Blickpunkt: Bilanzierung von Sale-and-Leaseback-Transaktionen – Änderungen an IFRS 16

Einleitung

Nachdem das IFRS IC eine Anfrage zur Bilanzierung von Leasingverbindlichkeiten aus Sale-and-Leaseback-Transaktionen (nachfolgend: SALB-Transaktionen), die umsatzabhängige Leasingzahlungen zum Gegenstand hatten, erhielt und im Juni 2020 eine finale Agendaentscheidung dazu veröffentlichte, erließ der IASB im Nachgang vorgeschlagene Änderungen an IFRS 16, die im September 2022 finalisiert worden sind.

Hintergrund

Vor Änderung des Regelwerks bestanden keine spezifischen Vorschriften zur Bilanzierung von SALB-Transaktionen. Die Bilanzierung erfolgte auf Grundlage verschiedener Standards und Interpretationen, was zu Inkonsistenzen und Unklarheiten führte. Oftmals wurden die Verkaufserlöse nicht als Verkauf, sondern als Finanzierungstransaktion behandelt, was zu einer verzerrten Darstellung der finanziellen Situation führte. Dadurch konnten Unternehmen die Verbindlichkeiten aus den Rückleasingverträgen off-balance-sheet qualifizieren, was zu einer ungenauen Abbildung der tatsächlichen finanziellen Verpflichtungen führte. Diese Praxis hatte zur Folge, dass Investoren und andere Stakeholder möglicherweise nicht vollständig über die finanziellen Risiken und Verpflichtungen eines Unternehmens informiert wurden.

Bisherige Bilanzierung von SALB-Transaktionen

Die Bilanzierung einer SALB-Transaktion erfordert eine zweistufige Beurteilung, da sie sowohl einen Verkauf als auch eine Leasingvereinbarung umfasst. Die bilanzielle Abbildung als SALB-Transaktion bedingt zunächst einen echten Verkauf und damit den Übergang der Kontrolle über den Vermögenswert gemäß IFRS 15 vom Verkäufer-Leasingnehmer auf den Käufer-Leasinggeber (IFRS 16.99). Ohne einen echten Verkauf würde

der Vorgang beim Verkäufer-Leasingnehmer als Finanzierungstransaktion abzubilden sein, mit der Folge, dass der vermeintlich übertragene Vermögenswert nicht ausgebucht und stattdessen eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe des erhaltenen Entgelts erfasst wird (IFRS 16.103(a)). Sind die Voraussetzungen für einen echten Verkauf erfüllt, ist der Vermögenswert beim Verkäufer-Leasingnehmer auszubuchen und das zurückbehaltene Nutzungsrecht an diesem zu erfassen (IFRS 16.100(a)). Bei einer SALB-Transaktion gemäß IFRS 16 erfolgt zwar eine rechtliche Übertragung des Vermögenswerts, aber der Käufer-Leasinggeber hat ökonomisch betrachtet nur Anspruch auf den verbleibenden Nutzungszeitraum nach Ablauf der Leasingvereinbarung (IFRS 16.BC266 f.). Das Nutzungsrecht des Verkäufer-Leasingnehmers wird als zurückbehaltener relativer Anteil am Buchwert des abgegangenen Vermögenswerts ermittelt. Gewinne oder Verluste aus der SALB-Transaktion sind nur in Bezug auf die an den Käufer-Leasinggeber übertragenen Rechte zu erfassen (IFRS 16.100(a)).

IFRS 16 enthält keine spezifischen Vorgaben zur Bestimmung des Nutzungsrechts der Höhe nach. Daher können abweichend von dem im Staff Paper zur AD veröffentlichten Bsp. auch andere Ermittlungsmethoden herangezogen werden, wie z.B. der erwartete Restwert des Vermögenswerts.

