Tax and Legal UPDATE KW 44-2023

Gesetzgebung

Wachstumschancengesetz
Bundesregierung, Gegenäußerung vom 26.10.2023 zur Stellungnahme des Bundesrats;

Die Bundesregierung hat ihre Gegenäußerung zur Stellungnahme des Bundesrats vom 20.10.2023 veröffentlicht. Am 17.11.2023 ist die 2./3. Lesung im Bundestag dazu geplant.

Rechtsprechung - gewerblicher Bereich

Umsatzsteuer: Zeitpunkt der Vereinnahmung bei Überweisungen
BFH, Urteil vom 17.08.2023, V R 12/22

Bei Überweisungen liegt eine Vereinnahmung des Entgelts im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UStG auch dann erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Girokonto des Zahlungsempfängers vor, wenn die Wertstellung (Valutierung) bereits zu einem früheren Zeitpunkt wirksam wird.

Verlustabzugsverbot bei Verschmelzung mit steuerlicher Rückwirkung
BFH, Urteil vom 17.08.2023, III R 37/20

1. Die Vorschrift des § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr 2015 anwendbaren Fassung (UmwStG 2006), nach der ein Übernahmeverlust außer Ansatz bleibt, ist für im Privatvermögen und im Betriebsvermögen gehaltene Anteile an der übertragenden Körperschaft anwendbar.

2. Ein für den Abzug des Übernahmeverlusts schädlicher Anteilserwerb innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag liegt wegen der Fiktion des § 5 Abs. 1 UmwStG 2006 auch dann vor, wenn der übernehmende Rechtsträger die Anteile tatsächlich erst nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag angeschafft hat.

3. § 4 Abs. 6 Satz 6 Alternative 2 und § 7 UmwStG 2006 sind weder teleologisch zu reduzieren noch verfassungswidrig, soweit sich bei der Ermittlung des Übernahmeverlusts oder der offenen Rücklagen ausgewirkt hat, dass Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz und in der Steuerbilanz der übertragenden Körperschaft in unterschiedlicher Höhe passiviert waren.

Rechtsprechung - privater Bereich

Fremdwährungsverlust bei Endtauschzahlung im Rahmen eines Zins-Währungs-Swaps bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung
BFH, Urteil vom 20.06.2023, IX R 15/21

Muss der Steuerpflichtige bei Beendigung eines Zins-Währungs-Swaps eine Endtauschzahlung in fremder Währung erbringen und muss er dafür wegen nachteiliger Änderung des Umtauschkurses einen höheren Betrag in Euro aufwenden, als er von der Gegenseite bekommt, kann er den Differenzbetrag nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen.

Rechtsprechung - Verfahrensrecht

Statthaftigkeit einer Nichtigkeitsklage bei Verletzung der Vorlagepflicht
BFH, Urteil vom 10.10.2023, IX K 1/21; Pressemitteilung vom 02.11.2023

Die Nichtigkeitsklage ist nicht statthaft, wenn mit ihr lediglich eine Verletzung der Pflicht zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union geltend gemacht wird.

Keine Änderung eines Steuerbescheids nach § 173a AO bei fehlerhaftem Datenimport ins ELSTER-Portal
BFH, Urteil vom 18.07.2023, IX R 17/22

1. Ein "Verklicken" beim Import von steuerlichen Daten in das ELSTER-Portal ist kein nach § 173a AO korrigierbarer Schreibfehler.

2. § 173a AO ist nicht bei sonstigen offenbaren Unrichtigkeiten, die dem Steuerpflichtigen bei der Erstellung seiner Steuererklärung unterlaufen sind, anwendbar (Bestätigung der Senatsentscheidung vom 27.04.2022 - IX B 57/21).

Leichtfertige Steuerverkürzung durch unterlassene Anzeige bei der Grunderwerbsteuer
BFH, Urteil vom 16.05.2023, II R 35/20

1. Die grunderwerbsteuerrechtlichen Anzeigepflichten der Beteiligten und Notare sind objektiver Natur.

2. Die Prüfung der leichtfertigen Steuerverkürzung folgt auch im Rahmen der Festsetzungsverjährung materiell-rechtlich dem Ordnungswidrigkeitenrecht. Es gilt ein subjektiver Leichtfertigkeitsmaßstab.

Zu den Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 133 InsO
BFH, Urteil vom 20.06.2023, VII R 22/19

Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum bargeschäftsähnlichen Leistungsaustausch und ihre Folgen für die Vermutung nach § 133 Abs. 1 Satz 2 der Insolvenzordnung (InsO) können nicht auf ein steuerrechtliches Drei-Personen-Verhältnis übertragen werden, in dem das Finanzamt als Dritter Anfechtungsgegner ist. Ob der Schuldner im Sinne von § 133 InsO mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt und das Finanzamt diesen gekannt hat, ist daher im Einzelfall zu prüfen.

