Der Übergang eines Gewerbeverlustes setzt sowohl Unternehmer- als auch Unternehmensidentität voraus. Die BFH-Rechtsprechung lehnt dies bei einem nur teilweisen Betriebsübergang von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft ab. Offen ist bisher allerdings die Frage, ob ein Verlustübergang ausnahmsweise dann in Betracht kommt, wenn im Rahmen einer Einbringung ein Gewerbebetrieb im Ganzen von einer Kapital- auf eine Personengesellschaft übergeht und sich die Funktion der Kapitalgesellschaft fortan lediglich auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung bei der Personengesellschaft beschränkt. Dazu positionierte sich das FG Münster in seinem Urteil vom 05.11.2021 (Az. 14 K 2364/21 G, F).
Im Streitfall wurde für eine Zwei-Personen-GmbH, also eine Kapitalgesellschaft, ein vortragsfähiger Gewerbeverlust von knapp EUR 500.000 festgestellt. Beide GmbH-Gesellschafter gingen zu einem späteren Zeitpunkt ein atypisch stilles Gesellschaftsverhältnis am Handelsgewerbe der GmbH ein, wodurch neben der GmbH eine sog. GmbH & Still, also eine Personengesellschaft bzw. Mitunternehmerschaft aus der GmbH und den beiden GmbH-Gesellschaftern, begründet wurde. Die Leitung des Handelsgewerbes verblieb weiterhin bei der GmbH. Das Finanzamt lehnte die begehrte anteilige Übertragung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes von der GmbH auf die GmbH & Still ab; lediglich auf Ebene der GmbH, die auch nach Begründung der Mitunternehmerschaft einen eigenständigen Gewerbebetrieb unterhalte, könne der Verlust vorgetragen und mit deren etwaigen zukünftigen Gewinnen verrechnet werden. Das FG Münster sah dies anders.
Nach dessen Urteil ist der für die GmbH festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust auf Ebene der später begründeten GmbH & Still anteilig in Bezug auf die GmbH zu berücksichtigen. Denn die Einbringung des Betriebs der GmbH in eine GmbH & Still führt im Hinblick auf die GmbH nicht zu einem Unternehmerwechsel, da die Unternehmer des Betriebs der atypisch stillen Gesellschaft die daran beteiligten Mitunternehmer sind. Somit bleibt die GmbH als Inhaberin des Handelsgewerbes (Mit-)Unternehmerin des nunmehr als Personengesellschaft fortgeführten Betriebs. Die Voraussetzung der Unternehmeridentität ist also zumindest anteilig gegeben. Infolgedessen geht der für die GmbH festgestellte vortragsfähige Gewerbeverlust auf die atypisch stille Gesellschaft über, soweit die GmbH an ihr beteiligt ist.
Darüber hinaus besteht zwischen dem Unternehmen der GmbH und dem später von ihr für Rechnung der GmbH & Still geführten Unternehmen für Zwecke des gewerbesteuerlichen Verlustvortrags Unternehmensidentität. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Gewerbebetrieb der GmbH vorliegend im Ganzen auf die GmbH & Still überging. Die GmbH blieb zudem Inhaberin des Handelsgewerbes, an dem sich die beiden atypisch stillen Gesellschafter vollumfänglich beteiligten.
Hinweis: Das FG Münster unterscheidet zwischen einer Übertragung des gesamten Gewerbebetriebs und dem Fall, dass die Kapitalgesellschaft beispielsweise Beteiligungen in ihrem Betriebsvermögen zurückbehält, sich mithin also nicht nur auf die Verwaltung der Mitunternehmerstellung beschränkt. Bei zweitgenannter Alternative läge danach keine Unternehmensidentität der GmbH mit der GmbH & Still vor. Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das FG Münster die Revision zugelassen. Es bleibt abzuwarten, ob der BFH seine bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze konkretisieren wird. Vergleichbare Fälle sollten unter Hinweis auf das anhängige BFH-Verfahren (Az. IV R 25/21) offengehalten werden.
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