Zur Gewerbesteuerpflicht einer Vermietungsgesellschaft bei Einschaltung einer Dienstleistungsgesellschaft

Der Gewerbesteuer unterliegt jeder stehende Gewerbebetrieb, soweit er im Inland betrieben wird, also für ihn im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 2 Abs. 1 GewStG). Betriebsstätte ist jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient (§ 12 S. 1 AO) und über die es eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat. Auch wenn die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt, ist sie nur insoweit gewerbesteuerpflichtig, als der Gewerbeertrag auf eine im Inland betriebene Betriebsstätte entfällt. Ein Teil des vom Unternehmen erzielten Gewerbeertrags muss regelmäßig der Betriebsstätte der Geschäftsleitung zugerechnet werden.

Ein inländisches Grundstück, das lediglich vermietet oder verpachtet ist und nicht für eine gewisse Dauer zu unternehmerischen Zwecken genutzt wird, begründet nach ständiger BFH-Rechtsprechung grundsätzlich keine inländische Betriebsstätte des Vermieters oder Verpächters. Denn für die Annahme eines unmittelbaren „Dienens“ der Geschäftseinrichtung oder Anlage genügt nicht das Eigentum oder der Besitz eines Grundstücks.

Beauftragt allerdings eine im Ausland ansässige Vermietungsgesellschaft ein inländisches Dienstleistungsunternehmen mit der Verwaltung ihres im Inland belegenen Grundstücks, kann sie dadurch für sich eine inländische Betriebsstätte begründen. Voraussetzung ist, dass sie mittels eines entsprechenden sachlichen oder personellen Apparats ihrer unternehmerischen Tätigkeit operativ nachgehen kann, also insbesondere andauernde Verfügungsmacht auf das Grundstück hat. Eine solche eigene unternehmerische Tätigkeit kann bspw. dann angenommen werden, wenn aufgrund der Personenidentität der Leitungsorgane eine fortlaufende nachhaltige Überwachung ermöglicht wird. Zur Rechtsfrage, ob die ausländische Vermietungsgesellschaft eine inländische Betriebsstätte auch bei Wahrnehmung rein vermögensverwaltender Aufgaben seitens der inländischen, mit umfassender Hausverwaltervollmacht ausgestatteten, aber ansonsten nicht weiter verflochtenen Dienstleistungsgesellschaft begründen kann, hat sich der BFH mit seinem Urteil vom 23.03.2022 (Az. III R 35/20) positioniert.

Im Streitfall gehörte einer deutschen Vermietungs-GmbH, deren alleiniger Geschäftsführer seinen Wohnsitz in Luxemburg hatte, in den Jahren von 2009 bis 2013 ein inländisches, mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebautes Grundstück. Die Vermietungs-GmbH erteilte einer inländischen und nicht mit ihr gleichwie verbundenen Dienstleistungs-GmbH eine Hausverwaltervollmacht für das Grundstück und übertrug dieser somit alle Rechte und Pflichten, die im Zusammenhang mit der Verwaltung dieses Grundstücks standen. Die Vollmacht umfasste u.a. den Abschluss bzw. die Kündigung von sowohl Miet- und Pachtverhältnissen als auch Versicherungs-, Dienst- und Werkverträgen sowie die Vertretung gegenüber Kreditinstituten, Finanzämtern und sonstigen Institutionen. Da der in Luxemburg ansässige Geschäftsführer die Vermietungs-GmbH von dort aus verwaltete, ging diese nicht von einer inländischen Betriebsstätte und damit keiner Gewerbesteuerpflicht aus. Das FG Berlin-Brandenburg nahm hingegen eine inländische Betriebsstätte an mit der Folge der tatsächlichen Gewerbesteuerpflicht. Im Rahmen des dagegen geführten Revisionsverfahrens hob der BFH das erstinstanzliche Urteil auf, verwies die Sache aber zur weitergehenden Tatsachenaufklärung und Entscheidung an das FG zurück.

