Schenkungen: Abziehbarkeit von Zahlungen an beeinträchtigte Nacherben

Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) sieht vor, beim Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses bzw. mit der Erlangung des Erwerbs entstehende Kosten als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen; damit einhergehend wird der steuerpflichtige Erwerb gemindert. Der BFH hat nun mit Urteil vom 06.05.2021 (Az. II R 24/19) entschieden, dass dies auch für Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche eines Mit- oder Nacherben gilt.

Im Streitfall hatten die Eltern ihre drei Söhne als Nacherben nach dem letztversterbenden Elternteil eingesetzt. Die Mutter schenkte nach dem Tod des Vaters lediglich einem Sohn ein Grundstück aus dem Nachlassvermögen. Nach dem Tod der Mutter machte deswegen ein anderer Sohn zivilrechtliche Herausgabeansprüche gegen den Begünstigten geltend; im Zuge eines Vergleichs leistete dieser daher eine Zahlung an seinen Bruder. Das Finanzamt lehnte es allerdings ab, diese Zahlung nachträglich steuermindernd zu berücksichtigen. Finanzgericht und BFH gaben dagegen dem Kläger Recht.

Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei den Zahlungen zur Abwendung von Herausgabeansprüchen von Erben oder Nacherben um Nachlassregelungskosten im Sinne des § 10 Abs. 5 ErbStG, i.V.m. § 1 Abs. 2 ErbStG auch anwendbar auf Schenkungen. Der insoweit erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs ist gegeben, wenn die Kosten aufgewendet werden, um die Rechtsstellung als Erwerber zu erlangen oder zu sichern. Der BFH sah in der Zahlung des Klägers eine Aufwendung zur Erlangung des Erwerbs, da sie dazu diente, etwaige Herausgabeansprüche des Bruders abzuwenden. Insoweit führt er seine den Begriff der Nachlassregelungskosten weit auslegende Rechtsprechung fort. Das gilt auch für Zahlungen, die aufgrund eines Vergleichs erbracht werden, sofern die Ansprüche – wie im Streitfall - ernstlich geltend gemacht wurden. Unter diesen Umständen wird durch den Vergleich eine neue Rechtsgrundlage geschaffen, sodass unerheblich ist, ob und in welchem Umfang die Ansprüche ursprünglich tatsächlich bestanden haben. Dass etwaige Herausgabeansprüche erst mit dem späteren Tod der Mutter eingetreten sind, ist ebenso wenig maßgeblich. Denn die Kosten betreffen die Auseinandersetzung um die Grundstücksschenkung und stehen nicht im Zusammenhang mit einer etwaigen Erbenstellung nach dem Tod der Mutter; die geleistete Zahlung zur Abgeltung der Herausgabeansprüche ist daher als Nachlassverbindlichkeit steuermindernd zu berücksichtigen.


Hinweis: Auch wenn die Zahlung zur Abgeltung möglicher Herausgabeansprüche erst lange nach der maßgeblichen Schenkung im Zusammenhang mit dem Tod der Mutter erfolgt, ist ein bereits ergangener Schenkungsteuerbescheid entsprechend zu ändern. Insoweit liegt ein rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vor, da erst mit dem Tod der Mutter die aufschiebende Bedingung für etwaige Herausgabeansprüche gegen den Kläger eingetreten ist.