Am 14. Dezember 2022 wurde das Gesetz „Zweites Gesetz zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften“ veröffentlicht und ist ab dem 15. Dezember 2022 in Kraft getreten. Geändert wurde unter anderem das Kommunalabgabengesetz (KAG). Auf diese Änderungen soll im Folgenden eingegangen werden.
In der 2. Lesung am 7. Dezember 2022 hat der Landtag NRW die Änderung des § 6 (2) KAG NRW endgültig beschlossen. Die Änderungen basieren auf dem Änderungsantrag von CDU und Grünen vom 6. Dezember 2022 (Drucksache 19/1974). Damit wurde der Änderungsantrag der FDP vom 6. Dezember 2022 (Drucksache 18/2018) verworfen. Ab dem 15. Dezember 2022 bildet die in Kraft getretene Änderung des KAG NRW die sichere Grundlage für eine örtliche Beschlussfassung über eine Gebührensatzung.
Die Gesetzesänderung des KAG NRW ist als direkte Reaktion auf das OVG-Urteil vom 17. Mai 2022 (9 A 1019/20) zu bewerten. Die ersten Reaktionen auf das OVG-Urteil gingen davon aus, dass Kommunen künftig keine kalkulatorische Verzinsung mehr ansetzen können, wenn zugleich die Abschreibung auf Basis von Wiederbeschaffungszeitwerten vorgenommen wird, weil bei der nominellen Zinssatzermittlung die allgemeinen Preissteigerungsraten herausgerechnet werden müssten. Der Nominalzins beinhalte bereits die allgemeinen Preissteigerungsraten, sodass es zusammen mit den güterspezifischen Preissteigerungsraten bei den Abschreibungen auf Wiederbeschaffungszeitwerte zu einem doppelten Inflationsausgleich käme. Weiterhin sieht das OVG-Urteil bei der Ermittlung des Zinssatzes eine Durchschnittsbildung von maximal 10 Jahren vor. Für 2023 ergibt sich daher ein Zinssatz von 0,46 % vor Abzug der allgemeinen Preissteigerungsraten.
Auf der Grundlage des geänderten § 6 (2) KAG NRW gilt für die kalkulatorische Abschreibung und kalkulatorische Verzinsung Folgendes:
Kalkulatorischen Abschreibung: Bei dem Ansatz von Abschreibungen nach dem Anschaffungs-/Herstellungswert oder Wiederbeschaffungszeitwert besteht ein Wahlrecht (§ 6 (2) S. 2 Nr. 1 KAG NRW). Dieses Wahlrecht hatte das OVG NRW in dem Urteil vom 17. Mai 2022 ebenfalls vorgesehen, es wurde allerdings nun gesetzlich fixiert.
Kalkulatorische Verzinsung: Bei der Ermittlung der kalkulatorischen Verzinsung besteht ein Wahlrecht (§ 6 (2) S. 2 Nr. 2 KAG NRW). Es können separate Zinssätze für Eigen- und Fremdkapital angesetzt werden oder es wird ein einheitlicher Zinssatz ermittelt.
- Der einheitliche Zinssatz für Eigen- und Fremdkapital ermittelt sich anhand des 30-jährigen Durchschnitts der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten. Nach dem Gesetzeswortlaut handelt es sich um einen Nominalzinssatz. Aus diesem Grund ist es auch bei dem gleichzeitigen Ansatz von Abschreibungen auf Wiederbeschaffungszeitwerte zulässig, keinen Abzug der allgemeinen Preissteigerungsraten vorzunehmen. Das Gesetz enthält keine explizite Auflösung eines doppelten Inflationsausgleichs.
- Die getrennten Zinssätze für Eigen- und Fremdkapital ermitteln sich wie folgt:
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Bei der Ermittlung des Fremdkapitalzinssatzes ist für den Anteil des in der Einrichtung gebundenen Fremdkapitals der durchschnittliche Fremdkapitalzins heranzuziehen. Der durchschnittliche Fremdkapitalzinssatz kann, entsprechend den Ausführungen zum OVG-Urteil vom 17. Mai 2022, anhand der Zinssätze aller Investitionskredite der Kommune zu einem bestimmten Stichtag ermittelt werden. Es ist darauf zu achten, dass die Kreditzins-sätze nach den jeweiligen Kreditsummen gewichtet in die Durchschnittszinssatzermittlung eingerechnet werden. Dieser Durchschnittszinssatz ist auch bei Abschreibung nach Wiederbeschaffungszeitwerten ohne Abzug der allgemeinen Preissteigerungsraten zulässig. Dies begründet sich damit, dass im Gesetz ein Abzug der allgemeinen Preissteigerungsraten nicht vorgegeben wird, denn auch bei dem Fremdkapitalzinssatz ist auf den Nominalzinssatz abzustellen.
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Bei der Ermittlung des Eigenkapitalzinssatzes ist für den Anteil des in der Einrichtung gebundenen Eigenkapitals der Ansatz des Nominalzinssatzes zulässig. Dieser ergibt sich aus dem 30-jährigen Durchschnitt der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten. Aufgrund des Gesetzeswortlautes, wonach es sich um einen Nominalzinssatz handelt, ist hier auch kein Abzug der allgemeinen Preissteigerungsraten vorzunehmen.
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Der 30-jährige Durchschnittszinssatz der Emissionsrenditen für festverzinsliche Wertpapiere inländischer öffentlicher Emittenten beträgt für das Jahr 2023 3,25 %. Sollten Kommunen feststellen, dass ihre Kreditzinsen für die Investitionskredite höher sind, können sie diesem Umstand damit Rechnung tragen, dass sie getrennte Zins-sätze für Eigen- und Fremdkapital ermitteln.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich das OVG-Urteil vom 17. Mai 2022 nicht in dem Maße auf die Gebührenkalkulation der Kommunen ausgewirkt hat, wie anfangs befürchtet. Im Ergebnis hat sich der Betrachtungszeitraum für die Ermittlung des Durchschnittszinssatzes von 50 auf 30 Jahre reduziert. Abschließend ist positiv zu erwähnen, dass das Land NRW nun durch die Gesetzesänderungen den Kommunen eine sicherere Grundlage für die Gebührenkalkulationen geschaffen hat.
An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass Satzungsänderungen auf Basis des Gesetzentwurfs zum geänderten KAG NRW, die vor dem 15. Dezember 2022 beschlossen wurden, ihre Gebührenkalkulation auf Grundlage eines nicht rechtskräftigen Gesetzentwurfs vorgenommen haben. Es entsteht somit nicht zwangsläufig eine Rechtssicherheit durch das nachträgliche Inkrafttreten des geänderten KAG NRW.
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