Am 16. Dezember 2022 hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 und somit einer erneuten Verlängerung des Übergangszeitraums des § 2b UStG zugestimmt. Somit wurde der späteste Umstellungszeitpunkt nochmal vom 01. Januar 2023 auf den 01. Januar 2025 verlegt. Bemerkenswert an dieser erneuten Verlängerung ist neben der Tatsache der Verlängerung als solche insbesondere der Zeitpunkt unmittelbar vor Ablauf der alten Übergangsfrist. Für die betroffenen KöR stellt sich nun die Frage, ob man trotz der neuen Regelung mit der Anwendung des § 2b UStG startet oder die Pläne bis 2025 verschoben werden und man somit bei der Anwendung des alten Rechts zunächst verbleiben sollte.
Als das Steueränderungsgesetz 2015 mit Wirkung zum 01.01.2016 in Kraft trat, diente es einer Anpassung des deutschen Umsatzsteuerrechts an das Unionsrecht. Ursprünglich wurde den juristischen Personen öffentlichen Rechts eine Frist bis zum 01.01.2021 gesetzt. Aufgrund der COVID-19-Pandemie verlängerte der Gesetzgeber die Frist des Übergangszeitraums im Rahmen des Corona-Steuerhilfegesetzes bis zum 01.01.2023. Begründet durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise gilt die aktuelle Übergangsfrist mit dem Beschluss des Jahressteuergesetzes 2022 nun bis zum 01.01.2025.
Grundsätzlich bestimmt sich mit der Einführung des StÄndG 2015 die Unternehmereigenschaft, auch von KöR, nach § 2 Abs. 1 UStG. Danach ist eine jPdöR grundsätzlich als Unternehmerin anzusehen, wenn sie selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit mit Einnahmeerzielungsabsicht ausübt. Ausnahmen zur Unternehmereigenschaft einer jPdöR enthält lediglich der neue § 2b UStG. Eine jPdöR handelt danach nicht als Unternehmerin, soweit sie Tätigkeiten ausübt, die ihr im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, § 2b Abs. 1 S. 1 UStG. Dies wird vom Gesetzgeber aber dahingehend eingeschränkt, dass die Behandlung einer jPdöR als Nichtunternehmer nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen darf, § 2b Abs. 1 S. 2 UStG. Erbringt die jPdöR Leistungen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, führt dies zu einer Unternehmereigenschaft, sofern Wettbewerbsverzerrungen vorliegen und der Umsatz 17.500 Euro nicht übersteigt. Handelt die jPdöR auf privatrechtlicher Grundlage, ist sie - ohne die Einschränkung durch eine Bagatellgrenze - als Unternehmerin einzustufen.
Als wesentliche Folge hatte die Umstellung der Besteuerung der jPdöR einen bedeutenden Zuwachs der umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalte und der damit einhergehenden ungeklärten Problematiken. Die erneute Verlängerung der Übergangsfrist soll offenbar dem BMF sowie den Landesfinanzbehörden die Zeit geben, offene Fragen zu klären. Zudem kann und sollte die öffentliche Hand die zusätzlichen zwei Jahre nutzen, um verwaltungsinterne Strukturen an die neuen steuerlichen Herausforderungen weiter anzupassen. JPdöR, die sich bereits in einem fortgeschrittenen Umstellungsprozess befanden, bietet die Verlängerung die Möglichkeit eines Probebetriebes, um etwaige Problemstellen zu identifizieren und eine saubere Umstellung zu sichern. Dies kann u. a. durch die Implementierung eines steuerlichen Kontrollsystems (TCMS) erfolgen. Dies dient sowohl der Aufdeckung, Eindämmung und Beherrschung von steuerlichen Risiken als auch der Einhaltung von Steuergesetzen und der Erfüllung von steuergesetzlichen Pflichten. Generell bietet die Fristverlängerung die Möglichkeit, eine vollständige Analyse der bestehenden Verwaltungsabläufe vorzunehmen und gegebenenfalls das Personal durch weitere Schulungen auf die geänderten steuerlichen Rahmenbedingungen vorzubereiten.
