Der Carbon Border Adjustment Mechanism, kurz CBAM, ist als Ausgleichssystem gedacht, wird auf EU-Ebene verwaltet und führt zu neuen Verpflichtungen bei der Einfuhr spezifischer Waren.
Importwaren, die CO2-lastig hergestellt worden sind, sollen nur noch zu einem erhöhten „Eintrittsgeld“ in die EU gelangen. Insbesondere in den Herkunftsländern, die die weltweiten Klimaziele nicht stringent oder gar nicht verfolgen, soll – so der Plan der EU – der Export umweltschädlicher Waren in die EU eingeschränkt werden. Mit dem Grenzausgleichsmechanismus CBAM wird zwischen 2023 und 2030 stufenweise für klimaschädlich hergestellte Waren aus Zement, Aluminium, Eisen und Stahl sowie für Düngemittel und elektrischen Strom eine dem EU-Emissionshandelssystem angenäherte finanzielle Belastung derartiger Drittlandsware herbeigeführt. Importeure sollen künftig für treibhausgasintensive Waren Zertifikate erwerben, die dem wöchentlichen EU-Kohlenstoffpreis entsprechen.
Das CBAM ist Teil des „Fit-for-55“-Plans, der bis zum Jahr 2030 eine Reduzierung der Treibhausgase in der EU um 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 vorsieht. Er ist eingebettet in die EU-Klimazielsetzung, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen.
Ziel dieser Maßnahme ist einerseits der Schutz von EU-Herstellern vor Wettbewerbsnachteilen aufgrund des EU-Emissionshandelssystems in diesen Industriezweigen, andererseits besteht die Idee, mit diesem Regulatorium eine Abwanderung von EU-Herstellern in Drittländer zu verhindern.
Nach dem Prinzip „Cap & Trade“ wird in der EU seit 2005 mit dem Emissionshandelssystem (EU-EHS) die Senkung der Emissionen von Treibhausgasen gelenkt. Ausgehend von einer Obergrenze für den jährlichen CO2-Ausstoß, die einer schrittweisen Reduzierung unterliegt, folgt der EU-weite Handel mit CO2-Zertifikaten einem marktgesteuerten Preissystem. Reichen die erworbenen CO2-Zertifikate für die jährliche Produktion von Treibhausgasen nicht aus, werden die Verursacher „zur Kasse gebeten“. Da sich das EU-EHS bereits in der Phase des „Auctionings“ befindet, ist es grundsätzlich möglich, Zertifikate zuzukaufen, wenn der Bedarf höher als ursprünglich prognostiziert ausfällt. Wer erfolgreich seine Treibhausgasemissionen reduziert, hat hingegen die Wahl: Überschüssige CO2-Zertifikate können für das Folgejahr verwendet werden oder über die sogenannte Klimabörse verkauft werden, was ein wirtschaftlich attraktiver Anreiz ist.
Da sich diesem Emissionshandelssystem nicht nur alle EU-Mitgliedsstaaten, sondern auch Island, Liechtenstein und Norwegen (EEA-EFTA-Staaten) angeschlossen haben, werden Warenimporte in die EU aus diesen Ländern nicht vom CBAM erfasst sein. Gleichermaßen werden Produkte mit Ursprung in der Schweiz ausgenommen sein. In der Schweiz wurde im Jahr 2008 ein Emissionshandelssystem eingeführt. Das als weltweit kleinstes System seiner Art bekannte System orientiert sich am EU-EHS und wurde im Jahr 2020 mit diesem verbunden.
Außerhalb Europas sind laut Deutscher Emissionshandelsstelle (DEHSt) in zahlreichen Staaten und Regionen Emissionshandelssysteme entstanden und geplant. So haben sich in den USA mehrere Bundesstaaten im Rahmen der Regional Greenhouse Gas Initiative zu einem überregionalen Handelssystem zusammengeschlossen. Zum Teil bestehen grenzüberschreitende Verbindungen zu Systemen Kanadas. In Japan sticht Tokio mit einem eigenen kommunalen System hervor. Auch Südkorea führte bereits 2015 ein nationales Emissionshandelssystem ein. In Neuseeland wurde der Fokus auf die Emissionen, die von der Landwirtschaft resultieren, gelegt. In China laufen Pilotprojekte. Kasachstan hat wie auch Mexiko bereits ein eigenes EHS. Weitere Informationen zu aktuellen Systemen bietet der Internetauftritt „International Carbon Action Partnership“ unter „Welcome to the ICAP ETS Map“.
