Niedrigzins: Jede sechste Stiftung hat Probleme

Jede sechste deutsche Stiftung bürgerlichen Rechts kann ihrem Zweck weniger gut nachkommen. Hauptgrund hierfür sind mangelnde finanzielle Ressourcen infolge der Niedrigzinspolitik der EZB. Dies ist eines der Ergebnisse der jährlichen Stiftungsstudie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Insbesondere kleinere Stiftungen mit einem Stiftungskapital von unter 250.000 Euro stehen aufgrund mangelnder finanzieller Ressourcen vor Problemen. Hier sind sogar knapp 30 Prozent weniger gut oder gar nicht mehr in der Lage ihre Kernaufgaben zu erfüllen. Ursache für die finanziellen Probleme vieler Stiftungen sind derzeit vor allem die anhaltend niedrigen Zinsen“, so Professor Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach. „Die Lage der Stiftungen in Deutschland ist insgesamt aber sehr heterogen. 83 Prozent der Stiftungen gelingt es nach wie vor gut oder sehr gut ihre Stiftungszwecke zu erfüllen. Von den finanziell besser gestellten Stiftungen mit einem Kapital von über einer Million Euro beurteilen nur 7 Prozent ihre eigene Lage überwiegend negativ.“ so Professor Köcher weiter.

„Gerade für die kleineren, finanziell weniger gut ausgestatteten Stiftungen ist die Niedrigzinsphase eine existenzielle Bedrohung“, so BDO-Stiftungsexperte Dr. Reinhard Berndt. „Sie sind daher ganz besonders gefordert, neue Wege zu gehen, um ihre Handlungsfähigkeit zu gewährleisten. Dabei ist es auffällig, dass nur der kleinere Teil von ihnen aktiv ihre Möglichkeiten nutzt und sich beispielsweise über Sponsoring neue Finanzierungsmöglichkeiten oder mithilfe von Kooperationen größere Handlungsoptionen erschließt.“

„Stiftungen werden ihre Finanzen zunehmend ganzheitlicher verstehen. Die aktuelle Situation bietet die Möglichkeit nicht nur die Wirkung des Ertrages, sondern auch die des Kapitals und Engagements in den Blick zu nehmen. Stiftungen, die dies tun und auch ihre Finanzaktivitäten am Zweck ausrichten, sind seit Jahrhunderten erfolgreich und überstehen so auch schwierige Zeiten.“ ergänzt Felix Oldenburg, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen „Die breite Zustimmung der Stiftungen für eine Reform des Stiftungsrechts zeigt: Viele Stiftungen sind bereit für mehr Transparenz, und der Gesetzgeber sollte dringend bessere rechtliche Rahmenbedingungen angehen.“

Insgesamt sieht fast die Hälfte der befragten Stiftungen schwierigere Zeiten auf sich zukommen, während nur fünf Prozent mit einer Verbesserung der eigenen Situation rechnen.

Operativ tätige Stiftungen suchen häufiger Austausch und Beratung

Um die eigene Handlungsfähigkeit aufrecht zu halten oder zu steigern, lässt sich über die Hälfte der Stiftungen durch Banken, den Bundesverband oder andere Institutionen beraten. Knapp zwei Drittel suchen außerdem den Austausch mit anderen Stiftungen. Diese Möglichkeiten nutzen vor allem operativ tätige Stiftungen. Rein fördernde greifen deutlich seltener auf Hilfe von außerhalb zurück.

Akute Probleme kein Grund für die Beratung

Ob Stiftungen ihrem Zweck nicht mehr richtig nachkommen können, oder ob sie erfolgreich arbeiten, hat hingegen keinen Effekt auf die Beratungsintensität. „Auch jenseits akuter Probleme kann externe Unterstützung hilfreich sein: Zum einen auf operativer Ebene bei einzelnen Projekten, zum anderen aber auch bei der langfristigen, strategischen Planung, beispielsweise wenn die Anlagestrategie umstrukturiert oder ein eigenes Netzwerk aufgebaut oder erweitert werden soll“, so Dr. Reinhard Berndt.

Breiter Zuspruch für eine Reform des Stiftungsrechts

Möglichen Reformen des Stiftungsrechts steht der Großteil der befragten Stiftungen positiv gegenüber. So sprechen sich mehr als drei Viertel für eine zumindest größenabhängige Bilanzierungspflicht aus. Außerdem ist nur eine Minderheit der Stiftungen gegen eine generelle Offenlegungspflicht. Besonders großen Zuspruch fände zudem eine Reform, die es erlauben würde, den Stiftungszweck nachträglich zu verändern: 75 Prozent der befragten Stiftungen befürworten eine solche Änderung des Stiftungsrechts.

Stiftungsstudie 2016