Aktivitäten des IASB/IFRS IC

Im Juni 2020 erhielt das IFRS IC eine Anfrage zur Bilanzierung von Leasingverbindlichkeiten aus Sale-and-leaseback-Transaktionen, die auf variablen Leasingzahlungen basieren, die weder von einem Index noch von einem Zinssatz abhängen. Im November 2020 hatte der IASB mit ED/2020/4 daraufhin einen Entwurf mit Änderungsvorschlägen zur Klarstellung an IFRS 16 veröffentlicht. Am 22.09.2022 wurde nunmehr das finale Amendment Lease Liability in a Sale and Leaseback vom IASB veröffentlicht. Mit den Änderungen erfolgen Klarstellungen, wie ein Leasing vom Verkäufer/Leasingnehmer im Rahmen einer Sale-and- leaseback-Transaktion, die als Verkauf gem. IFRS 15 bilanziert wird, in der Folgebewertung abzubilden ist. Das Amendment umfasst die folgenden Änderungen:

  • Beim erstmaligen Ansatz bezieht der Verkäufer/Leasingnehmer auch (erwartete) variable Leasingzahlungen (z.B. umsatzabhängige Mieten) in die Berechnung der Leasingverbindlichkeit aus einer Sale-and-leaseback-Transaktion mit ein.

  • Nach erstmaligem Ansatz wendet der Verkäufer/Leasingnehmer die grundsätzlichen Regelungen für die Folgebewertung von Leasingverbindlichkeit an, so dass er in Bezug auf das zurückerhaltene Nutzungsrecht keine Gewinne oder Verluste erfasst. Abweichungen zwischen den angesetzten erwarteten Leasingzahlungen und den tatsächlichen Zahlungen sind ergebniswirksam zu erfassen.

  • Für die erstmalige Erfassung des Nutzungsrechts sowie der Bestimmung des Gewinns- oder Verlusts aus der Sale-and- leaseback-Transaktion gilt IFRS 16.100(a). Das zurückerhaltene Nutzungsrecht wird in Relation des ­Barwerts der Leasingzahlungen zum Verkehrswert des Leasingobjekts und auf den ursprünglichen Buchwert des Leasingobjekts bezogen, berechnet. Die Folgebewertung des Nutzungsrechts erfolgt nach den allg. in IFRS 16.29-.35 enthaltenen Vorgaben.

Die Anwendung des neu eingefügten IFRS 16.102A hindert den Verkäufer/Leasingnehmer jedoch nicht daran, Gewinne oder Verluste im Zusammenhang mit der teilweisen oder vollständigen Beendigung eines Leasingverhältnisses gemäß IFRS 16.46(a) erfolgswirksam zu erfassen.

Die Änderungen umfassen auch ein geändertes (IFRS 16.IE24) und ein neues erläuterndes Beispiel (IFRS 16.IE25). Die Änderungen sind (vorbehaltlich EU-Endorsement) für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 01.01.2024 beginnen. Eine frühere Anwendung ist zulässig. Die Erstanwendung erfolgt retrospektiv gem. IAS 8.

Weitere Informationen finden Sie hier.

ED/2022/1 Änderungsentwurf an den IFRS für KMU veröffentlicht

Der IASB hat am 08.09.2022 den ED/2022/1 veröffentlicht. Nach Veröffentlichung eines Request for Information (RfI) zum aktuellen Standard „IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen“ (IFRS für KMU) wurden nunmehr die sich aus den Rückmeldungen ergebenden vorgeschlagenen Anpassungen publiziert. Die Änderungen umfassen Anpassungen des bestehenden Standards an zwischenzeitlich veröffentlichte neue oder geänderte Regelungen der sog. „full IFRS“, wie IFRS 9, IFRS 10, IFRS 11, IFRS 13, IFRS 15 oder IFRS 3. Die Änderungsvorschläge beinhalten ebenso eine Aktualisierung der Grundsätze des Standards, um sie an das 2018 veröffentlichte Rahmenkonzept anzupassen. Ausgeklammert wurden Angleichungen an IFRS 14 Regulatory Deferral Accounts (Finalisierung des Gesamtprojekts wird abgewartet), IFRS 16 Leases (cost-benefit für KMU unverhältnismäßig) sowie die Bilanzierung von Kryptowährungen (keine Relevanz für KMU).

Die praktische Bedeutung der IFRS für KMU in Deutschland ist gering. Sie wurden vom deutschen Gesetzgeber bislang nicht übernommen und können damit (bislang) nur freiwillig, ohne befreiende Wirkung von gesetzlichen Rechnungslegungspflichten, zur Anwendung gelangen. Die Kommentierungsfrist endet am 07.03.2023. Weitere Informationen finden Sie hier.

