Aktivitäten des IASB/IFRS IC

Aktivitäten des IASB/IFRS IC

ED/2023/5: vorgeschlagene Änderungen zur Bilanzierung von Finanzinstrumenten mit Eigenkapitalcharakter (IAS 32, IFRS 7, IAS 1)

Der IASB hat am 29.11.2023 mit ED/2023/5 Financial Instruments with Characteristics of Equity Änderungen an IAS 32 vorgeschlagen, die Klarstellungen umfassen, in Bezug auf die Klassifizierung von Finanzinstrumenten als finanzielle Verbindlichkeit oder Eigenkapitalinstrument. Bereits 2018 hatte der IASB im Rahmen seines Projekts „Financial Instruments with Characteristics of Equity“ (FICE) mit DP/2018/1 ein entsprechendes Diskussionspapier veröffentlicht, welches sich mit der Klarstellung von Abgrenzungsfragen von Eigen- und Fremdkapital beschäftigt und grundlegende Neuerungen in Bezug auf die Klassifikation vorsah. Aus den Rückmeldungen der Abschlussadressaten schlussfolgerte der IASB, dass die bisherigen Regelungen in IAS 32 grundsätzlich zu Klassifizierungsergebnissen führen, die entscheidungsnützliche Informationen liefern, so dass der IASB an den geplanten grundlegenden Änderungen in der Folge nicht mehr länger festhielt. 

Dennoch sei eine wachsende Anzahl komplexer Finanzinstrumente auf dem Markt zu beobachten, welche sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalkomponenten aufweisen. Die diesbezüglich erkennbar herausfordernde Anwendung der bestehenden Regelungen in IAS 32 führt in Bezug auf die vorgenommenen Klassifizierungen solcher komplexer Finanzinstrumente gemäß ED zu „diversity in practice“. Die unterschiedliche Auslegung der Prinzipien von IAS 32 führt somit, gemäß IASB, zu einer reduzierten Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Abschlüsse, was es den Abschlussadressaten erschwert, den Effekt solcher Finanzinstrumenten auf den Abschluss des Emittenten zu beurteilen. Aus diesem Grund enthalten die nunmehr veröffentlichten vorgeschlagenen Änderungen keine grundlegenden Änderungen an den Regelungen, sondern der IASB fokussiert sich auf Klarstellungen. 

Die vom IASB vorgeschlagenen Änderungen betreffen im Wesentlichen folgende Themengebiete:

  • Auswirkungen einschlägiger Gesetze und Vorschriften auf die Klassifizierung von Finanzinstrumenten

Der IASB schlägt vor, dass nur vertragliche Rechte und Verpflichtungen, die durch Gesetze oder Vorschriften durchsetzbar sind und zusätzlich zu den durch einschlägige Gesetze und Vorschriften geschaffenen Rechten oder Verpflichtungen bestehen, bei der Klassifizierung von Finanzinstrumenten als finanzielle Verbindlichkeit oder Eigenkapitalinstrument in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen sind. Es soll klargestellt werden, dass nur solche vertraglichen Rechte und Verpflichtungen zu berücksichtigen sind, die durch Gesetze oder Vorschriften durchsetzbar sind.

  • „Fixed for fixed“-Bedingung zur Klassifizierung eines Derivats, das mittels eigener Eigenkapitalinstrumente des Emittenten erfüllt wird oder werden kann

Nach den bestehenden Regelungen des IAS 32 darf ein Derivat vom Emittenten nur durch Austausch eines festen Betrags an flüssigen Mitteln oder anderer finanzieller Vermögenswerte gegen eine feste Anzahl eigener Eigenkapitalinstrumente erfüllt werden, um als Eigenkapitalinstrument klassifiziert werden zu dürfen. Der IASB schlägt vor, dass in Bezug auf eine unter Umständen zulässige Variabilität des ausgetauschten Betrags oder der Anzahl an Eigenkapitalinstrumenten, der Betrag der Gegenleistung auf die funktionale Währung des Unternehmens lauten soll und entweder fest oder allein aufgrund von Anpassungen für die Bestandswahrung oder für den Zeitablauf variabel sein darf.

  • Klassifizierung von Finanzinstrumenten, die für ein Unternehmen die Verpflichtung zum Erwerb eigener Eigenkapitalinstrumente enthalten

Der IASB konkretisiert für derartige Finanzinstrumente, bei denen eine entsprechende finanzielle Verbindlichkeit zum Barwert des Rückkaufbetrags anzusetzen ist, von welchem Eigenkapitalbestandteil der Betrag abzusetzen ist sowie konkretisiert dessen erfolgswirksame Bewertung. Dies betrifft u.a. Termingeschäfte zum Erwerb eigener Anteile und geschriebene Optionen, die den Optionsinhabern das Recht gewähren, den Emittenten zum Rückkauf eigener Anteile zu verpflichten. Weitere Klarstellungen betreffen den Bruttoausweis von geschriebenen Put-Optionen und Termingeschäften über eigene Eigenkapitalinstrumente, die physisch erfüllt werden.

