Aktivitäten auf europäischer Ebene

EFRAG-Stellungnahmeentwurf zu den vorgeschlagenen Änderungen an IFRS 9 und IFRS 7 in Bezug auf Strombezugsverträge aus erneuerbaren Energiequellen

Die EFRAG begrüßt in ihrem Stellungnahmeentwurf grundsätzlich die Bemühungen des IASB in Bezug auf die Anwendbarkeit der Eigenbedarfsausnahme und der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen. Die EFRAG kritisiert aber gleichwohl die eingeschränkte Anwendbarkeit der vorgeschlagenen Änderungen auf Verträge, die mit der Kondition „pay-as-produced“ ausgestaltet sind, während am Markt auch andere Vertragsformen vorzufinden seien. Weiterhin sieht die EFRAG Probleme bei der Anwendung der vorgeschlagenen Kriterien, ob die vertraglich vereinbarte Strommenge mit den Erwartungen des Unternehmens zum Erwerb oder der Nutzung übereinstimmt.

Die EFRAG schlägt vor, die vorgeschlagenen Angabevorschriften nur auf Verträge anzuwenden, die in den Anwendungsbereich des Entwurfs fallen, für die demnach die Eigenbedarfsausnahme gilt. Der Entwurf kann bis 15.07.2024 kommentiert werden.

ESMA veröffentlicht neuen Datensatz aus Enforcement-Datenbank

Gemäß Gründungsverordnung ist es Aufgabe der European Securities and Markets Authority (ESMA) eine effektive und konsistente Anwendung der europäischen Gesetze, in diesem Fall, der EU IFRS, sicherzustellen. Hierfür hat die ESMA die Financial Reporting Working Group (FRWG), ein Forum der europäischen Enforcer aus allen Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gegründet. Diese beraten auf EU-Ebene im Rahmen der sog. European Enforcers' Coordination Sessions (EECS) zur Gewährleistung einer einheitlichen Anwendung der IFRS in Europa. Die Veröffentlichung dient dazu Informationen bereitzustellen, welche Bilanzierung nationale europäische Enforcement-Stellen als im Einklang mit den IFRS stehend erachten. Nach Ansicht der ESMA trägt die Veröffentlichung zu einer einheitlichen Anwendung der IFRS in der EU bei.

Aus der vertraulichen Datenbank der EECS hat die ESMA am 27.05.2024 einen neuen Auszug (Nummer 29) zu insgesamt fünf Durchsetzungsentscheidungen europäischer Enforcement-Stellen veröffentlicht. Enthalten sind die im Folgenden kurz erläuterten und zwischen Dezember 2021 und Dezember 2023 getroffenen Durchsetzungsentscheidungen.
 

IAS 28 – maßgeblicher Einfluss

Das Innehaben einer Kapitalbeteiligung von weniger als 20 % erfordert den eindeutigen Nachweis eines maßgeblichen Einflusses, da die in IAS 28.5 definierte Vermutungsregel nicht einschlägig ist. Das Unternehmen muss somit das Vorliegen eines der Kriterien nach IAS 28.6 nachweisen. Das Kriterium nach IAS 28.6(d) war im zugrunde liegenden Fall nach Auffassung des Enforcers nicht erfüllt, da zwar Führungspersonal vom Investor zum Beteiligungsunternehmen transferiert worden ist, aber keine vertraglichen Beziehungen mehr mit diesen bestanden. Ebenso hatten die vom Beteiligungsunternehmen bereitgestellten Finanzinformationen nicht den Charakter wesentlicher technischer Informationen i.S.v. IAS 28.6(e). Eine Vereinbarung über die Dividendenausschüttungspolitik auf der Hauptversammlung (ohne weiterer Konkretisierungen zu anderen Entscheidungsprozessen) reiche nach Auffassung des Enforcers darüber hinaus nicht aus, um das Kriterium nach IAS 28.6(b) zu erfüllen.

