Versicherungsteuer-Update: Neues BMF-Schreiben vom 01.10.2021 zur Transportgüterversicherung

Neue Anforderungen bei Kombination steuerfreier Transportgüterversicherung mit nicht steuerbefreiter anderer Versicherung im „Paket“

Viele der in diesem BFM-Schreiben angesprochenen Aspekte waren bereits Gegenstand des BMF-Schreibens vom 22.12.1995 (BStBl I 1995, 833), das mit dem neuen BMF-Schreiben aufgehoben wurde, und des BMF-Schreibens vom 11.03.1997 (BMF IV C 8- S 6405-3/97), das offenkundig weiterhin gelten soll. Inhaltliche Verwerfungen zwischen den BMF-Schreiben vom 11.03.1997 und 01.10.2021 gibt es u.E. nicht.

Soweit in dem BMF-Schreiben erläutert wird, in welchen Fällen das BMF § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG für einschlägig erachtet, enthält das Schreiben keine wesentlichen Neuerungen. Aus unserer Sicht wird die bisher vom BMF bereits vertretene Rechtsauffassung im Wesentlichen nur neu zusammengefasst und durch weitere Beispiele und Erklärungen unterfüttert. Die Ausführungen unter Tz. III. des Schreibens zur Anwendung der sog. „Pakete-Rechtsprechung“ des BFH auf Fälle der Transportversicherung beinhalten aber Anforderungen, die möglicherweise von vielen Versicherern bisher so nicht umgesetzt werden: Bezieht sich die Police sowohl auf steuerfreie Transportgüterrisiken und als auch auf steuerpflichtige Transportgüter- oder andere Risiken, sind die jeweiligen Prämienanteile bereits in der Police im Schätzungswege auszuweisen. Wird dies bisher anders praktiziert, müssten die Prozesse umgehend entsprechend angepasst werden. Es drohen auch Steuerfestsetzungen für die Vergangenheit, da keine Übergangsregelung hinsichtlich der zeitlichen Anwendung dieser Regelung vorgesehen ist.

Einzelfälle steuerfreier und steuerpflichtiger versicherter Risiken (Tz. II. des BMF-Schreibens):

Das BMF führt in seinem Schreiben vom 01.10.2021 zahlreiche Fallgruppen und Einzelfälle auf, die aus seiner Sicht entweder unter § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG zu subsumieren sind oder auch ausdrücklich nicht die Voraussetzungen dafür erfüllen. Unter die Steuerbefreiung fällt danach ausdrücklich die Zahlung des Versicherungsentgelts:

  • für Güterfolge- und Vermögensschäden (z. B. imaginärer Gewinn, Mehrwert, Zoll)
  • im Zusammenhang mit Vor- und Nachreisen, und zwar auch in den Fällen, in denen sich die Police nur auf den Zeitraum bezieht, in dem sich die Güter im Inland befinden, wenn sich die Versicherung auf ein Transportgut bezieht, das für den grenzüberschreitenden Transport vorgesehen ist und für das der grenzüberschreitende Beförderungsverkehr nach Abschluss der Versicherungsverträge im Inland beginnt und im Ausland endet
  • für transportbedingte Zwischenlagerung, unabhängig von deren Dauer
  • für vom Versicherungsnehmer veranlasste Zwischenlagerung bis zu einer üblichen Dauer (60 Tage), wenn es sich um einen integralen Bestandteil einer nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG befreiten Transportgüterversicherung handelt. Zulageprämien/ Zuschlagprämien wegen Überschreitung der 60 Tage fallen nicht unter § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG (gesonderten Prämienausweis beachten, s.u. zu „Paketen“)
  • im Zusammenhang mit Ausstellungsversicherungen (Versicherung von Ausstellungsgütern gegen Verlust (auch Diebstahl) oder Beschädigung während der Transporte, Lagerungen und Ausstellungszeiten

Ausnahmen: Zulagenprämien/ Zuschlagprämien z.B. wegen Verlängerung der Ausstellung, Absicherung von transportierten Gütern gegen Schäden anlässlich einer Dauerausstellung (auch wenn feststeht, dass die Ausstellungsgüter letztendlich wieder zurücktransportiert werden sollen), die Absicherung von zu den Ausstellungsörtlichkeiten gehörenden beweglichen Sachen (z. B. Zelte) zu dem Zweck, ausschließlich diese vor Schäden etc. zu schützen. Der Begriff der Dauerausstellung ist u.E. kein feststehender Begriff und bedarf einer Auslegung im Einzelfall.