Nach BFH-Auffassung reicht allein die Übertragung von auch umfassenden dispositiven Aufgaben auf die Dienstleistungs-GmbH nicht aus, um eine inländische Betriebsstätte der auftraggebenden Vermietungs-GmbH zu begründen. Ansonsten könnte eine Betriebsstätte bei jedem Subunternehmer begründet werden. Die eigenverantwortliche Tätigkeit eines Subunternehmers an einem bestimmten Ort begründet aber nicht stets an diesem Ort eine Betriebsstätte des Hauptunternehmers. Vielmehr entsteht eine solche nur dann, wenn der Hauptunternehmer eigene betriebliche Handlungen wie tatsächliche, fortlaufende Überwachungen vor Ort vornimmt und die ihm zuzurechnenden Tätigkeiten eine gewisse Nachhaltigkeit aufweisen sowie über punktuelle und einzelfallbezogene Maßnahmen hinausgehen. Eine Überwachung aus dem Ausland heraus, beispielsweise – wie im Streitfall – durch schriftliche und telefonische Kommunikation, oder die bloße Möglichkeit zur Überwachung genügen nicht.

Nur bei einer gewissen räumlichen und zeitlichen „Verwurzelung“ der Vermietungs-GmbH mit dem Ort der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit in der inländischen Betriebsstätte der Dienstleistungs-GmbH kann das für eine Betriebsstättenbegründung erforderliche unmittelbare Dienen der Geschäftseinrichtung oder Anlage für eigene unternehmerische Zwecke angenommen werden. Für die Einordnung als inländische Betriebsstätte des Hauptunternehmers muss zum bloßen Besitz und Eigentum und dessen Vermietung eine besondere Tätigkeit hinzukommen, z.B. die Pflege und Unterhaltung des vermieteten Objekts durch eigenes oder beauftragtes Personal, das in der verpachteten Betriebsanlage beschäftigt wird, oder es sind Überwachungsmaßnahmen in den Räumlichkeiten der Dienstleistungs-GmbH erforderlich bzw. man geht bei Identität der Leitungsorgane in beiden Gesellschaften gleichsam von solchen aus.

Das Vorliegen eigener für eine Betriebsstätte genügender Tätigkeiten der Vermietungs-GmbH konnte der BFH mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen durch das FG nicht selbst würdigen und wies das Verfahren deshalb an jenes zurück. Dabei wies er darauf hin, dass bei Nichtvorliegen einer inländischen Betriebsstätte nach der tatsächlichen Tätigkeit noch eine möglicherweise vorliegende Geschäftsleitungsbetriebsstätte des Hauptunternehmers zu prüfen ist. Insofern hat das FG im Streitfall zu prüfen, ob die tatsächliche Geschäftsleitung auf die Hausverwaltungsgesellschaft übertragen und vom dortigen Geschäftsführer ausgeübt worden ist oder (ausschließlich) beim geschäftsführenden Gesellschafter der Vermietungs-GmbH (möglicherweise am Wohnsitz in Luxemburg) lag. Maßgeblich ist insoweit, wo - unter Berücksichtigung der umfassenden Hausverwaltungsvollmacht - die im Tagesgeschäft der Klägerin anstehenden Entscheidungen von einigem Gewicht tatsächlich getroffen wurden und wer die Entscheidungsbefugnis in diesen Angelegenheiten hatte.

Hinweis:

Für die Praxis bestätigt diese Entscheidung die Bedeutung der konkreten Umstände des Einzelfalles. Je nach Ausgestaltung der Hausverwaltungsvollmacht, der vom Hauptunternehmen vorgenommenen und über die Vermietung hinausgehenden eigenen Tätigkeiten sowie auch der Ausübung der Geschäftsleitung kann durchaus eine inländische Betriebsstätte angenommen werden. Betroffene Vermietungsunternehmen sollten ihre vertraglichen Beziehungen prüfen und möglicherweise entsprechend anpassen.

Abonnieren Sie die neuesten Nachrichten von BDO!

Please fill out the following form to access the download.