SALB-Transaktionen, die variable nicht index- oder zinssatzabhängige Leasingzahlungen enthalten werfen weitere Problematiken auf. Derartige variable Zahlungen sind gemäß den allgemeinen Regelungen von IFRS 16.27(b) nicht in die (Folge-)Bewertung der Leasingverbindlichkeit einzubeziehen, sondern periodengerecht als Aufwand zu erfassen (IFRS 16.38(b)). Fraglich war daher bisher, wie die Bewertung des Nutzungsrechts und darauf aufbauend die Ermittlung eines Gewinns oder Verlusts aus der SALB-Transaktion durch den Verkäufer-Leasingnehmer zu erfolgen hat. Gemäß IFRS IC ist der wirtschaftliche Nutzen des Vermögenswerts einer SALB-Transaktion in einen zurückbehaltenen Teil und einen übertragenen Teil aufzuteilen. Ohne (quasi-feste) Leasingzahlungen würde durch den Nichteinbezug der variablen Entgelte, das Nutzungsrecht mit einem Wert in Höhe von null EUR bewertet werden, was darauf hindeutet, dass der gesamte wirtschaftliche Nutzen dem Käufer-Leasinggeber zusteht. In

derartigen Fällen, würden weder Nutzungsrecht, noch Leasingverbindlichkeit zum Ansatz kommen, sodass der Gewinn aus der SALB-Transaktion die Differenz aus erhaltenem Entgelt und Buchwert des Vermögenswerts umfasst.

Agenda-Entscheidung des IFRS IC zur Bilanzierung von SALB-Transaktionen mit variablen Leasingzahlungen

Nach Auffassung des IFRS IC sind – entgegen der allgeneinen Regelungen nach IFRS 16.27(b) - alle erwarteten Leasingzahlungen einer SALB-Transaktion dem beizulegenden Zeitwert des Vermögenswerts im Zeitpunkt der Transaktion gegenüberzustellen, um den Bilanzansatz des Nutzungsrechts und darauf aufbauend den Gewinn oder Verlust für die übertragenen Rechte sachgerecht zu ermitteln. Damit sind für die aus der SALB-Transaktion zu erfassende Leasingverbindlichkeit korrespondierend auch umsatzabhängige Leasingzahlungen zu erfassen. Durch Einbezug erwarteter Leasingzahlungen in die Berechnung der Leasingverbindlichkeit, wodurch es überhaupt erst zum Ansatz einer Leasingverbindlichkeit und eines Nutzungsrechts kommen kann, wird ein möglicher Gewinn aus der SALB-Transaktion für den Verkäufer-Leasingnehmer – verglichen mit der bilanziellen Abbildung nach den allgemeinen Regelungen nach IFRS 16.27(b) – reduziert. Das IFRS IC kam zu dem Schluss, dass die bestehenden Regelungen in IFRS 16 zur Beantwortung der eingereichten Frage ausreichend sind, und veröffentlichte, trotz beachtlichen Dissens, im Juni 2020 die finale Agendaentscheidung.

Nicht geklärt hatte das IFRS IC die Folgebewertung von Leasingverbindlichkeiten, die auf SALB-Transaktionen zurückzuführen sind und auf Basis variabler Leasingzahlungen berechnet worden sind. Im Gegensatz zu fixen Leasingzahlungen, können sich bei variablen Leasingzahlungen Abweichungen hinsichtlich der erwarteten und der tatsächlichen Höhe einstellen. Die Effektivzinsmethode basiert auf vorher festgelegten Zahlungsströmen. Wird von diesen festgelegten Zahlungsströmen später abgewichen, führt die Folgebewertung zu keinen sinnvollen Ergebnissen, da z.B. der Buchwert am Ende des Leasingzeitraums mitunter nicht Null ergibt. Nach IFRS 9 wird einer Abweichung von den ursprünglichen Zahlungsströmen bei der Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach der Effektivzinsmethode u.a. mit einer Anpassung der Zahlungen bzw. einer

Neuberechnung des Barwerts der Verbindlichkeit begegnet. Vergleichbare Regelungen finden sich in IFRS 16 nicht.

ED/2020/4 – vorgeschlagene Änderungen an IFRS 16

Der IASB erkannte den Bedarf an einer potenziellen Ergänzung bzw. Klarstellung der Folgebewertung der Leasingverbindlichkeit aus einer SALB-Transaktion (IFRS 16.BC267ZB) und veröffentlichte im November mit ED/2020/4 Lease Liability in a Sale and Leaseback – Proposed Amendments to IFRS 16 vorgeschlagene Änderungen an IFRS 16.