Nachträgliche Berücksichtigung von Nachlassverbindlichkeiten
BFH, Urteil vom 26.07.2023, II R 5/21

1. Die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 8 der Abgabenordnung (AO) wird auch dann beendet, wenn der Vorläufigkeitsvermerk vom Finanzamt aufgehoben wird. Auf den Wegfall der Ungewissheit und die Kenntnis des Finanzamts von den Tatsachen, wegen derer die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO vorläufig erging, kommt es dann für die Beendigung der Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nicht mehr an.

2. Vor der Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks dem Grunde nach entstandene Nachlassverbindlichkeiten, die erst danach beziffert und konkretisiert werden, führen nicht zu einer Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Das gilt auch dann, wenn das Finanzamt erst nach Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks Kenntnis von den Nachlassverbindlichkeiten erlangt.

Vertrauensschutz bei rechtswidrigen Verwaltungsanweisungen
BFH, Urteil vom 24.08.2023, V R 49/20

§ 176 Abs. 2 AO gewährt keinen Änderungsschutz, wenn der BFH eine dort bezeichnete Verwaltungsvorschrift erst nach dem Erlass des angefochtenen Änderungsbescheids als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet.

Anforderungen an den Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung zur elektronischen Einspruchseinlegung
BFH, Beschluss vom 17.08.2023, III R 26/22

1. Erwähnt die Rechtsbehelfsbelehrung die elektronische Einlegung im Sinne des § 357 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO), ist ein zusätzlicher Hinweis auf die Möglichkeit einer Einspruchseinlegung mittels E-Mail nicht erforderlich.

2. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist hinsichtlich der Formerfordernisse für die Einlegung eines Einspruchs weder unvollständig noch unrichtig im Sinne des § 356 Abs. 2 AO, wenn sie den Wortlaut des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO wiedergibt.

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis bei vorläufiger Steuerfestsetzung - Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlags
BFH, Urteile vom 26.09.2023, IX R 9/22 und IX R 16/22 (NV)

Für eine Klage, mit der die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2020 geltend gemacht wird, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Steuerfestsetzung wegen dieses Punktes vorläufig ist und beim Bundesverfassungsgericht bereits ein einschlägiges Musterverfahren (hier: 2 BvR 1505/20) anhängig ist.

Verfassungs- und Unionsrechtsmäßigkeit von Säumniszuschlägen
BFH, Beschluss vom 16.10.2023, V B 49/22 (AdV)

1. Bei summarischer Prüfung bestehen nach den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 23.08.2022 - VII R 21/21 (BFHE 278, 1, BStBl II 2023, 304) und vom 15.11.2022 - VII R 55/20 (BFHE 278, 403, BStBl II 2023, 621) keine ernstlichen Zweifel mehr an der Verfassungsmäßigkeit verwirkter Säumniszuschläge, auch soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind.

2. Ernstliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge ergeben sich auch nicht aus den unionsrechtlichen Grundsätzen des Äquivalenz-, Effizienz-, Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsprinzips.

Finanzverwaltung

Muster der Vordrucke im Umsatzsteuer-Voranmeldungs- und  -Vorauszahlungsverfahren für das Kalenderjahr 2024
BMF, Schreiben vom 01.11.2023

Neues Formular für das Steuerabzugsverfahren nach § 50a EStG
BZSt, Mitteilung vom 27.10.2023

Im Rahmen einer technischen Umstellung wurde im BZStOnline-Portal (BOP) ein neues Formular für die Anmeldung des Steuerabzugs nach § 50a EStG zur Verfügung gestellt. Im ElsterOnline-Portal (EOP) steht ab sofort kein Formular für den Steuerabzug nach § 50a EStG mehr zur Verfügung. Für die Nutzung des BOP können Sie Ihr bestehendes Elster-Zertifikat weiterhin verwenden.

Sonstiges

Corona-Wirtschaftshilfen: Schlussabrechnung weiterhin möglich
BMWK, Mitteilung vom 01.11.2023

Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung der Corona-Wirtschaftshilfen durch die prüfenden Dritten endete am 31.10.2023. Sofern noch keine Schlussabrechnung eingereicht wurde, ist dies schnellstmöglich nachzuholen. Für prüfende Dritte steht das digitale Antragsportals innerhalb einer Nachfrist bis zum 31.01.2024 für Einreichungen zur Verfügung. Im Einzelfall kann bis dahin auch eine Verlängerung der Schlussabrechnung über prüfende Dritte bis zum 31.03.2024 beantragt werden.