Neben den umsatzsteuerlich relevanten Ausgangsleistungen und den Verwaltungsabläufen ergibt sich durch die Anwendung der Regelungen des StÄndG 2015 auch eine erweiterte Möglichkeit des Vorsteuerabzugs, welche ermittelt und geregelt werden sollte.
Erbringt die juristische Person des öffentlichen Rechts durch ihr Tätigwerden zukünftig steuerbare und steuerpflichtige Umsätze, kommt für damit im Zusammenhang bezogene Eingangsleistungen ein Vorsteuerabzug in Betracht. Insbesondere im Bereich der Vermietung und Verpachtung ergeben sich bei privatrechtlichen Leistungsbeziehungen die Möglichkeiten zur Steuergestaltung nach § 4 Nr. 12 S. 1 lit.a UStG i. V. m. § 9 UStG in Form der freiwilligen steuerpflichtigen Vermietung. Unter Anwendung der alten Rechtslage (§ 2 Abs. 3 UStG a. F.) waren diese Leistungen nicht umsatzsteuerbar- oder -pflichtig, was die Möglichkeit eines Vorsteuerabzugs verhindert. Im Ergebnis bedarf es hier somit einer Einzelfallprüfung, um die Chancen des Vorsteuerabzugs für sich zu erkennen. Auch insoweit bietet die weitere Verlängerung die Möglichkeit, sich ordnungsgemäß aufzustellen.
Zu beachten ist allerdings, dass die Körperschaften des öffentlichen Rechts, die die verlängerte Übergangsfrist nutzen und nicht bereits zum 01.01.2023 in das neue Umsatzsteuerrecht eintreten, etwaige, bereits getroffene Umstellungsmaßnahmen wieder zurückdrehen müssen. Dies kann im Einzelfall einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, insbesondere wenn man beachtet, dass die erforderlichen Umstellungsmaßnahmen bis 2025 erneut getätigt werden müssen.
In vielen Fällen wird allerdings der zeitliche Vorteil zur Optimierung von verwaltungsinternen Strukturen zur Implementierung eines Kontrollsystems die Nachteile überwiegen. Zudem darf zumindest gehofft werden, dass einige von den bestehenden rechtlichen Auslegungsproblematiken bis Ende 2024 gelöst werden.
Kommunen, die mit dem Umstellungsprozess schon fertig oder weit vorangeschritten sind, sehen sich allerdings bei einer neuerlichen Verschiebung mit einem nicht unerheblichen Mehraufwand konfrontiert. Diesbezüglich bedarf es einer schnellen Einzelfallprüfung der jPdöR, ob die Inanspruchnahme der Verlängerung sinnvoll oder nachteilig ist. Insbesondere auch im Hinblick auf die erweiterten Möglichkeiten des Vorsteuerabzugs sollten die jPdöR die Möglichkeit in Betracht ziehen, schon ab dem 01. Januar 2023 in das neue Umsatzsteuerrecht zu gehen.
In diesen Fällen besteht zeitnaher Handlungsbedarf der jPdöR. Um die neue Rechtslage anzuwenden, muss der Übergang gezielt von der jPdöR herbeigeführt werden. JPdöR, die die Optionserklärung abgegeben haben, führen automatisch bis zum Ablauf der Übergangsregelung am 01. Januar 2025 die alte Rechtslage fort. Möchte die jPdöR ab dem 01. Januar 2023 § 2b UStG anwenden, muss die Optionserklärung aktiv widerrufen werden.
Unabhängig davon, wie sich die KöR im Einzelfall entscheiden, besteht für alle Beteiligten nun weiterer Handlungsbedarf. Von einem Aufschieben oder Verdrängen der Thematik bis zum Ende des Jahres 2024 kann in allen Fällen nur dringend abgeraten werden.
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