Finalisierung der Änderungen an IFRS 16 in September 2022

Mit Veröffentlichung der finalen Änderungen an IFRS 16 im September 2022, wurde eine Ausnahmeregelung zur Bilanzierung von Leasingverbindlichkeiten, die aus SALB-Transaktionen stammen, in das IFRS 16-Regelwerk aufgenommen. Diese gilt ausschließlich für die Folgebewertung von SALB-Transaktionen und Vereinbarungen, die bisher abweichend von den Regelungen des Amendments bilanziert wurden. Für die Folgebewertung des Nutzungsrechts ergeben sich keine direkten Änderungen.

Die Schaffung einer lex specialis soll nunmehr sicherstellen, dass ein Verkäufer-Leasingnehmer keinen Gewinn oder Verlust aus dem zurückbehaltenen Nutzungsrecht am abgegangenen Vermögenswert erfasst (IFRS 16.102A).

Das Amendment greift auch die Agendaentscheidung auf, sodass von einer impliziten Bekräftigung der Agendaentscheidung des IFRS IC von Juni 2020 ausgegangen werden kann.

Mit dem neu eingefügten IFRS 16.102A kodifiziert der IASB zunächst die Anwendbarkeit der bisherigen Regelungen zur Folgebewertung des Nutzungsrechts gemäß IFRS 16.29-35 und der Leasingverbindlichkeit nach IFRS 16.36-46.

Neu eingefügt wurde die Abkehr von den allgemeinen Bilanzierungsregeln zur Folgebewertung von Leasingverbindlichkeiten in der Weise, dass der Verkäufer-Leasingnehmer geänderte Leasingzahlungen so zu bestimmen hat, dass keine

Gewinne oder Verluste aus dem zurückbehaltenen Nutzungsrecht des abgegangenen Vermögenswerts vereinnahmt werden. Ausgenommen sind Gewinne oder Verluste, die mit der teilweisen oder vollständigen Beendigung des Leasingverhältnisse gemäß IFRS 16.46(a) in Zusammenhang stehen. Abweichungen von den bei Beginn des Leasingverhältnisses geschätzten (variablen) Leasingzahlungen zu den tatsächlichen Zahlungen (z.B. bei umsatzabhängiger Vergütung, aufgrund von Umsatzschwankungen) sind erfolgswirksam in der jeweiligen Periode zu erfassen (neu eingefügtes Example 25, IFRS 16.IE12).

Begründet wurde das neu eingefügte Vorgehen damit, dass der Verkäufer-Leasingnehmer bei Anwendung der allgemeinen Regelungen zur Folgebewertung nach IFRS 16 einen in nicht sachgerechter Höhe vereinnahmten Gewinn an dem durch das Nutzungsrecht zurückbehaltenen Anteil am abgegangenen Vermögenswert beziehen würde. Das Amendment enthält – im Gegensatz zum Exposure Draft - keine Klarstellungen zur methodischen Bestimmung des auf das zurückbehaltene Nutzungsrecht entfallenden Buchwerts des abgegangenen Vermögenswerts. Die Methode zur Bestimmung des Anteils verbleibt damit im Ermessen des Bilanzierenden.

Die Änderungen treten -vorbehaltlich eines EU-Endorsements - ab dem 1. Januar 2024 in Kraft. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig. Die Änderungen sind retrospektiv gemäß IAS 8 anzuwenden. Betroffen ist damit die Folgebewertung aller seit Einführung von IFRS 16 vereinbarten SALB-Transaktionen.

Schlussfolgerung

Im Ergebnis bedeutet die Regelwerksänderung eine Abkehr vom Grundsatz der Nichteinbeziehung variabler Leasingzahlungen, die weder index- noch zinssatzbasiert sind und schafft damit eine weitere Ausnahmeregelung in der Leasingbilanzierung. Die Änderungen erfordern möglicherweise erheblichen Korrekturbedarf in den (Zwischen-)Abschlüssen, insbesondere wenn die einhergehenden Leasingvereinbarungen variable Leasingzahlungen enthalten.

Wir verweisen bzgl. des Themas auch auf einen Beitrag in der IRZ 2022, S. 517 ff.