  • für Konditionsdifferenzdeckung, wenn sich diese auf Konditionen einer nach § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG befreiten Transportgüterversicherung bezieht
  • für die Versicherung von Gütern, die zum Zwecke der Reparatur, Restaurierung o.ä. transportiert und rücktransportiert werden, und zwar auch, soweit die Güter während der Vornahme der Reparatur o. ä. gegen Schäden abgesichert sind.

Nicht unter § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG fallen sollen lt. BMF u.a. Zahlungen von Versicherungsentgelt:

  • für die Mitversicherung von Vor-/ Nachlagerungen in einer versicherungsteuerbefreiten Transportgüterversicherung (Abgrenzung zur Zwischenlagerung)
  • für die Absicherung von nach einem Transport dauerhaft gelagerten Gütern
  • wenn sich eine zusätzliche Absicherung nicht direkt oder indirekt auf die transportierten Güter selbst, sondern auf die Lagerörtlichkeiten bezieht
  • für Haftpflichtversicherungen (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 10 Satz 2 VersStG), insbesondere Verkehrshaftungsversicherung und Speditionsversicherung
  • private Valorenversicherung (Absicherung von wertvollen Gegenständen wie Schmuck, Bargeld und Wertpapiere während des Transports und der transportbedingten Lagerung) – Abgrenzung zur gewerblichen Valorenversicherung, die steuerbefreit ist
  • für Reisegepäckversicherung
  • für Kaskoversicherung für Transportfahrzeuge
  • für sonstige Versicherungen, die in keinem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang zu Transportvorgängen stehen (insbesondere Versicherungen, die den Versicherungsnehmer in seiner Eigenschaft als Unternehmer, Eigentümer, Lagerhalter, Arbeitgeber etc. betreffen)

Anwendung der sog. „Pakete-Rechtsprechung“ (Tz. III. des BMF-Schreibens):

Im BMF-Schreiben werden außerdem Ausführungen gemacht zu versicherungsteuerlichen Konsequenzen bei der Kombination von Transportgüterversicherungen gem. § 4 Abs. 1 Nr. 10 VersStG mit nicht steuerbefreiten Versicherungen im „Paket“ unter Verweis auf das BFH-Urteil vom 13.12.2011 zu sog. Reiseversicherungspaketen.

Danach ist bei Kombination von mehreren Versicherungen, die isoliert betrachtet teils steuerbefreit, teils steuerpflichtig sind, das gesamte für das Versicherungspaket gezahlte Versicherungsentgelt steuerpflichtig, wenn das für die steuerbefreite Versicherung zu zahlende Entgelt nicht gesondert im Versicherungsvertrag ausgewiesen ist. Dabei gibt es keine Geringfügigkeitsgrenze.

Für den Bereich der Transportgüterversicherung wendet das BMF diese Grundsätze modifiziert an. Da eine endgültige Aufteilung der jeweiligen Prämienanteile regelmäßig erst mit der Prämienabrechnung erfolgen kann, reicht es aus, wenn im Versicherungsvertrag eine Aufteilung in steuerbefreite und steuerpflichtige Versicherungen vorgenommen und der jeweilige prozentuale Anteil am Versicherungsentgelt als Schätzwert beziffert wird. Erst in der endgültigen Prämienabrechnung ist der Anteil am Versicherungsentgelt, der auf die versicherungsteuerbefreiten Transportgüter-Risiken entfällt, in einem genauen Betrag auszuweisen.

Soweit in Policen in der Vergangenheit eine solche Aufteilung im Schätzungsweg nicht vorgenommen wurde, droht für die (nicht festsetzungsverjährte) Vergangenheit eine nachträgliche Steuererhebung. Es gibt keine Übergangsregelung, ab wann die Grundsätze des BMF-Schreibens anzuwenden sind. Eine solche Übergangsregelung ist – unter der Prämisse, dass diese Grundsätze mit der o.g. BFH-Rechtsprechung konform sind – auch nicht erforderlich. Nachdem das BMF diese Rechtsauffassung durch das o.g. BMF-Schreiben veröffentlicht hat, empfehlen wir in diesen Fällen dringend die Beachtung der Grundsätze des § 153 AO.