Agenda Decisions des IFRS IC in Q3/2022

Norm

Thema

Monat der Sitzung

IFRS 17/

IAS 21

Multi-currency groups of Insurance Contracts

September

IFRS 9

Special Purpose Acquisition Companies (SPAC):

Accounting for Warrants at

Acquisition

September

IFRS 16/

IFRS 9

Lessor Forgiveness of Lease Payments

 

September

Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hat in seiner Sitzung am 13. September 2022 zu folgenden Themen eine finale Formulierung einer Agendaentscheidung vorgelegt:

  • Multi-currency groups of Insurance Contracts  (IFRS 17 and IAS 21) – Fraglich war, ob bei Vorliegen von Verträgen, bei denen die vertraglichen Zahlungsströme in mehreren Fremdwährungen erfolgen, das Währungsrisiko bei der nach IFRS 17 gebotenen Aggregation von Verträgen als similar risk berücksichtigt werden darf oder muss sowie, in welcher Nennwährung ein solcher Mehrwährungsbetrag bilanziert und in welcher Währung der Buchwert einschließlich zu verteilender Vertragsmarge je Gruppe erfasst und umgerechnet werden muss. Das IFRS IC schlussfolgerte unter Berufung auf IFRS 17.14, dass similar risks sowohl nicht finanzielle als auch finanzielle Risiken, so auch Währungsrisiken, einschließen können. IFRS 17.30 bestimmt, dass eine Gruppe von Versicherungsverträgen, einschließlich der zu verteilenden Vertragsmarge, als monetärer Gegenstand gilt. IFRS 17 schreibt keine Methode vor, wie die relevante Fremdwährung zu bestimmen ist, so dass das IFRS IC hierzu zwei mögliche Varianten auflistet. Besteht eine dominierende Währung, wird diese für die Buchwertberechnung zugrunde gelegt. Im Anschluss erfolgt die Umrechnung in die funktionale Währung. Besteht keine dominierende Währung, wird die Gesamtheit der Cashflows einer Vertragsgruppe in mehrere Währungen separiert. Die Umrechnung erfolgt dann für jedes währungsspezifische Teilportfolio separat.
     
  • Special Purpose Acquisition Companies (SPAC): Accounting for Warrants at Acquisition (IFRS 9) - Fraglich war, wie von einer Special Purpose Acquisition Company (SPAC) ausgegebene (neue) Schuldscheine bilanziell zu erfassen bzw. auszuweisen sind. Sowohl die Aktionäre, die von Beginn an investiert sind als auch die Aktionäre, die beim Börsengang hinzukommen, sind bei der Eingabe an das IFRS IC Inhaber von Schuldscheinen (warrants). Im Nachgang erwirbt eine nicht börsennotierte Gesellschaft (NewCo) sämtliche Anteile an der SPAC, indem alle Aktionäre ihre Anteile an der SPAC gegen Anteile an der NewCo tauschen. Die NewCo gibt neue Schuldscheine aus und zieht die von der SPAC emittierten ein. Das IFRS IC kam zu dem Ergebnis, dass zu unterscheiden ist, inwieweit die alten Schuldscheine im Rahmen der Akquisition übernommen werden oder nicht. Erfolgt eine Übernahme der alten Schuldscheine, existieren diese vorerst weiter und werden später nach IAS 32 und IFRS 9 getilgt. Die neuen Aktien sind teils nach IFRS 2 (Börsennotiz) und teils nach IAS 32 (Erwerb des Geldvermögens) zu bilanzieren. Erfolgt keine Übernahme der alten Schuldscheine, gehen diese im Zuge der Transaktion unter. Beide neu emittierten Instrumente (die neuen Schuldscheine und neuen Aktien) dienen teils dem Erhalt des Geldvermögens und teils dem Erhalt der Börsennotiz, so dass beide jeweils anteilig nach IAS 32 und IFRS 2 zu bilanzieren sind. Im Ergebnis hält das IFRS IC fest, dass die einschlägigen Vorschriften in IFRS 2, IFRS 3 und IAS 32 hinreichend klar sind, um Schlussfolgerungen und Antworten auf obige Frage ableiten zu können.
     
  • Lessor Forgiveness of Lease Payments (IFRS 9 and IFRS 16) – Fraglich war die Anwendbarkeit der Vorschriften von IFRS 16 und IFRS 9 im Falle eines Leasingvertrags, bei dem der Leasinggeber freiwillig auf drei bereits überfällige sowie zwei zukünftige monatliche Leasingzahlungen verzichtet hat. Darüber hinaus erfolgten keine sonstigen Änderungen des Leasingvertrags und es kamen auch keine der in IFRS 16 bestehenden Erleichterungsvorschriften zur Anwendung. Das IFRS IC kam zu dem Schluss, dass der Leasinggeber sowohl die Ausbuchungsregelungen in IFRS 9 (in Bezug auf die drei überfälligen Raten) als auch die Modifikationsvorschriften nach IFRS 16 (in Bezug auf die zwei künftigen Raten) anzuwenden hat.

Die finalen Agendaentscheidungen stehen unter dem Vorbehalt eines ausbleibenden Vetos seitens des IASB.

Die in der Juni-Sitzung des IFRS IC finalisierte Agenda Decision zu „Cash received via electronic transfer as settlement for a Financial Asset (IFRS 9)” wurde dem IASB in dessen nachfolgender Sitzung zur Abstimmung vorgelegt. Der IASB hat gegen eine Veröffentlichung der Agenda Decision gestimmt. Nach Durchsicht der zahlreichen Kommentierungen soll zunächst eine eng gefasste Änderung bzw. Ergänzung des Regelwerks eruiert werden. Die Agenda Decision gilt damit als nicht finalisiert und demnach nicht verbindlich in ihrer Anwendung. Wir verweisen bzgl. des Themas cash in transit auch auf einen Beitrag in der PiR 10/2022, S. 292.