Tax and Legal UPDATE KW 29-2024

Neueinstellungen im Internet

Neue Grundsteuer: Finanzverwaltung ermöglicht den Nachweis niedrigerer gemeiner Werte im sog. Bundesmodell
BDO Website, Insight

Nach Beschlüssen des BFH ist das verfassungsrechtliche Übermaßverbot zumindest dann verletzt, wenn der pauschal festgestellte Grundsteuerwert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt. Diese Voraussetzung übernehmen auch die aktuellen Ländererlasse.

Indirect Tax News, Issue 3 - July 2024
BDO Global, Newsletter

 

Rechtsprechung - gewerblicher Bereich

Mitwirkungspflichten des leistenden Unternehmers bei Abtretungen in Bauträgerfällen
BFH, Urteil vom 17.04.2024, XI R 16/22

1. Im Rahmen der dem leistenden Unternehmer gemäß § 27 Abs. 19 Satz 4 Nr. 4 des Umsatzsteuergesetzes obliegenden Mitwirkungspflichten hat dieser alles ihm Zumutbare zu tun, um dem Finanzamt die Realisation des abzutretenden Anspruchs gegen den Leistungsempfänger auf Zahlung der gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer zu ermöglichen.

2. Eine Verletzung dieser Mitwirkungspflichten, die der Erfüllungswirkung der Abtretung dieser Ansprüche entgegensteht, liegt nicht vor, wenn das Finanzamt ein Abtretungsangebot des leistenden Unternehmers ermessensfehlerhaft ablehnt.

Rechtskräftiger Schlussbescheid über NRW-Soforthilfen bleibt bestehen
OVG Münster, Pressemitteilung vom 12.07.2024

Wer Corona-Soforthilfen in NRW erhalten, später seinen tatsächlichen Liquiditätsengpass zurückgemeldet und einen entsprechenden Schlussbescheid über eine (Teil)-Rückzahlung bekommen, hiergegen aber keine Klage erhoben hatte, hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen seines Verfahrens.

 

Rechtsprechung - privater Bereich

Inländische Steuerpflicht von EU-Geldern im Rahmen von Frontex-Einsätzen
BFH, Urteil vom 16.05.2024, VI R 31/21

Gelder der Europäischen Union, die an einen Polizeibeamten mit Wohnsitz im Inland für dessen Tätigkeit im Rahmen von Frontex-Einsätzen in Griechenland gezahlt werden, unterliegen der inländischen Steuerpflicht.

Ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte
FG Münster, Beschluss vom 13.06.2024, 6 V 252/24 E; Beschwerde zugelassen

Im Anschluss an den Beschluss des FG Rheinland-Pfalz vom 05.12.2023, 1 V 1674/23, erkennt auch das FG Münster ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betragsmäßig beschränkten Verlustverrechnung gem. § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i. d. F. des JStG 2020 (Verrechnung von Verluste aus Termingeschäften je Jahr nur in Höhe von EUR 20.000 und nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Einkünften aus Stillhalterprämien).

Denn die Vorschrift behandelt Steuerpflichtige bei der Bestimmung ihrer steuerpflichtigen Einkünfte danach unterschiedlich, ob sie Verluste aus Termingeschäften oder aus anderen Kapitalanlagen erzielt haben, obwohl zwischen beiden Gruppen kein Unterschied hinsichtlich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ersichtlich ist. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es selbst bei einer Prüfung anhand des Willkürmaßstabs an einem hinreichenden Rechtfertigungsgrund, so dass ein Verstoß gegen Art. 3 GG vorliegt.

 

Rechtsprechung - Verfahrensrecht

Verfahrensrechtliche Anforderungen an einen gerichtlichen Durchsuchungsbeschluss
BFH, Urteil vom 31.01.2024, X R 7/22

1. Nur Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnungen der Verfolgungsbehörde oder des Richters unterbrechen nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) die Verfolgungsverjährung, nicht aber Anordnungen der Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft.

2. Durchsuchungsanordnungen müssen angesichts ihrer Grundrechtsrelevanz inhaltliche Mindestanforderungen erfüllen (unter anderem tatsächliche Angaben über den Tatvorwurf, Angabe der Art und des denkbaren Inhalts der Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt). Sind diese inhaltlichen Mindestanforderungen nicht erfüllt, hat eine Durchsuchungsanordnung nicht die in § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 OWiG vorgesehene verjährungsunterbrechende Wirkung.

3. Wenn es für die Frage, ob eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 7 der Abgabenordnung eingetreten ist, auf die verjährungsunterbrechende Wirkung einer Durchsuchungsanordnung ankommt, hat das Finanzgericht Feststellungen zu treffen, ob darin die genannten inhaltlichen Mindestanforderungen erfüllt sind. Dies darf nicht als gegeben unterstellt werden.

4. Zwar ist im Steuerfestsetzungsverfahren die Rechtmäßigkeit eines Durchsuchungsbeschlusses aufgrund der Tatbestandswirkung der Entscheidungen anderer Gerichte grundsätzlich nicht überprüfbar. Die Tatbestandswirkung tritt aber nur ein, wenn der Beschluss nicht angefochten oder ein Rechtsmittel des Betroffenen zurückgewiesen wurde. Das setzt voraus, dass überhaupt Gelegenheit zur Anfechtung des Beschlusses bestanden hat.

