Schachtelprivileg bei unterjährigem qualifizierten Anteilstausch

Schachtelprivileg bei unterjährigem qualifizierten Anteilstausch

§ 9 Nr. 2a GewStG sieht eine Kürzung des Gewerbeertrags des Anteilseigners um Gewinne aus Anteilen an einer nicht steuerbefreiten inländischen Kapitalgesellschaft ab einer Mindestbeteiligung von 15 % zu Beginn des Erhebungszeitraums vor (sog. Schachtelprivileg), wenn die Anteile dem Gewerbebetrieb zugeordnet sind. Es besteht dabei ein strenges Stichtagsprinzip, d.h. auf spätere Veränderungen kommt es regelmäßig nicht an. Das Stichtagsprinzip ist im Grundsatz auch für Umwandlungsvorgänge zu beachten, und zwar nach Maßgabe der Verhältnisse beim übernehmenden Rechtsträger; selbst dann, wenn die Voraussetzungen beim Anteilseigner des übertragenden Rechtsträgers erfüllt worden sind. Das FG Düsseldorf hatte vor diesem Hintergrund in seinem Urteil vom 24.11.2022, Az. 14 K 392/22, den Anwendungsbereich des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs bei einem unterjährigen sog. qualifizierten Anteilstausch zu würdigen.

Die im Streitfall komplexe Beteiligungsstruktur war für die Entscheidung nur insoweit relevant, als dass ein Gesellschafter an zwei GmbHs (A- und B-GmbH) jeweils zu 100 % beteiligt war. Die A-GmbH beschloss im laufenden Wirtschaftsjahr eine Stammkapitalerhöhung. Dies sollte im Wege eines qualifizierten Anteilstausches erfolgen, indem der (alleinige) bisherige Gesellschafter als Übernehmer des neuen Geschäftsanteils die von ihm gehaltene Beteiligung an der B-GmbH mit sofortiger Wirkung zum Buchwert in die A-GmbH einbrachte. Die A-GmbH, die nun zu 100 % an der B-GmbH beteiligt war, erhielt sodann von dieser eine Gewinnausschüttung. Das Finanzamt lehnte eine Kürzung des dadurch erhöhten Gewerbeertrags bei der A-GmbH ab, weil die Beteiligung an der B-GmbH nicht schon zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % betragen habe und damit die Voraussetzungen des gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs nicht vorlägen.

Das FG Düsseldorf sah dies anders. Zwar gilt vorliegend für Zwecke des Schachtelprivilegs das Stichtagsprinzip; es ist also zwingend auf den Beginn des Erhebungszeitraums abzustellen. Allerdings tritt die übernehmende Gesellschaft, hier die A-GmbH, im Falle eines qualifizierten Anteilstausches – wie hier gegeben – in die steuerliche Rechtsstellung der übertragenden Gesellschaft, hier die B-GmbH, ein. Deshalb sind der übernehmenden Gesellschaft auch die Vorbesitzzeiten des Rechtsvorgängers an der Beteiligung nach den Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (§ 12 Abs. 3 UmwStG) zuzurechnen.

Hinweis:
Der BFH hatte in seinem Urteil vom 16.04.2014, Az. I R 44/13, entschieden, dass das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg bei einem unterjährigen qualifizierten Anteilstausch nicht zu gewähren ist. Er begründete dies mit dem Regelungswortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG, der - anders als § 9 Nr. 2a GewStG - auf einen Zeitraum und nicht auf einen Zeitpunkt abstellt. Das FG Düsseldorf hingegen sieht die Regelung des § 12 Abs. 3 UmwStG bei einem qualifizierten Anteilstausch als vorzugswürdig an; dieser normiert die sog. Fußstapfentheorie. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das FG die Revision zum BFH zugelassen, die unter Az. I R 9/23 anhängig ist. Der BFH bekommt somit Gelegenheit, seine frühere Rechtsprechung weiterzuentwickeln. Vergleichbare Sachverhalte sollten unter Nennung des anhängigen BFH-Verfahrens offengehalten werden.