Zum gewerblichen Grundstückshandel

Während bei der Einkommensteuer von Privatpersonen oder Personengesellschaften an Stelle eines privaten Veräußerungsgeschäfts ein sog. gewerblicher Grundstückshandel treten kann, spielt dies bei Kapitalgesellschaften angesichts derer umfänglicher gewerblicher Einkünfte keine Rolle.

Allerdings ergeben sich unabhängig der Rechtsform regelmäßig Anschlussfragen auf dem Gebiet des Gewerbesteuerrechts, insbesondere zur Inanspruchnahme der sog. erweiterten Grundstückskürzung i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 2 GewStG. Danach unterliegen bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten, also gerade nicht kurzfristig Immobilien an- und verkaufen, daraus resultierende Erträge nicht der Gewerbesteuer; begünstigt sind aber auch etwaige Erlöse aus der Veräußerung entsprechender Objekte, die bis dahin Gegenstand der Grundbesitzverwaltung waren. Ein gewerblicher Grundstückshandel würde diese Begünstigung als eine über die bloße Verwaltung hinausgehende Tätigkeit ausschließen.

Das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels wird entlang der von der BFH-Rechtsprechung auf Basis von Anscheinsbeweisen und Indizien geprägten sog. Drei-Objekt-Grenze i.d.R. dann unterstellt, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Errichtung und Verkauf, d.h. von etwa fünf Jahren, mindestens vier Objekte veräußert werden. Immobilien, die erst nach Ablauf von fünf, aber innerhalb von zehn Jahren nach Erwerb veräußert werden, können allerdings bei Hinzutreten besonderer Umstände gleichwohl einem gewerblichen Grundstückshandel zuzurechnen sein. Dies ist beispielsweise bei einer nur geringfügigen zeitlichen Überschreitung des Fünfjahreszeitraums, einer größeren Anzahl von Objekten, der Ausübung eines branchennahen Hauptberufs oder kontinuierlich fortlaufenden Grundstücksankäufen und -verkäufen der Fall.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hatte sich das FG Münster in seinem Urteil vom 26.04.2023, Az. 13 K 3367/20 G, mit einem sehr praxisrelevanten Sachverhalt zu beschäftigen und nahm dies zum Anlass, sich zu den weiteren Voraussetzungen eines gewerblichen Grundstückshandels im Zusammenhang mit der erweiterten Grundstückskürzung i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 2 GewStG zu äußern.

Im Streitfall veräußerte eine GmbH dreizehn Grundstücke; zwölf der dreizehn Objekte befanden sich seit mindestens fünfeinhalb Jahren im Anlagevermögen der GmbH. Im Anschluss an eine Außenprüfung versagte das Finanzamt die in der Gewerbesteuererklärung beantragte erweiterte Grundstückskürzung i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 2 GewStG, da bei der GmbH die Grundstücksverwaltung über eine reine Vermögensverwaltung hinausgegangen und mit den erfolgten Grundstücksveräußerungen die Grenze zum gewerblichen Grundstückshandel überschritten sei. Dies sah das FG Münster anders. Denn die dreizehn Grundstücke wurden erst nach Ablauf des von der Rechtsprechung zugrunde gelegten Fünfjahreszeitraums veräußert.

Es lagen auch keine besonderen Umstände des Einzelfalls vor, aufgrund derer trotz Überschreitens des Fünfjahreszeitraums eine bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegende bedingte Veräußerungsabsicht bestand und mithin von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen war, wie die ausführliche Prüfung des FG Münster zeigt:

  • Unternehmensgegenstand der GmbH war lediglich die Verwaltung eigenen Grundbesitzes durch Vermietung und Verpachtung; sie übte also gerade keinen zum Grundstückshandel branchennahen Hauptberuf wie beispielsweise eine Tätigkeit als Immobilienmakler oder eine Tätigkeit im Baubereich aus. Dass neben der GmbH zur Unternehmensgruppe auch Gesellschaften gehörten, deren jeweiliger Unternehmenszweck der Immobilienhandel oder eine Bautätigkeit war, ist nach Auffassung des FG Münster für die Beurteilung der nämlichen GmbH trotz Geschäftsführeridentität zwischen den Gesellschaften innerhalb der Unternehmensgruppe aufgrund des körperschaftsteuerlichen Trennungsprinzips unerheblich.
  • Von einer geringfügigen zeitlichen Überschreitung des Fünfjahreszeitraums ist die BFH-Rechtsprechung bisher bei einem Zeitraum von zwei Monaten ausgegangen. Im Streitfall wurde der Fünfjahreszeitraum jedoch bei einem Objekt um fünf Monate und bei den zwölf übrigen Objekten um mindestens sechs Monate überschritten; ein Zeitraum von sechs Monaten ist nach Auffassung des FG Münster - zumindest im Streitfall - nicht lediglich „geringfügig“.
  • Bei einer vollumfänglichen Fremdfinanzierung hatte der BFH zwar eine bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegende bedingte Veräußerungsabsicht gesehen. Denn insofern sei nicht auszuschließen, dass ein Mittelbedarf eintrete und infolgedessen ein Teil der erworbenen Objekte veräußert werden müsse. Im Streitfall lag jedoch eine hohe, aber keine vollumfängliche Fremdfinanzierung vor. Zudem wurden die Darlehen im Wesentlichen mit einer längerfristigen Laufzeit vereinbart und waren mit einer festen Zinsbindung versehen, was nach Auffassung des FG Münster ebenfalls nicht für eine baldige Veräußerung der Grundstücke sprach.
  • Im Hinblick auf die zahlenmäßige Veräußerung von dreizehn Objekten räumt das FG Münster zwar ein, dass es sich hierbei im Vergleich zur Drei-Objekt-Grenze um eine hohe Anzahl handelte. Neben diesem einen Indiz, das für eine bereits im Erwerbszeitpunkt vorliegende bedingte Veräußerungsabsicht sprechen könnte, sind dafür allerdings nach Überschreiten des Fünfjahreszeitraums weitere besondere Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, um von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgehen zu können. Ein unerwartet eintretendes privates Veräußerungsmotiv erschüttert diese Indizwirkung bei Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze innerhalb des Fünfjahreszeitraums i.d.R. zwar nicht. Bei einer wie im Streitfall vorliegenden Konstellation (Veräußerung von dreizehn Objekten außerhalb des Fünfjahreszeitraums) hält das FG Münster den konkreten Anlass der Veräußerung – das überraschende Versterben des einen Gesellschafter-Geschäftsführers - hingegen für berücksichtigungsfähig. Denn hierbei handelt es sich um ein derart gravierendes Ereignis, für das im Erwerbszeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte vorhersehbar waren.

Hinweis:

Die durch das FG Münster wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision ist beim BFH anhängig, III R 14/23. Gleichgelagerte Sachverhalte sollten bis zur Entscheidung durch den BFH offengehalten werden.