IAS 24 – Angaben über Beziehungen zu nahe stehenden Unternehmen und Personen

Auch wenn zwischen dem berichtenden Unternehmen und einem nahestehenden Unternehmen keine (Dienst-)Leistung erbracht wird, liegen nach Auffassung des Enforcers Transaktionen zwischen nahestehenden Unternehmen nach IAS 24.9 vor, die nach IAS 24.18 anzugeben sind, wenn zwischen diesen eine Übertragung von Ressourcen (im zugrunde liegenden Fall Zahlungsmittel) stattfindet. In dem zugrunde liegenden Fall hat das berichtspflichtige Unternehmen Zahlungen an ein nahestehendes Unternehmen geleistet, welche von dem nahestehenden Unternehmen an ein nicht nahestehendes Unternehmen für dessen Dienstleistungen unverändert weitergeleitet worden sind. Der Enforcer hat auch hierin die Erfüllung einer Verbindlichkeit für Rechnung des Unternehmens durch ein nahestehendes Unternehmen i.S.v. IAS 24.21(j) gesehen. Die Angabepflicht gilt nach Auffassung des Enforcers unabhängig davon, ob das weiterleitende Unternehmen eine Überweisungsgebühr erhalten hat oder nicht.

IAS 34/IAS 36/IFRS 13 – Angaben im Zwischenbericht

Erfasst ein Unternehmen in seinem Zwischenabschluss wesentliche Wertminderungen, so hat es die Angaben nach IAS 36.130(f)(iii) in seinem Zwischenabschluss zu tätigen, wenn sich diesbezüglich wesentliche Einschätzungen des Managements seit dem letzten veröffentlichten Abschluss geändert haben. Der Enforcer bezieht sich bei der Entscheidung auf IAS 34.15C, wonach die im Abschluss des letzten Geschäftsjahres genannten Angaben zu einem Ereignis im Zwischenabschluss zu erläutern und zu aktualisieren sind, wenn dies für das Verständnis der Änderungen, die seit dem letzten Geschäftsjahr bei der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eingetreten sind, von erheblicher Bedeutung ist. In dem zugrunde liegenden Fall hatte das Unternehmen zum vorangegangenen Geschäftsjahresende Wertminderungen nach IAS 36 erfasst und die Level 3-Inputdaten gemäß IFRS 13 hierfür angegeben. Obwohl das Unternehmen im Zwischenabschluss erneute Wertminderungen vorgenommen hatte, erfolgten diese Angaben im Zwischenabschluss nicht. Damit war es den Abschlussadressaten nach Auffassung des Enforcers nicht möglich, die Veränderung der wesentlichen Annahmen des Managements, die zu den weiteren Wertminderungen führten, ausreichend nachvollziehen zu können. Die Wertminderungen machten einen erheblichen Teil des Verlusts vor Steuern aus. 

IFRS 9 – Bemessung von erwarteten Kreditverlusten

Das dem Enforcement unterliegende Unternehmen hatte seine erwarteten Kreditverluste für notleidende unbesicherte Verbraucherkredite nach einer rollierenden 180-Monats-Prognose im Hinblick auf die Einbringlichkeit der Forderungen, die auf eigenen historischen Daten und Ausfallkurven der Branche basierte, berechnet. Weder aktuelle noch prognostizierte makroökonomische Faktoren wie Arbeitslosenquote, Wirtschaftswachstum oder Zinsniveau wurden vom Emittenten als Inputfaktoren für die erwarteten Kreditverluste verwendet, da es nach Ansicht des Unternehmens keine signifikante Korrelation zwischen den erwarteten Kreditverlusten und der makroökonomischen Situation gäbe. Nach Ansicht des Enforcers entspricht eine solche Berechnungsmethode nicht den Anforderungen nach IFRS 9.5.5.17. Nach IFRS 9.5.5.17(c) hat ein Unternehmen für die Bemessung erwarteter Kreditverluste angemessene und belastbare Informationen, die zum Abschlussstichtag ohne unangemessenen Kosten- oder Zeitaufwand, über vergangene Ereignisse, gegenwärtige Bedingungen und Prognosen künftiger wirtschaftlicher Bedingungen verfügbar sind, zu berücksichtigen. Zudem hat dabei mehr als nur ein Szenario zum Tragen zu kommen (IFRS 9.5.5.17(a)).

