Die Auswirkungen der Taxonomie auf Versicherungsunternehmen

Mit der Taxonomie-Verordnung, die ab dem 1. Januar 2022 anzuwenden ist, wird zunächst ein einheitliches Nachhaltigkeitsverständnis geschaffen, das Investoren als Informationsgrundlage für ihre Anlageentscheidungen dienen soll.

Die Aktivitäten von Versicherungsunternehmen sind in wesentlichem Maße von der Verordnung betroffen. So müssen Versicherungsunternehmen, die unter die Offenlegungs-Verordnung fallen, zusätzliche Kriterien im Bereich der vorvertraglichen Informationen und der regelmäßigen Berichte berücksichtigen. Versicherungsunternehmen, die eine nicht-finanzielle Erklärung veröffentlichen, sind dazu verpflichtet, die zusätzlichen Anforderungen aus Art. 8 Taxonomie-Verordnung umzusetzen. Besonders die Erweiterung der nicht-finanziellen Erklärung stellt die betroffenen Versicherer vor große Herausforderungen.

Art. 8 Taxonomie-Verordnung verlangt von allen Unternehmen, die eine nicht-finanzielle Erklärung veröffentlichen, eine umfassende Prüfung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeiten auf Taxonomie-Konformität. Konkret heißt das: Versicherungsunternehmen müssen ihre Versicherungstätigkeiten und sämtliche Vermögenswerte durchleuchten, um eine Einschätzung vornehmen zu können, ob diese den Taxonomie-Voraussetzungen als „ökologisch nachhaltige Tätigkeiten“ genügen.

„Ökologisch nachhaltig“ ist eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß der Taxonomie-Verordnung nur dann, wenn sie die drei folgenden Screening-Kriterien erfüllt:

  • Wesentlicher Beitrag zu einem der sechs von der EU-Kommission in der Taxonomie-Verordnung festgelegten Umweltziele:

Eindämmung des Klimawandels, Anpassung an den Klimawandel, Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zur Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme

  • Einhaltung des „Do not significant harm“-Prinzips (kein gleichzeitiger Schaden eines anderen Umweltziels)
  • Einhaltung der sozialen Mindestanforderungen (u.a. UN-Leitsätze für Unternehmen und Menschenrechte oder OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen)   

Im November 2020 ist der erste Entwurf eines delegierten Rechtsakts veröffentlicht worden. Demnach sind Rückversicherer und Nicht-Lebensversicherer dazu verpflichtet neben ihren Investitionen auch ihre Versicherungsaktivitäten bezüglich ökologischer Nachhaltigkeit zu überprüfen. Für Taxonomie-konforme Versicherungsdienstleistungen werden im Entwurf die folgenden Kriterien definiert:

  • Nutzung modernster Modellierungstechniken (Forward-looking Szenarien)
  • Angebot von Anreizen zur Risikominderung
  • Prämienreduzierung bei der Durchführung vorbeugender Maßnahmen
  • Informationen zu möglichen Minderungsmaßnahmen im Vertriebsprozess
  • Angebot von Versicherungsschutz für klimabedingte Gefahren
  • Austausch von Schadensdaten mit Dritten
  • Zeitnahe Schadensbearbeitung

Die Kriterien sind dem Entwurf zufolge kumulativ zu erfüllen und dürfen keinen negativen Einfluss auf eines der anderen Umweltziele haben. Zudem sind die sozialen Mindestanforderungen einzuhalten.

Die zusätzlichen Anforderungen an den Inhalt und die Darstellung der nicht-finanziellen Erklärung gemäß Art. 8 Taxonomie-Verordnung sollen bis zum 1. Juni 2021 in Form eines delegierten Rechtsaktes weiter konkretisiert werden. Weil die inhaltlichen Details somit relativ zeitnah vor dem erstmaligem Anwendungszeitpunkt veröffentlicht werden, sollten sich Versicherungsunternehmen, die eine nicht-finanzielle Berichterstattung veröffentlichen, alsbald mit einer möglichen Umsetzungskonzeption in Bezug auf die Erweiterung der erforderlichen Daten auseinandersetzen.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf der Website der Europäischen Kommission.