Steuern als essenzieller Bestandteil der ESG-Agenda von Versicherungsunternehmen

Diese Prinzipien werden nicht nur aus gesellschaftlicher Sicht immer wichtiger – auch Aktionäre und Investoren legen zunehmend Wert auf eine verantwortungsbewusste und nachhaltige Steuerstrategie.

Die externen Stakeholder interessieren sich dabei insbesondere

  • für die Einhaltung steuerlicher Compliance-Vorschriften eines Unternehmens,
  • für den Nachweis, inwieweit ein Unternehmen steuerliche Verantwortung in Bezug auf aggressive Steuerstrategien übernimmt, sowie
  • für den wirtschaftlichen Beitrag, den das Unternehmen für die Gesellschaft leistet.

Als Reaktion darauf verpflichten sich viele Unternehmen zu immer mehr Transparenzstandards, darunter die OECD/G20-Prinzipien der Unternehmensführung, der GRI-Standard (Global Reporting Initiative) für umfassende steuerliche Offenlegung und den Stakeholder Capitalism-Metriken des International Business Council (IBC) des Weltwirtschaftsforums.

Erster weltweiter Standard für Steuertransparenz: Global Reporting Initiative 207

Mit dem GRI207 wurde der erste globale Standard für eine umfassende steuerliche Offenlegung auf Staatenebene etabliert. Er soll sicherstellen, dass multinationale Unternehmen transparenter kommunizieren, wo und in welcher Höhe sie Steuern zahlen. Der 2019 eingeführte, freiwillige Standard genießt breite internationale Unterstützung und baut auf den OECD-Regeln für die länderbezogene Berichterstattung auf, die im Juni 2018 in Kraft getreten sind. Der GRI207 soll Organisationen außerdem dabei helfen, ihren Managementansatz in Bezug auf Steuern besser zu verstehen sowie über ihre Einnahmen, Steuern und Geschäftsaktivitäten auf Länderebene aussagekräftiger berichten zu können.

Jedes Unternehmen, das nach den GRI-Standards berichtet, sollte GRI 207: Tax 2019 verwenden, um Steuerinformationen in seinem Nachhaltigkeitsbericht oder einem integrierten Bericht bereitzustellen. Unternehmen, die eine öffentliche Erklärung zur Unterstützung des Davoser Manifests 2020 abgegeben haben, sollte dies ebenfalls tun.

Aus dem GRI207 ergeben sich dabei folgenden Grundsätze der steuerlichen Berichterstattung:

1. STEUERPOLITIK, GRUNDSÄTZE, RISIKOBEREITSCHAFT

Offenlegung einer Steuerpolitik, von steuerlichen Grundsätzen und einer Risikobereitschaft im Steuerbereich, die den Ansatz des Unternehmens in Bezug auf die Besteuerung umreißt. Dabei sollte klar gemacht werden, wie der Steueransatz mit der ESG-Vision und den Nachhaltigkeitszielen des Unternehmens abgestimmt ist.

2. UNTERNEHMENSFÜHRUNG UND RISIKOMANAGEMENT

Ein Rahmenwerk für Governance und Risikomanagement bietet Komfort und die Sicherheit, dass Mechanismen vorhanden sind, die das Bewusstsein und die Einhaltung von Steuerprinzipien sicherstellen. Es sollte klare Verfahren in Bezug auf Compliance und das Management von Steuerrisiken beinhalten.

Dies entspricht bei Versicherungsunternehmen im Übrigen auch den Grundprinzipien der Mindestanforderung an die Geschäftsorgansation (MaGo) im Hinblick auf die Etablierung eines Compliance Management Systems. Es empfiehlt sich daher für die betroffenen Unternehmen im Rahmen der Zielvorgaben eines Tax Compliance Management Systems auch Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung einfließen zu lassen. 

3. TRANSPARENZ

Aktionäre, Investoren, Aufsichtsbehörden und zunehmend auch die breite Öffentlichkeit erwarten Transparenz in Bezug auf steuerliche Risiken, den gesamten Steuerbetrag und die Aktivitäten in einzelnen Ländern.

Globale Anforderungen an die Steuertransparenz

Global tätige Unternehmen sind häufig parallel von mehreren Steuertransparenzinitiativen mit zum einen regionalen und zum anderen multilateralen Anforderungen betroffen.

Zu diesen zählen unter anderem:

  • OECD Common Reporting Standard (CRS)
  • EU-DAC6-Berichtsanforderungen
  • EU-Abstimmung über öffentliche CBCR-Berichte
  • GRI Sustainability Reporting Standards - GRI207 für Steuern
  • Australien: ATO - öffentliche Berichterstattung zur Offenlegung des steuerpflichtigen Einkommens
  • Kanada: Extractive Sector Transparency Measures Act
  • China: Implementierungsmaßnahmen für spezielle Steueranpassungen
  • Niederlande: Horizontale Überwachung
  • Nordische Länder: zunehmender Gruppenzwang zur Offenlegung von Steuerzahlungen
  • Polen: 2021 - Verpflichtung zur Veröffentlichung einer Steuerstrategie
  • Südafrika: Offenlegungspflicht für nicht-ansässige Unternehmen
  • Großbritannien: Pflicht zur Veröffentlichung einer Steuerstrategie
  • Vereinigte Staaten: Dodd-Frank-Act und FATCA.

Wachsendes Bewusstsein in den Unternehmen

In der Vergangenheit gab es immer wieder Stimmen, die vielen, insbesondere multinational tätigen Unternehmen mangelnde Solidarität und Steuertransparenz vorgeworfen haben. Die im Zuge der COVID-19-Pandemie entstandenen finanziellen Turbulenzen, sind der jüngste Katalysator, der den Fokus von Regierung und Öffentlichkeit auf die Besteuerung von Unternehmen zieht. Forderungen wie "den richtigen Betrag an Steuern" zu zahlen und "finanziell das Richtige zu tun" sind wieder einmal in den Schlagzeilen.

Vorstände versuchen zunehmend, in ihren Unternehmen ein tiefgreifendes Bewusstsein für Steuerrisiken zu verankern. Viele multinationale Unternehmen berichten allerdings über Bedenken, die gestiegenen Anforderungen der Steuergesetzgebung nicht adäquat erfüllen zu können. Das Risiko einer bevorstehenden negativen Medienberichterstattung nimmt stetig zu und wird durch die Pandemie verstärkt. Die Herausforderung für CFOs und Steuerverantwortliche besteht heute darin, festzustellen, wie hoch ihre jeweiligen Risiken sind und wie sie am besten reagieren, wenn diese eintreten.

Was sollte veröffentlicht werden?

Unternehmen veröffentlichen zumindest ihre Steuergrundsätze. Zunehmend versuchen sie jedoch, ihren breiteren steuerlichen Beitrag durch die Veröffentlichung eines Steuerberichts und eines globalen steuerlichen Fußabdrucks nachzuweisen.

Das Thema Nachhaltigkeit beeinflusst den Inhalt dessen, was multinationale Unternehmen offenlegen sollten, wobei die CbCR-Regeln der OECD und GRI207 als Grundlage für die Steuerberichterstattung und die gemeinsame Nutzung von KPIs dienen. Viele Unternehmen setzen hier bereits Maßstäbe. Bei BDO haben wir viele Unternehmen bei ihrer steuerlichen Offenlegung beraten, einschließlich solcher Unternehmen, die Steuertransparenzpreise erhalten haben. Gerne beraten wir auch Sie bei der Entwicklung und Umsetzung einer Nachhaltigkeitsstrategie im Steuerbereich.