Zur Berücksichtigung finaler Verluste einer Freistellungsbetriebsstätte

Im Zuge der Aufgabe oder Veräußerung einer ausländischen Betriebsstätte kann ein bisher dort geführter Verlustvortrag ohne steuerliche Berücksichtigung in vergangenen oder zukünftigen Veranlagungszeiträumen untergehen; es kommt also zu sog. finalen Verlusten. Diese Handhabe ist zwar insbesondere bei ausländischen Betriebsstätten, deren Einkünfte abkommensrechtlich im Inland von der Besteuerung freigestellt sind (sog. Freistellungsbetriebsstätten), aufgrund des sog. Symmetrieprinzips durchaus konsequent, wird aber dennoch bisweilen in der Rechtsprechung problematisiert. Mit Urteil vom 22.09.2022 (Az. C-538/20) äußerte sich nun der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens des BFH vom 06.11.2019 (Az. I R 32/18) zu einer entsprechenden Konstellation.

Im Streitfall unterhielt eine in Deutschland ansässige AG in Großbritannien in den Jahren 2004 bis 2007 eine Zweigniederlassung, deren steuerliche Verluste dort aufgrund der durchgeführten Betriebsschließung untergingen. Die AG begehrte daher eine Berücksichtigung der finalen Verluste bei der Festsetzung ihrer für den Veranlagungszeitraum 2007 in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte, obwohl die Einkünfte – und somit auch die finalen Verluste - der Zweigniederlassung abkommensrechtlich von der inländischen Besteuerung freigestellt waren. Der BFH setzte letztlich das Verfahren aus und richtete an den EuGH die Frage, ob die damit einhergehende Nichtberücksichtigung finaler Verluste einen Verstoß gegen die nach EU-Recht garantierte Niederlassungsfreiheit darstellt.

Nach EU-Recht besteht zwar grundsätzlich eine Verpflichtung zur grenzüberschreitenden Verlustanerkennung. Denn anderenfalls könnte sich ein Steuerpflichtiger an der Gründung einer ausländischen Betriebsstätte gehindert sehen, wenn er damit rechnen muss, dass ihm die Anrechnung von Verlusten aus ausländischen Betriebsstätten versagt bleibt, während bei einer vergleichbaren Konstellation im Inland ein Verlustabzug möglich wäre. Allerdings bedeutet dies nicht, dass jeder (ausländische) Verlust im Inland ausnahmslos berücksichtigt werden muss. Es ist vielmehr eine objektive Vergleichbarkeitsprüfung vorzunehmen.

Verzichtet Deutschland als Ansässigkeitsstaat der AG abkommensrechtlich auf das Besteuerungsrecht hinsichtlich der in Großbritannien belegenen Zweigniederlassung, beruhen auch die daraus resultierenden finalen Verluste letztlich auf der so gewollten Aufteilung der Besteuerungshoheit. Eine solche Konstellation ist nach EuGH-Auffassung aber nicht mit einem im Inland unbeschränkten Steuerpflichtigen, der Verluste aus einer inländischen Betriebsstätte erleidet, vergleichbar. Es ist daher - auch unter dem Aspekt der nach EU-Recht garantierten Niederlassungsfreiheit - keine entsprechende Verlustberücksichtigung geboten. Der BFH hat nunmehr die Vorgaben des EuGH verbindlich in seinem abschließenden Urteil umzusetzen.

Hinweis:

Ist die Aufgabe oder Veräußerung einer im (EU-)Ausland befindlichen Betriebsstätte beabsichtigt, setzen wir über eine maßgeschneiderte Gestaltung alles daran, den Untergang finaler Verluste zu vermeiden. Sprechen Sie uns dazu jederzeit gern an!

 

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