Zu den klimaschädlichen Treibhausgasen gehören neben Kohlendioxid, Methan und Distickstoffmonoxid auch Perfluorcarbone (PFC) – auch perfluorierte Kohlenwasserstoffe genannt –, die überwiegend in der Aluminiumherstellung entstehen. Ihnen werden ähnlich wie den Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) hohe Treibhausgas-Potenziale zugeschrieben. Mit Blick auf diese globale Dimension ist das weltweit gemeinsame Ziel der Reduzierung dieser Schadstoffe möglicherweise durch einen Zusammenschluss sämtlicher EHS zu erreichen – so jedenfalls die Visionen. Bei aller Gemeinsamkeit der klimapolitischen Ziele muss sich die EU jedoch auch an die WTO-Handelsbedingungen halten und eine unzulässige Benachteiligung bestimmter Länder verhindern. Mit Blick auf diese Aufgabe sind fortlaufende internationale Verhandlungen und Entwicklungen zu erwarten. In einer idealen Welt gelingt es, zunehmend mehr Freihandelsabkommen zu schließen, die den Nachhaltigkeitsgedanken umsetzen – so wie es der EU zuletzt im Freihandelsabkommen mit Neuseeland gelungen ist.
Welche Waren betrifft der CBAM?
Die derzeit gültige EU-CBAM-Verordnung sieht einen in sich abgeschlossenen Katalog von Waren vor, die dem CBAM unterliegen sollen. Die Zuordnung einer Ware erfolgt – wie üblich im zollrechtlichen Grenzverkehr – anhand der sogenannten Warentarifnummer der Kombinierten Nomenklatur.
Auszug aus dem Warenkatalog:
Für den Sektor Zement
2523 10 00 – Zementklinker, Kohlendioxid; 2523 21 00 – weißer Portlandzement, auch künstlich gefärbt; 2523 29 00 – anderer Portlandzement, Kohlendioxid; 2523 90 00 – andere hydraulische Zemente;
Elektrischer Strom der Unterposition 2716 0000 KN
Für den Sektor Düngemittel
2808 00 00 – Salpetersäure; Sulfonitersäuren; 2814 – Ammoniak, wasserfrei oder in wässriger Lösung; 2834 21 00 – Kaliumnitrate; 3102 – mineralische oder chemische Düngemittel, stickstoffhaltig; 3105 – mineralische oder chemische Düngemittel, die zwei oder drei der düngenden Elemente Stickstoff, Phosphor und Kalium enthalten; andere Düngemittel;
Waren dieses Kapitels in Tabletten oder ähnlichen Formen oder in Verpackungen mit einem Rohgewicht von 10 kg oder weniger (ausgenommen: 3105 60 00 – mineralische oder chemische Düngemittel, die die beiden düngenden Elemente Phosphor und Kalium enthalten)
Für den Sektor Aluminium
7601 – Aluminium in Rohform; 7603 – Aluminiumpulver und -flocken; 7604 – Stangen, Stäbe und Profile aus Aluminium; 7605 – Aluminiumdraht; 7606 – Platten, Bleche und Bänder aus Aluminium mit einer Dicke von mehr als 0,2 mm; 7607 – Folien aus Aluminium (auch bedruckt oder bedruckt oder kaschiert mit Papier, Pappe, Kunststoff oder ähnlichen Unterlagen) mit einer Dicke (ohne Unterlage) von nicht mehr als 0,2 mm, 7608 – Rohre und Schläuche aus Aluminium; 7609 00 00 – Rohrformstücke, Rohrverschlussstücke und Rohrverbindungsstücke aus Aluminium (zum Beispiel Kupplungen, Bögen, Muffen);
Für den Sektor Eisen und Stahl
72 – Eisen und Stahl; außer: 7202 – Ferro-Legierungen; 7204 – Abfälle und Schrott aus Eisen; Umschmelzen Schrottblöcke und Stahl; 7301 – Spundwände aus Eisen oder Stahl, auch gebohrt, gestanzt oder aus zusammengesetzten oder aus zusammengesetzten Teilen; geschweißte Winkel und Profile aus Eisen oder Stahl;
