bereits abgeschlossene Riester-Verträge von EUR 2.100 auf EUR 3.500 Euro bereits ab dem Veranlagungszeitraum 2025. Berechtigte der bisherigen Riester-Rente können auf die Anwendung des alten Rechts verzichten und zu einem neuen Produkt wechseln.
Hinweis
Die vorgeschlagenen Änderungen versprechen eine auf mehr Eigenverantwortung ausgelegte unbürokratischere und flexiblere Möglichkeit zur privaten Altersvorsorge. Das Fördervolumen in Gestalt der staatlichen Zulagen scheint höher auszufallen; positiv ist zudem die Anhebung der abziehbaren Höchstbeträge auch für die laufenden privaten Altersvorsorgeverträge. Der Gesetzentwurf setzt für die staatliche Zulagenförderung allerdings weiterhin die Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung voraus.