  • Klassifizierung von Finanzinstrumenten, die bedingte Erfüllungsvereinbarungen enthalten

Der IASB stellt klar, dass ein Finanzinstrument, welches bedingte Erfüllungsvereinbarungen enthält, in seiner Gesamtheit als finanzielle Verbindlichkeit zu klassifizieren ist – auch wenn es sich um ein zusammengesetztes Finanzinstrument handelt, welches sowohl Eigen- als auch Fremdkapitalkomponenten enthält. Weiterhin stellt der IASB klar, dass Zahlungen, die im Ermessen des Emittenten liegen, auch dann als Eigenkapital zu klassifizieren sind, wenn die Eigenkapitalkomponente eines solchen zusammengesetzten Finanzinstruments bei Zugang einen Buchwert von Null aufweist. Darüber hinaus wird klargestellt, dass Liquidation auf einen Prozess abstellt, nach dem ein Unternehmen dauerhaft seine Tätigkeit einstellt. Währenddessen wird in Bezug auf die Beurteilung, ob eine Vertragsbedingung unecht (not genuine) ist, klargestellt, dass hierbei nicht nur die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des bedingten Ereignisses relevant ist, sondern die Ausübung von Ermessen auf Basis der spezifischen Tatsachen und Umstände erforderlich erscheint.

  • Auswirkungen von Ermessen der Eigentümer auf die Klassifizierung von Finanzinstrumenten

Das bei der Klassifizierung zu berücksichtigende uneingeschränkte Recht des Unternehmens, sich der Lieferung von flüssigen Mitteln oder anderen finanziellen Vermögenswerten bei Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung entziehen zu können, soll nach den Klarstellungen des IASB, von den Tatsachen und Umständen abhängen, in denen das Ermessen der Eigentümer entsteht. Eine derartige Ausübung soll erforderlich sein, um beurteilen zu können, ob die Entscheidungen der Eigentümer ggf. als Entscheidungen des Unternehmens anzusehen sind. Ein Unternehmen könnte z.B. Vorzugsaktien ausgeben, die eine Zahlung eines Kupons durch das Unternehmen erfordern und die der Zustimmung der Stammaktionäre unterliegen. Der IASB schlägt diesbezüglich mit dem neu eingefügten IAS 32.AG28A (nicht abschließende) Faktoren vor, die bei der Beurteilung Berücksichtigung finden sollen.

  • Umstände, die nach dem erstmaligen Ansatz eines Finanzinstruments zu einer Neuklassifizierung als finanzielle Verbindlichkeit oder Eigenkapitalinstrument führen

Die bestehenden Regelungen in IAS 32 sehen keine konkreten Anforderungen vor, ob und wann ein Finanzinstrument nach seinem erstmaligen Ansatz neu als Eigen- oder Fremdkapital zu klassifizieren ist. Der IASB schlägt daher vor, grundsätzliche Anforderungen in den Standard aufzunehmen, die eine Neuklassifizierung nach dem erstmaligen Ansatz – mit Ausnahmen - nicht gestatten. Als Ausnahme gelten kündbare Instrumente und Instrumente, die das Unternehmen dazu verpflichten, einer anderen Partei im Falle der Liquidation einen proportionalen Anteil an seinem Nettovermögen zu liefern. Als Ausnahme soll auch die Änderung der wirtschaftlichen Substanz der vertraglichen Vereinbarung durch eine Änderung der Umstände außerhalb der vertraglichen Vereinbarung gelten. In diesen Fällen schlägt der IASB vor, das Finanzinstrument prospektiv – von dem Tag an, an dem die Änderung der Umstände eingetreten ist, neu zu klassifizieren. Gemäß des neu eingefügten IAS 32.AG35A führt z.B. die Änderung der funktionalen Währung nach dem erstmaligen Ansatz (als Eigenkapitalinstrument) zu einer Änderung der wirtschaftlichen Substanz, was die Neuklassifizierung in eine finanzielle Verbindlichkeit nach sich ziehen soll.


Der Entwurf umfasst auch Änderungen an den Angabe- und Ausweisvorschriften in IFRS 7 sowie IAS 1. Die Änderungen an IFRS 7 zielen im Wesentlichen darauf ab bestehende Komplexitäten von Finanzinstrumenten, die sowohl Fremd- als auch Eigenkapitalcharakter aufweisen, zu erläutern. Die Änderungen an IAS 1 sehen einen separaten Ausweis von Beträgen, die jeweils den Stammaktionären und den übrigen Inhabern von Eigenkapitalinstrumenten zuzurechnen sind, vor. 

Der Entwurf enthält noch keine Angaben zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorgeschlagenen Änderungen. Der Entwurf sieht grundsätzlich eine retrospektive Anwendung der Änderungen nach IAS 8 vor, schreibt eine Anpassung der Vergleichsinformationen aber nicht vor. Die Kommentierungsfrist endet am 29.03.2024.
 

Agenda Decisions des IFRS IC in Q4/2023

Das IFRS IC hat in seiner Sitzung am 28./29.11.2023 folgende finale Formulierungen einer Agendaentscheidung vorgelegt:

  Fusion von Mutter- und Tochterunternehmen im Einzelabschluss (IAS 27) An das IFRS IC wurde die Frage adressiert, wie ein Unternehmen IAS 27 anwendet um einen Zusammenschluss mit seinem Tochterunternehmen, welches einen Geschäftsbetrieb umfasst, in seinem Einzelabschluss zu bilanzieren. Fraglich war, ob der Zusammenschluss als Unternehmenszusammenschluss nach IFRS 3 zu bilanzieren ist oder ob das Mutterunternehmen die Vermögenswerte und Schulden des Tochterunternehmens mit den bisherigen Buchwerten ansetzen sollte. Das IFRS IC entschied, dass die Erwerbsmethode nach IFRS 3 in derartigen Fällen beim Mutterunternehmen grundsätzlich nicht zur Anwendung kommt.

Die finale Agendaentscheidung stehen unter dem Vorbehalt eines ausbleibenden Vetos seitens des IASB.