Wer beabsichtigt, diese Waren zu importieren, hat sich in dem auf EU-Ebene angelegten Registrierungssystem zu registrieren. Ähnlich wie beim EU-EHS sind Importprognosen anzustellen, um rechtzeitig die für die Warenimporte ausreichenden CO2-Zertifikate zu erwerben. In den ersten Jahren, beginnend mit 2023, sollen die Importeure zunächst über ihre klimaschädlichen Wareneinfuhren nur Bericht erstatten. Diese Übergangsphase endet mit Ablauf des Jahres 2025. Beginnend mit 2026 werden die warenspezifischen CO2-Zertifikate dann zu einer wesentlichen Einfuhrvoraussetzung. Während den Grenzzollbehörden der EU-Mitgliedstaaten die Kontrollen der ordnungsgemäßen Wareneinfuhren obliegen, soll die Verwaltung der Zertifikate von denselben Behörden ausgeführt werden, die heute bereits für das EU-EHS verantwortlich sind. In Deutschland fällt diese Zuständigkeit in das Aufgabengebiet des Umweltbundesamts. Einführer in Deutschland sollen dann jährlich die Gesamtmenge der im Vorjahr eingeführten Waren und der ihnen zugeordneten Emissionen an die DEHSt melden und ihre dafür erworbenen Zertifikate zurückgeben.
Auf die betroffenen Unternehmen kommt neben dieser reinen Meldung aber noch weiterer Aufwand zu: Die Informationen darüber, welche Emissionen die Herstellung der Waren in sich birgt, sollen von den Herstellern in den Drittländern beigesteuert werden. Es obliegt dem Importeur, sich diese Informationen zu beschaffen.
Die CBAM-Verordnung sieht allerdings auch Standardwerte von CO2-Emissionen vor, auf die Einführer für ihre Kalkulation zurückgreifen können. Liegen derartige Kalkulationen höher als die tatsächlichen Emissionen, kann im Nachhinein eine Anpassung herbeigeführt werden. In einem Abgleichverfahren kann bei präzisem Nachweis der CO2-Emissionen für die Einfuhrware die Anzahl der erforderlichen CO2-Zertifikate reduziert werden.
Da das CBAM für Einfuhrvorgänge in die EU gilt, sind die deutschen Gebiete Büsingen und die Insel Helgoland davon ausgenommen. Sie gehören nicht zum Zollgebiet der Europäischen Union. Ebenso verhält es sich mit den Gebieten Livigno, Ceuta und Melilla, die zwar dem Staatsgebiet von Italien beziehungsweise Spanien, aber nicht dem EU-Zollgebiet zugeordnet sind.
Unabsehbar sind derzeit noch verschiedene „Feinjustierungen“ rund um diese Thematik. So befasste sich beispielsweise der Europäische Ausschuss der Regionen mit der Anpassung des EHS und des CO2-Grenzausgleichssystems an die Bedürfnisse der Städte und Regionen der EU. In seiner Stellungnahme hierzu forderte er im August dieses Jahres, dass das EU-EHS die aktuell noch praktizierte Begünstigung gefährdeter Sektoren durch kostenfreie Zertifikate ersatzlos streicht. Argumentiert wird damit, dass die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten der Signalwirkung der CO2-Bepreisung zuwiderlaufe.
Die weitere Entwicklung rund um dieses Thema bleibt also spannend. Denn durch Überwachung, Berichterstattung und Überprüfung geprägt, bleiben die Nachhaltigkeitssysteme in stetem Wandel, regelmäßige Anpassungen sind zu erwarten.
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