Geplante Änderungen an IFRS 9 in Bezug auf die Bilanzierung von Power Purchase Agreements (PPA)
Geplante Änderungen an IFRS 9 in Bezug auf die Bilanzierung von Power Purchase Agreements (PPA)
Eingabe an das IFRS IC
Nachdem das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) im März 2023 eine entsprechende Eingabe zu Bilanzierungsfragen betreffend langfristige Energielieferverträge erhalten hatte und sich für ein begrenztes Standardsetting-Projekt aussprach, beschloss der International Accounting Standards Board (IASB) im Dezember 2023, entsprechende Klarstellungen der Regelungen in IFRS 9 in Bezug auf die Bilanzierung von sog. Power Purchase Agreements (PPA) zu erarbeiten.
Welche Änderungen diskutiert der IASB?
Der IASB möchte mit den geplanten Änderungen auf Herausforderungen bei der Bilanzierung von PPA reagieren, die insbesondere in Europa vermehrt Anwendung finden. Diskutiert wurden dabei zunächst vor allem PPA mit physischer Lieferung, bei denen die Bedingungen für die own use exemption gemäß IFRS 9.2.4 ff. trotz erfolgter Lieferung nicht einschlägig sind. Ursächlich hierfür ist die naturgemäße Schwankung der aus Wind- oder Solarstrom kontrahierten Strommenge, die zu temporären Über- bzw. Unterdeckungen zwischen Strombedarf und Stromlieferung führt. Da Strom (derzeit noch) nicht speicherbar ist, führen solche Über- bzw.Unterdeckungen zwangsläufig zu (unbeabsichtigten) Ver- oder Zukäufen von Strom. In einigen Märkten kommen auch rein virtuelle PPA – teils sogar überwiegend – vor. Bei virtuellen PPA handelt es sich um Stromlieferverträge, bei denen eine physische Lieferung nicht möglich oder nicht vorgesehen ist. Die Anwendbarkeit der own use exemption scheidet daher zwangsläufig aus. Bei virtuellen PPA stehen daher die mit der Notwendigkeit der Zeitwertbilanzierung als Derivat bestehenden Zweifelsfragen sowie der Anwendbarkeit des Hedge Accounting im Fokus der Diskussion. Durch die geplanten Änderungen bzw. Klarstellungen an IFRS 9 soll Folgendes konkretisiert bzw. nachgebessert werden:
- die Details zur Eigenbedarfsausnahme, insbesondere das Gebot zum beabsichtigten Eigenverbrauch sowie das Verbot eines etwaigen (Teil-)Verkaufs mit Gewinnerzielungsabsicht und
- die Kriterien des Hedge Accounting, insbesondere die Bedingung des „höchstwahrscheinlichen Eintritts“ eines schwebenden Geschäfts, das designiert wird.
Erste Lösungsansätze des IASB
In seiner Sitzung von Dezember 2023 hat der IASB im Hinblick auf mögliche Änderungen an den Regelungen von IFRS 9 erste Lösungsansätze skizziert.Für physische PPA wird eine Klarstellung erwogen, wie die Beurteilung des „erwarteten Eigenbedarfs“ zu erfolgen hat, sofern das zu beurteilende nichtfinanzielle Geschäft bestimmte Merkmale aufweist, z.B. Produktion und Lieferung sind bezüglich Menge und Zeitpunkt unsicher, wobei diese Unsicherheit von keiner Vertragspartei beeinflusst werden kann. Diese Klarstellung könnte diverse Aspekte umfassen, bspw. der Zweck des Vertragsabschlusses oder Umfang und Häufigkeit von Käufen/Verkäufen, die zum Ausgleich von Über-/Untermengen erfolgen.
Für virtuelle PPA erwägt der IASB eine Klarstellung, wie der „höchstwahrscheinliche Eintritt“ eines schwebenden Geschäfts, das als gesichert designiert werden soll, beurteilt wird, sofern es die für physische PPA diskutierten Merkmale aufweist. Eine Klarstellung könnte insbesondere darauf abzielen, dass ein variabler Betrag designiert wird. Die Klarstellung könnte auch die zeitliche Dimension adressieren, z.B. dass für einen begrenzten Zeithorizont ein „hochwahrscheinlicher“ Eintritt der Transaktion verlangt wird, und langfristig ein lediglich „wahrscheinlicher“ Eintritt genügt. Von Stakeholdern wurde die Idee eingebracht, auf eine prinzipienorientierte Lösung aufgrund der Dringlichkeit zu verzichten und stattdessen eine pragmatisch motivierte und zeitlich begrenzte Ausnahmeregelung für PPA vom Anwendungsbereich IFRS 9 zu schaffen. Diesen Ansatz hatte der IASB erörtert und aus vielfältigen Gründen verworfen.