Nichtberücksichtigung eines Übernahmeverlustes bei Verschmelzung

Ein Übernahmeverlust aus der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf eine natürliche Person bleibt gem. § 4 Abs. 6 S. 6, 2. Alt. UmwStG vollständig außer Ansatz, wenn die Anteile an der übertragenden Körperschaft innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag entgeltlich erworben wurden. Das FG Schleswig-Holstein hatte in seinem Urteil vom 28.5.2020 (Az. 1 K 148/18) einen Sachverhalt zu entscheiden, der hinsichtlich des notwendigen Vorerwerbs einige Besonderheiten aufwies.

An der E-KG waren die C-GmbH als Komplementärin sowie der Kläger und zwei weitere natürliche Personen als Kommanditisten beteiligt. Die E-KG trat von ihr erworbene Anteile an der A-GmbH Mitte Juni 2016 entgeltlich an den Kläger ab. Unmittelbar danach wurde die A-GmbH rückwirkend auf den 01.01.2016 (steuerliche Wirkung zum 31.12.2015) auf das Einzelunternehmen des Klägers verschmolzen. Die Wirtschaftsgüter sollten zu ihrem gemeinen Wert übergehen. In seiner ESt-Erklärung für 2015 erklärte der Kläger u.a. einen Übernahmeverlust, da der gemeine Wert unter den Anschaffungskosten der Anteile lag. Diesen berücksichtigte das Finanzamt jedoch unter Hinweis auf § 4 Abs. 6 S. 6, 2. Alt. UmwStG nicht. Dies bestätigte das Finanzgericht.

Die maßgebliche Regelung bezieht sich auf sämtliche Anteile, die an der Ermittlung des Übernahmeergebnisses teilnehmen. Sie ist daher unabhängig davon anwendbar, ob die Anteile an der Kapitalgesellschaft (A-GmbH) vor der Verschmelzung im Privat- oder wie im Streitfall im Betriebsvermögen gehalten werden. Zum anderen liegt ein Anteilserwerb vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag auch dann vor, wenn der maßgebliche Abtretungsvertrag kalendarisch erst im Zeitraum zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages geschlossen wird. Denn gemäß § 5 Abs. 1 UmwStG ist der Gewinn des übernehmenden Rechtsträgers auch dann so zu ermitteln, als hätte er die Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft am steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft, wenn die Anschaffung tatsächlich erst nach diesem Stichtag erfolgt ist. Da für die Berechnung der Fünfjahresfrist § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB entsprechend gelten, rechnet der Übertragungsstichtag als Endtermin für die Frist mit. Dass der Kläger über die KG zuvor schon anteilig mittelbar beteiligt war, wurde in dem Urteil dabei nicht thematisiert.

Die vom Kläger im Streitfall für erforderlich gehaltene einschränkende Auslegung des § 4 Abs. 6 S. 6, 2. Alt. UmwStG kommt nach Auffassung des FG weder aus Sinn und Zweck der Vorschrift noch aus verfassungsrechtlichen Gründen in Betracht. Auch wenn die Regelung in engen Bereichen (vgl. die sog. „Erwerberfälle“) überschießende Tendenzen aufweist, sind diese im Vereinfachungsinteresse hinzunehmen. Insoweit hat der Gesetzgeber die Grenzen der ihm eröffneten Typisierungsbefugnis nicht überschritten. Zudem steht dem Steuerpflichtige regelmäßig die Möglichkeit offen, durch Gestaltung des verwirklichten Lebenssachverhalts eine Wahl zwischen verschiedenen Belastungsalternativen zu treffen.


Hinweis:

Der BFH wird im Rahmen der eingelegten Revision (Az. III R 37/20) die bisher nicht höchstrichterlich geklärte Frage entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 S. 6 Alt. 2 UmwStG auch bei einem Anteilserwerb im kalendarischen Zeitraum zwischen dem steuerlichem Übertragungszeitpunkt und dem Abschluss des Verschmelzungsvertrages gegeben sind.