Dem aber stand die Rechtsprechung bereits in der Vergangenheit ablehnend bzw. kritisch gegenüber. Diese Tendenz setzt ein rechtskräftiges Urteil des Finanzgerichts Nürnberg (Urteil vom 19.10.2022 - 3 K 51/22) fort.
Sachverhalt
Der Kläger war über 35 Jahre hinweg zuerst als Geschäftsstellenleiter und als Geschäftsführer einer GmbH tätig. Später war er auch als Gesellschafter zu ¼ beteiligt. Zum 31.12.2014 endete die Gesellschafterstellung und das Amt des Geschäftsführers wurde zum 11.02.2015 aufgegeben. Mit Einreichung der Einkommensteuererklärung für 2015 machte der Kläger u.a. Aufwendungen für eine Abschiedsfeier für seine früheren Mitarbeiter und Geschäftspartner der X GmbH geltend. Die Feier fand am 19.06.2015 auf einem Hofgut statt. Die Kosten der Abschiedsfeier beliefen sich auf 94.980 € netto. Insgesamt wurden 162 Gäste bewirtet, davon 88 Mitarbeiter mit 37 Ehepartnern, zwei Rentner mit Partnern, drei ehemalige Mitarbeiter, drei Geschäftspartner mit einem Ehepartner, acht Mitarbeiter der Hauptgesellschafterin, elf Familienmitglieder und sechs sonstige Gäste.
Das Finanzamt und letztlich das Finanzgericht berücksichtigten lediglich 17.160 € als Werbungskosten (156 Gäste mal 110 €; Freibetrag gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 2 EStG).
Gründe für den versagten Werbungskostenabzug
Grundsätzlich kann eine Verabschiedung in den Ruhestand im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles als letzter Akt des aktiven Dienstes ganz überwiegend beruflichen Charakter haben (BFH-Urteil vom 11.01.2007, VI R 52/03). Der Abzug als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben ist prinzipiell daher möglich.
Das Finanzgericht schlägt jedoch den Bogen über die Regelung des § 4 Abs. 5 Nr. 4 EStG. Danach dürfen „Aufwendungen für Jagd oder Fischerei, für Segeljachten oder Motorjachten sowie für ähnliche Zwecke und für die hiermit zusammenhängenden Bewirtungen“ den Gewinn nicht mindern. Das gilt nach § 9 Abs. 5 EStG analog für den Werbungskostenabzug.
Das Abzugsverbot wurde geschaffen, weil der Gesetzgeber die in der Vorschrift genannten Ausgaben "ihrer Art nach als überflüssige und unangemessene Repräsentation" ansah. Er hielt es "im Interesse der Steuergerechtigkeit und des sozialen Friedens" für erforderlich, dass der Aufwand "nicht länger durch den Abzug als Betriebsausgaben vom steuerpflichtigen Gewinn auf die Allgemeinheit abgewälzt werden kann“ (Zitate: Begründung zum Regierungsentwurf des Steueränderungsgesetzes 1960).
Dem Grunde nach "unangemessene Aufwendungen" setzen nach Auffassung des Gerichtes voraus, dass hinsichtlich des Ortes der Veranstaltung oder der Art und Weise der Unterhaltung der Gäste besondere Umstände erkennbar sind, die die Veranstaltung von einer gewöhnlichen Feierlichkeit abheben. Besondere Umstände waren nach Auffassung des Gerichts im Streitfall:
- Der Gutshof erfüllte als luxuriöses Etablissement die Voraussetzung der unüblichen Aufwendungen. Er war vergleichbar mit einer Segeljacht.
- Der ehemalige Geschäftsführer bestimmte die Gästeliste, der ehemalige Arbeitgeber war nicht in die Planung einbezogen (logisch: wer die Musik bestellt, zahlt die Kapelle).
- Die Aufwendungen pro Kopf betrugen 586,30 €
Fazit
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug vom subjektiven Ermessen der Beamten und Richter abhängen können. Ein Jubilar sollte daher die 110 € Grenze vor Augen haben. Können die Aufwendungen pro Teilnehmer nicht auf 110,00 € begrenzt werden, sollte die Veranstaltung möglichst in den Räumlichkeiten des Arbeitsgebers stattfinden, um den Abzug ggf. zu retten.
Im Umfeld der aktuellen inflationären Lage erscheinen die 110,00 € allerdings nicht mehr zeitgemäß. Dass hier seitens des Gesetzgebers eine Anpassung erfolgt, ist aktuell eher weniger zu erwarten.