IASB veröffentlicht Änderungen an IAS 1

Aktueller Anlass

Der IASB hat im Zuge der Diskussionen um die Klassifikation von Verbindlichkeiten mit Kreditbedingungen (covenants) als lang- oder kurzfristig im Oktober 2022 Änderungen an IAS 1 veröffentlicht („Langfristige Schulden mit Kreditbedingungen - Änderungen an IAS 1“). Durch die Änderungen wird der bestehenden Kritik an vormaligen Änderungen an IAS 1 aus dem Januar 2020 Rechnung getragen. Ein vereinbarter covenant als Bestandteil einer finanziellen Verbindlichkeit ist am Abschlussstichtag nicht mehr klassifikationsrelevant, wenn compliance erst innerhalb von 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag erwartet wird.

Zielsetzung der Änderungen

Der IASB hatte ursprünglich die Regelungen zur Klassifikation von Verbindlichkeiten mit covenants zum Zwecke der besseren Vergleichbarkeit sowie der Klarheit überarbeitet, so dass eine Klassifikation aus der Perspektive des Bilanzstichtags durchzuführen war. Die Regelungen berücksichtigten eine u.U. bestehende Saisonalität allerdings nicht, so dass trotz entsprechender vertraglicher Gestaltung mit compliance Erfordernis erst nach dem Abschlussstichtag ein hypothetischer Test mit den Stichtagsdaten zu einer Klassifikation der Verbindlichkeit als kurzfristig am Abschlussstichtag führen konnte, obwohl der zukünftige Test noch gar nicht verfehlt war. Mit den überarbeiteten Änderungen möchte der IASB nun den Bedenken entgegenkommen.

Klassifizierung von Verbindlichkeit mit covenants zum Abschlussstichtag

Eine Verbindlichkeit mit einem covenant muss vor dem Hintergrund einer möglichen Nichterfüllung des covenant sowie einer damit potenziell verbundenen Glattstellung als kurz- oder langfristig klassifiziert werden. Eine langfristige Verbindlichkeit liegt derzeit dann vor (EU-Recht), wenn das Unternehmen am Abschlussstichtag das uneingeschränkte Recht besitzt, nicht innerhalb von 12 Monaten erfüllen zu müssen bzw. eine Erfüllung über 12 Monate hinausschieben zu können (IAS 1.69(d)). Das Problem besteht darin, dass bei vereinbarter compliance nach dem Abschlussstichtag ein solches, dann auch noch als „uneingeschränkt“ charakterisiertes, Recht eigentlich nicht bestehen kann, weil schlichtweg der zukünftige Test mit Unsicherheit behaftet ist. Die Regelung ist allerdings nicht eindeutig.

Gemäß den ursprünglich verabschiedeten Regelungen wäre am Abschlussstichtag ein hypothetischer covenant Test auf Basis der herrschenden Umstände bzw. der am Abschlussstichtag bestehenden Rechte durchzuführen gewesen, selbst wenn er vertraglich compliance erst nach dem Stichtag angezeigt gewesen wäre. Nach Verabschiedung der Änderung wurde eine dahingehende Anfrage an den IFRS IC gerichtet. Im Rahmen der Kommentierung wurde genau dieser Umstand kritisiert, dass zyklischen Geschäftsmodellen nur mangelnde Beachtung geschenkt würde. Unternehmen vereinbaren u.a. die compliance Erfordernis von covenants zu einem Zeitpunkt nach dem Abschlussstichtag, da zwischen Abschlussstichtag und dem covenant-Test erfahrungsgemäß eine Verbesserung der ökonomischen Situation des Unternehmens eintritt.

Änderungen an IAS 1

Als Relikt der alten Änderung muss fortan ein substanzielles Recht zur Aufschiebung der Erfüllung über 12 Monate nach dem Abschlussstichtag hinaus bestehen (IAS 1.71 (2020)), um eine Klassifikation der Verbindlichkeit als langfristig zu erreichen. Als Reaktion auf die Kritik hat der IASB dazu eine Ausnahmeregelung für Verbindlichkeiten mit covenants geschaffen, entsprechend sind diese grundsätzlich nicht mehr klassifikationsrelevant, sofern die compliance erst innerhalb der nächsten 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag vorliegen muss (IAS 1.72B(b) (2022)). Sofern allerdings lediglich der Test des covenant auf einen Zeitpunkt nach den Abschlussstichtag verschoben wird, unterliegt diese Situation nicht der Ausnahmeregelung (IAS 1.72B(a) (2022)), d.h. mangels Testung vor dem Abschlussstichtag liegt ein breach of covenants vor. Dies erzwingt eine kurzfristige Klassifikation zum Abschlussstichtag.

Der IASB wollte zudem bestimmte covenants nicht unter die Ausnahme fassen, konnte diese Sonderregelung – auch unter Berücksichtigung der eingereichten Kommentierung – jedoch mangels klarer Abgrenzbarkeit nicht aufrechterhalten. Zwar hat der IASB den damit verbundenen Paragrafen (im Entwurf noch IAS 1.72C) gestrichen, allerdings eine Klarstellung dergestalt vorgenommen, dass von der Ausnahmeregelung nur covenants bei finanziellen Verbindlichkeiten, so z.B. wohl keine spezifischen Bedingungen wie change of control im Rahmen anderer Verträge, betroffen sind. Überdies hat der IASB in der finalen Version einen separaten Ausweis, unter die Ausnahme fallender finanzieller Verbindlichkeiten, unter dem Posten langfristige Verbindlichkeiten als sog. „nicht umklassifizierte“ ebenfalls gestrichen. Hierdurch sollte eine Verbesserung der Informationsfunktion erreicht werden, allerdings wurde dies auch von Seiten der Bilanzadressaten nicht als Verbesserung erachtet.[1] Der IASB fordert neue Anhangangaben, damit der Bilanzadressat beurteilen kann, wie wahrscheinlich eine Rückzahlbarkeit innerhalb von 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag ist (IAS 1.76ZA (2022)). Auch hier hat der IASB eine Abschwächung vorgenommen, da vormals noch geforderte Angaben aus der „Glaskugel“ in weiten Teilen der Kommentierung abgelehnt wurden. Der IASB hat sich gem. den Änderungen für die Folgenden weniger „spekulativen“ Angabepflichten entschieden:

  • Allgemeine Informationen über den covenant (Natur des covenant und Buchwert der Verbindlichkeit).
  • Fakten und Umstände, die darauf hindeuten, dass eine zukünftige compliance in Frage steht, so z.B. wenn dies aufgrund eines nicht erfüllten hypothetischen Tests am Abschlussstichtag angezeigt wäre.

Erstanwendungszeitpunkt

Bei entsprechender Übernahme in EU-Recht ist die Änderung des IAS-1-Regelwerks für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1.1.2024 beginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist möglich, über die im Anhang zu berichten ist. Beide Änderungen müssen per „Huckepack“ angewandt werden, d.h. die Änderungen aus 2020 und 2022 werden in dieser Reihenfolge vom IASB verlautbart bzw. in EU-Recht umgesetzt.
 


[1] Vgl. EFRAG, Final Comment Letter, Rz. 17 ff. (abrufbar unter: Final Comment Letter; abgerufen am 06.12.2022).

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