Zur Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen Personengesellschaft
BFH, Urteil vom 16.04.2024, VIII R 3/21

1. Eine Klagebefugnis der inländischen Feststellungsbeteiligten einer ausländischen (Fonds-)Personengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist gegeben, wenn über die Auslegung und steuerrechtliche Anerkennung der Gewinnverteilungsabrede Streit besteht.

2. Die Klagebefugnis der Gesellschafter entfällt auch nicht deshalb zugunsten einer alleinigen Klagebefugnis der Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO, weil das Finanzamt aus der Nichtanerkennung der Gewinnverteilungsabrede den Schluss zieht, dass kapital-disproportionale Gewinnanteile aus einem Carried Interest auf Ebene der Fondsgesellschaft als Tätigkeitsvergütungen und Aufwendungen der Gesellschaft zu behandeln sind und dies in der Ermittlung der festzustellenden Einkünfte auf der Gesellschaftsebene berücksichtigt wird.

 

Finanzverwaltung

Aktualisierung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses
BMF, Schreiben vom 12.07.2024

Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurde an das sog. Wachstumschancengesetz vom 27.03.2024 angepasst.

Zu Umsatzsteuervergünstigungen auf Grund von Art. 67 Abs. 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut
BMF, Schreiben vom 15.07.2024

 

Sonstiges

Stellungnahmen zur geplanten Anzeigepflicht innerstaatlicher Steuergestaltungen
WPK, Stellungnahme vom 17./18.07.2024
DStV, Stellungnahme vom 17./18.07.2024

Das BMF hat den Referentenentwurf eines Zweiten Jahressteuergesetzes 2024 veröffentlicht, der erneut eine Verpflichtung zur Mitteilung bestimmter innerstaatlicher Steuergestaltungen vorsieht. Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben war nach heftiger Kritik im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses zum Wachstumschancengesetz bereits gescheitert. In ihren Stellungnahmen positionieren sich beide Berufsverbände erneut gegen die Einführung einer entsprechenden Mitteilungspflicht.

Stellungnahme zur Anzeigepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen
DStV, Pressemitteilung vom 15.07.2024

Die Anzeigepflicht grenzüberschreitender Steuergestaltungen zwingt den Berufsstand in einen unzumutbaren Balanceakt zur Erfüllung gegensätzlicher Pflichten gegenüber Mandanten und Staat. Dabei hat sich die Anzeigepflicht im Kampf gegen aggressive Steuerplanung als ein allzu stumpfes Schwert erwiesen. Der DStV fordert in seiner Stellungnahme an die EU-Kommission deshalb deren Abschaffung.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofs Luxemburg an den EuGH, Rechtssache C-432/23. Nach den Schlussanträgen der Generalanwältin vom 30.05.2024 ist die Richtlinie 2011/16/EU (DAC 6-Richtlinie) aufgrund ihres Ermessenspielraums im Hinblick auf die Vertraulichkeit mit der sog. Grundrechtecharta vereinbar. Denn die innerstaatlichen Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten können und müssen die Voraussetzungen, den Umfang und die Grenzen der DAC 6-Mitwirkungspflichten von berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflichten unterliegenden Intermediären wie Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern regeln. Dabei muss das nationale Recht der zuständigen Behörde insbesondere ermöglichen, im Einzelfall eine Abwägung zwischen dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen einerseits und dem Schutz des Berufsgeheimnisses andererseits vorzunehmen. Diese Anforderung erfüllt das luxemburgische Recht nach Auffassung der Generalanwältin jedoch nicht, weshalb damit ein Verstoß gegen die Grundrechtecharta vorliegen könnte. Die finale EuGH-Entscheidung hierzu bleibt abzuwarten.

Expertenkommissionen für ein modernes und zukunftsfestes Steuerrecht
BMF, Pressemitteilung vom 15.07.2024

Im September 2023 hat das BMF zwei unabhängige Expertenkommissionen eingesetzt, die konkrete Vorschläge für praxisnahe und politisch umsetzbare Lösungen für ein modernes und zukunftsfestes Steuerrecht erarbeiten sollten. Ihre Berichte liegen nun vor.

Schweiz: Volksinitiative zur Erbschaftsteuer für Superreiche
Schweizer Bundesrat, Mitteilung über Ablehnung vom 15.05.2024

In der Schweiz wurde eine Initiative gestartet, dass Nachlässe und Schenkungen oberhalb von 50 Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden. Erleichterungen für Familienunternehmer sind nicht vorgesehen.

 

New Publications on the Internet 

New German Real Estate Tax: Tax Authorities Allow Proof of Lower Market Values in the so-called Federal Model
BDO Website, Insight

Pursuant to rulings by the German Federal Fiscal Court (BFH), the constitutional prohibition of excessiveness is violated at least if the flat-rate assessed real estate tax value exceeds the proven lower fair market value by 40% or more. Thus, if the real estate tax value multiplied by 0.714 is greater than the fair market value, the fair market value may be applied. This condition is also adopted by the current federal state decrees.

Indirect Tax News, Issue 3 - July 2024
BDO Global, Newsletter