IFRS 13 – Angaben zum beizulegenden Zeitwert

Nach IFRS 13.92 hat ein Unternehmen, um den Anforderungen von IFRS 13.91 gerecht zu werden, u.a. den notwendigen Detaillierungsgrad, den Umfang einer vorzunehmenden Aggregation oder Disaggregation und die Notwendigkeit zusätzlicher Angaben zu berücksichtigen, damit die offengelegten quantitativen Informationen angemessen ausgewertet werden können. Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Immobilienunternehmen Angaben zu Mietrenditen getätigt, deren Höhe in den einzelnen angegebenen Asset-Klassen zwischen 200 und 550 Basispunkten variierte. Der vom Unternehmen gewählte Detaillierungsgrad der Angaben bzw. die Bestimmung der Asset-Klassen war insbesondere vor diesem Hintergrund nach der Auffassung des Enforcers nicht angemessen in Bezug auf die Anforderungen nach IFRS 13.91. 


Darüber hinaus wurden erstmals auch drei Entscheidungen zu den Leitlinien der ESMA zu Alternativen Leistungskennzahlen (ESMA Guidelines on Alternative Performance Measures (APMs)) veröffentlicht. Die Entscheidungen betreffen den Anwendungsbereich der ESMA Guidelines, die Berechnung des Return on Capital Employed (ROCE) und die Definition einer APM.

Die von den europäischen Durchsetzungsbehörden getroffenen Entscheidungen stellen keine anwendbaren Interpretationen der IFRS dar; dies bleibt die Aufgabe des IFRS Interpretations Committee (IFRS IC). Die Veröffentlichung ausgewählter Enforcement-Entscheidungen informiert die Marktteilnehmer darüber, welche Bilanzierungsmethoden die europäischen Enforcer als IFRS-konform ansehen, d.h. ob die betrachteten Methoden innerhalb des akzeptierten Bereichs der nach IFRS zulässigen Methoden liegen. Den vollständigen Bericht in englischer Sprache finden Sie hier.

EFRAG veröffentlicht Bericht über Konnektivität

Die EFRAG hat am 28.06.2024 einen Bericht mit dem Titel „Connectivity considerations and boundaries of different Annual Report sections“ veröffentlicht. In dem Bericht werden die konzeptionellen Grundlagen, Kategorien und Vorteile der Konnektivität zwischen Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung dargelegt. Der Bericht soll die Weiterentwicklung der Unternehmensberichterstattung fördern. So enthält dieser Vorschläge wie die Konnektivität zwischen der Finanz- und der Nachhaltigkeitsberichterstattung verbessert werden kann und die Erwartungslücke in Bezug auf Informationen, die in den verschiedenen Abschnitten des Geschäftsberichtes enthalten sind, verringert werden kann.

 

Dazu gehört u.a. die Verbesserung der Leitlinien für die Lageberichterstattung, um zu verdeutlichen, wann Informationen im Lagebericht und wann im Abschluss enthalten sein sollten aber auch die Entwicklung eines konzeptionellen Rahmens für die Nachhaltigkeitsberichterstattung. Ein solcher könnte dazu beitragen, die Auslöser für die Erfassung von Nachhaltigkeitsinformationen in den Jahresabschlüssen zu identifizieren. Der Bericht analysiert auch die Berichtsgrenzen zwischen den verschiedenen Abschnitten des Geschäftsberichts (d.h. welche Informationen in den verschiedenen Abschnitten des Geschäftsberichts enthalten oder ausgeschlossen sind) und zwar in einer Weise, die Aufschluss darüber geben kann, welche Informationen miteinander verbunden werden können und welche nicht. Weiterhin weist der Bericht auf mehrere Grauzonen bei der Platzierung von Informationen im Geschäftsbericht hin, die zu einer fehlenden oder doppelten Informationsbereitstellung führen können. Eine Kurzfassung des Berichts finden Sie hier.