Wir haben die wichtigsten zusammengefasst und legen ein besonderes Augenmerk auf die Rolle des Versicherungssektors.
In Folge von COVID-19: AFS rechnet mit steigenden Insolvenzzahlen
Einen besonderen Einfluss auf die Stabilität des deutschen Finanzsystems haben zweifelsfrei die Folgen der COVID-19-Pandemie. Der AFS resümiert zwar, dass die umfangreichen staatlichen Maßnahmen im Frühjahr 2020 erfolgreich einen Liquiditätsengpass im Unternehmenssektor verhindert haben, dennoch sei nach Auffassung des Gremiums nicht auszuschließen, dass die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im weiteren Verlauf der Pandemie zunimmt und damit einhergehend Verluste im Bankensektor steigen. Obwohl der AFS davon ausgeht, dass die Kapitalreserven im deutschen Bankensystem ausreichen dürften, um die erwarteten Verluste verkraften zu können, gibt er die klare Empfehlung ab, dass sich der Bankensektor, die Politik und die Aufsichtsbehörden auf den Fall steigender Unternehmensinsolvenzen vorbereiten sollten.
Der deutsche Versicherungssektor hat vor dem Hintergrund der Pandemie insgesamt stabilisierend auf das Finanzsystem eingewirkt. Insbesondere Lebensversicherer hätten die pandemiebedingt gefallenen Preise genutzt, um in Wertpapiere zu investieren. Dieses antizyklische Verhalten trug nach Auffassung des AFS zur Stabilität an den Finanzmärkten bei. Die Entwicklungen im März 2020 zeigten zudem strukturelle Verwundbarkeiten im Investmentfondssektor auf. So mussten deutsche Fonds aufgrund von Mittelabflüssen kurzzeitig Wertpapiere verkaufen, um ihren Liquiditätsbedarf zu decken. Dieses prozyklische Verhalten führte dem AFS zufolge zu weiter fallenden Preisen an den Finanzmärkten.
Immobilienkredite weiterhin ein ernstzunehmender Gefährdungsfaktor
Zusätzlich zu den Folgen der COVID-19-Pandemie sieht der AFS weiterhin Verwundbarkeiten für die Finanzstabilität aus der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten, welche im Zuge des Niedrigzinsumfeld und der hohen Marktdynamik weiter stark ausgeweitet wurden. Eine mögliche Überschätzung des Werts von Sicherheiten bei Wohnimmobilienkrediten könnte die deutsche Bankenlandschaft erheblich schwächen. Dieser Gefahr wirkt nach Ansicht des Ausschusses die Finanzstabilitätsdatenerhebungsverordnung entgegen. Mit ihr wurden rechtliche Voraussetzung geschaffen, um Daten zu Wohnimmobilienkrediten anzufordern, was die Risikobewertung wesentlich vereinfacht.
Darüber hinaus könnte die COVID-19-Pandemie die Dynamik am Markt für Gewerbeimmobilien nachhaltig verändern. Der AFS hält insbesondere eine Dämpfung der Nachfrage nach Büroimmobilien und Einzelhandelsverkaufsflächen für möglich. Dies könnte zu einer steigenden Zahl an Kreditausfällen führen, was wiederum der deutsche Bankenwirtschaft in der Breite schaden könnte.
Der Versicherungssektor – vorerst stabil?
Die Liquiditätssituation der Versicherer blieb im Berichtszeitraum weitgehend stabil, was vor allem auf die regelmäßigen Prämieneinnahmen aus bestehenden Versicherungsverträgen zurückzuführen ist. Allerdings hat das Risiko zunehmender Unternehmensinsolvenzen negative Auswirkungen in Form von Rating-Abstufungen für die Wertpapierportfolios deutscher Versicherungsunternehmen. Des Weiteren belastet das dauerhafte und weiter verfestigte Niedrigzinsumfeld die Profitabilität von Lebensversicherern. Diese seien nach Auffassung des AFS einem Wiederanlagerisiko ausgesetzt.
Zudem könnten weiter anhaltende Niedrigzinsen Lebensversicherer ihrer Fähigkeit berauben, in zukünftigen Schock-Phasen antizyklisch – und somit stabilisierend – agieren zu können. Der AFS vertritt des Weiteren die Ansicht, dass die regulatorischen Solvenzquoten der Lebensversicherer auch weiter ausreichend sind, kritisiert aber gleichzeitig, dass diese die ökonomische Risikotragfähigkeit der entsprechenden Versicherer aufgrund der Anwendung von Übergangsmaßnahmen nicht vollständig offenlegen. Zudem stellt das Gremium fest, dass die regulatorischen Solvenzquoten im ersten Halbjahr 2020 durch die in Solvency II enthaltene Volatilitätsanpassung stabilisiert wurden.
Neben den oben beschriebenen Themen befasst sich der AFS in seinem Bericht unter anderem noch mit Cyberrisiken, Störungen des Target 2-Systems, dem Brexit und den zentralen Gegenparteien (CCPs). Zum Bericht gelangen Sie über die Website des Ausschusses für Finanzstabilität.