EU-Kommission arbeitet an neuem Standard für Nachhaltigkeitsberichterstattung

Diese Pflicht wird wohl schon bald auf weit mehr Unternehmen betreffen.

Dies lässt sich aus den legislativen Vorschlägen, welche die EU-Kommission im Zuge des Green Deals am 21. April 2021 zur Änderung der CSR-Richtlinie (Corporate Sustainability Reporting Directive) veröffentlichte, ableiten. Der EU-Kommission zufolge soll der Anwendungsbereich der bestehenden Berichtspflichten der NFRD auf alle großen Unternehmen und alle an einem regulierten Markt in der EU gelisteten Unternehmen (davon ausgenommen: Kleinstunternehmen) ausgeweitet werden. Zudem soll das Größenkriterium der Arbeitnehmerzahl von 500 auf 250 abgesenkt werden. Schätzungen zufolge wird damit die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen etwa um das fünf- bis zehnfache zunehmen.

Darüber hinaus arbeitet die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) aktuell im Auftrag der EU-Kommission Angaben aus, die zukünftig im Lagebericht publiziert und extern geprüft werden sollen. Diesbezüglich lassen sich erste Eindrücke aus dem im März 2021 veröffentlichten EFRAG-Report („Proposals for a relevant and dynamic EU sustainability reporting standard setting“) gewinnen. Darin macht die EFRAG 54 Vorschläge zur inhaltlich-konzeptionellen Ausgestaltung der künftigen Berichtspflichten.

Die wichtigsten von ihnen kurz und übersichtlich zusammengefasst:

Einheitliche Bezeichnung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Berichte über soziales und ökologisches Wirken sollen eine einheitliche Bezeichnung erhalten. Künftig sollen derartige Informationen unter dem Titel „Sustainability Statement“ (zu deutsch voraussichtlich: Nachhaltigkeitserklärung) veröffentlicht werden.

Lösung der „double materiality“-Problematik

Der Begriff der doppelten Materialität wird häufig falsch interpretiert, was dazu führt, dass sich Unternehmen nur dann dazu angehalten sehen, über umweltschädigende Aktivitäten zu berichten, wenn diese sich auf den Geschäftserfolg des jeweiligen Unternehmens auswirken könnte. EFRAG konkretisiert ein dynamisches Konzept, dass diesen Interpretationsspielraum beseitigen soll. Künftig sollen Unternehmen dazu verpflichtet sein, über umweltschädigendes Verhalten zu informieren, sobald sich dieses auf Gesellschaft und Klima auswirken kann.

Drei Stufen der Nachhaltigkeitserklärung

Die Nachhaltigkeitserklärung soll umfassend und zugleich angemessen und verständlich sein. Dazu sollen Folgen des wirtschaftlichen Handelns auf drei Ebenen dargestellt werden: sektoragnostisch, sektorspezifisch, unternehmensspezifisch. Dabei wird wohl nahezu jedes Unternehmen eine sektoragnostische Darstellung vornehmen müssen, weil sich die überwiegende Mehrheit der Geschäftsmodelle auf das Klima auswirken und somit sektorenübergreifende Konsequenzen haben können.

Erweiterung des ESG-Begriffs

Die Definition der ökologischen und sozialen Unternehmensführung (ESG) soll um G+ erweitert werden. Künftig soll der Governance-Begriff neben der Unternehmensführung folgende Bestandteile aufweisen:

  • Business & Ethik
  • Management der Stakeholderbeziehungen
  • Organisation und Innovation
  • Reputation und Markenmanagement

Informationen sollen konnektiv und zugänglich sein

Aus Sicht der EFRAG sollen Leistungen nicht mehr nur aus finanzieller oder nachhaltiger Sicht, sondern im Zusammenhang betrachtet werden. Dies soll einen ganzheitlicheren Managementansatz befördern. Zudem sollen Informationen besser zugänglich sein. Das Ziel ist es, finanzielle und nichtfinanzielle Informationen gleichzustellen. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung rückt damit rückt auf Augenhöhe mit der Finanzberichterstattung.

Ziel: Bessere und vergleichbare Daten mit Zukunftsbezug

Weil Kennzahlen und deren Definitionen schwer bislang vergleichbar und qualitativ ausbaufähig sind, haben veröffentlichten Daten zum Thema Nachhaltigkeit aktuell nur begrenzte Relevanz. Geplant sind daher einheitliche Definitionen sowie externe Überprüfungen dieser Daten.

Harmonisierung der zahlreichen Standards

EFRAG arbeitet an der Harmonisierung der vielen Nachhaltigkeitsstandards. Ein Nebeneinander von TCFD, GRI, SASB, WBCSD, CDSB und Accountability soll es nach Möglichkeit nicht mehr geben. Dieser Ansatz ist nicht unrealistisch, da Vertreter dieser Standards an den EFRAG-Vorschlägen mitgewirkt haben. Ein Fragezeichen sind in diesem Kontext allerdings die nichtfinanziellen Bestrebungen der IFRS-Foundation.

Zeitnahe Umsetzung geplant

Ein erster Entwurf, der auf den Vorschlägen des EFRAG aufbaut, soll bis Mitte 2022 vorliegen. Im Herbst 2022 sollen sektoragnostische delegierte Rechtsakte folgen - im Jahr darauf dann sektorspezifische. Ab dem Geschäftsjahr 2023 soll auf dieser Basis berichtet werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf der Website der EU-Kommission.