Sozialversicherung: Änderungen bei der Beitragspflicht von angestellten GmbH-Gesellschaftern

In der Praxis kommt der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Gesellschafter oder/und Geschäftsführer (nicht) sozialversicherungspflichtig tätig ist, große Bedeutung zu. Dementsprechend ergeben sich hinsichtlich deren sozialversicherungsrechtlichen Einordnung zahlreiche Fragen und auch strittige Punkte gegenüber den Sozialversicherungsträgern. Mit Wirkung bereits seit 01.04.2022 kann insoweit auf das neue Gemeinsame Schreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur Statusfeststellung zurückgegriffen werden. Dieses enthält hinsichtlich der Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit nach Umsetzung ergangener Rechtsprechung auch haftungsrechtlich relevante, wesentliche Neuerungen für angestellte GmbH-Gesellschafter, die nicht zum Geschäftsführer bestellt sind. Dies soll im Folgenden näher beleuchtet werden, zumal sich hieraus in einigen Fällen Handlungsbedarf ergeben dürfte.

Bisher bestand bei einem nicht als Geschäftsführer tätigen mitarbeitenden GmbH-Gesellschafter grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, wenn dieser über mehr als 50 % der Stimmanteile verfügt. Auch zukünftig kann „ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bei Gesellschafter-Geschäftsführern, mitarbeitenden Alleingesellschaftern und Mehrheitsgesellschaftern aufgrund deren Kapitalbeteiligung oder besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag von vornherein ausgeschlossen sein. Bei mitarbeitenden Mehrheitsgesellschaftern reicht eine Kapitalbeteiligung allein dafür aber nicht aus.“ Das aktuelle Rundschreiben unterscheidet also zwischen mitarbeitenden Alleingesellschaftern und mitarbeitenden Mehrheitsgesellschaftern.

Beim Alleingesellschafter kann auch ohne Geschäftsführerfunktion grundsätzlich kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestehen, weil dieser aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Position auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer innehat und damit nicht seinerseits dessen Weisungsrecht unterliegt.

Bei mitarbeitenden Mehrheitsgesellschaftern ohne Geschäftsführerstellung ist auf die im Einzelfall gesellschaftsvertraglich vorgesehene Dienstaufsicht über die Arbeitnehmer der GmbH abzustellen. Hat diese allein der Geschäftsführer, nicht aber die Gesellschafterversammlung inne, besteht eine Weisungsgebundenheit, die regelmäßig zu einem entsprechenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis des mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafters führt. Nur wenn die Weisungsrechte nach dem Gesellschaftsvertrag vom Geschäftsführer auf die Gesellschafterversammlung übertragen sind (dies ist in der Praxis allerdings eher selten der Fall), ist die Weisungsgebundenheit des mitarbeitenden Mehrheitsgesellschafters als Angestellter der Gesellschaft aufgehoben. Der Mehrheitsgesellschafter hat dann auch die Leitungsmacht gegenüber dem Geschäftsführer und kann maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen, was eine abhängige Beschäftigung regelmäßig ausschließt. Allerdings bleibt auch in diesen Fällen jeweils individuell nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung zu prüfen, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

Handlungsbedarf im Hinblick auf eine auch zukünftig bestehende Beitragsfreiheit ergibt sich danach in all den Fällen, in denen bei mitarbeitenden Mehrheitsgesellschaftern die Dienstaufsicht über die Arbeitnehmer der GmbH nach dem Gesellschaftsvertrag nicht vom Geschäftsführer auf die Gesellschafterversammlung übertragen ist. Denn insoweit werden - den bisherigen Verlautbarungen entsprechend - in der Regel keine Beiträge abgeführt. Um Beitragsnachforderungen zu vermeiden, wäre das baldmöglichst zu ändern.

Hinweis:

Im Zuge der Umsetzung einer EU-Richtlinie (2019/882) wurde das Statusfeststellungsverfahren mit Wirkung ab 01.04.2022 an sich weiterentwickelt. Die Änderungen sollen eine frühere, einfachere und schnellere Statusbeurteilung ermöglichen. Sie betreffen insbesondere

  • die Beschränkung der Statusbeurteilung auf die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit (Elementenfeststellung)
  • die Statusentscheidung gegenüber Dritten
  • das Antragsrecht für Dritte
  • die Statusbeurteilung vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit (Prognoseentscheidung)
  • die Statusbeurteilung für gleiche Auftragsverhältnisse (Gruppenfeststellung) und
  • die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren.

 

Hinweis: 

Die BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wie auch Steuerberater sind nicht berechtigt Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Hierfür stehen aber über unseren Kooperationspartner, die BDO Legal GmbH, erfahrene Rechtsanwälte aus dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht zur Verfügung.

 

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