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Unternehmensnachfolge unter Nießbrauchsvorbehalt ist zurück

16. Januar 2020

Die Finanzverwaltung hat die steuerliche Unsicherheit bei Übertragungen von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt beendet. Damit lässt sich dieses Instrument wieder bedenkenloser für eine geplante Unternehmensnachfolge nutzen, wenn man vorab wichtige Punkte klärt.

Im Rahmen eines Generationswechsels ist es eine wesentliche Entscheidung, Nachfolgern frühzeitig Gesellschaftsanteile zu übertragen. Damit lassen sich die Verantwortung und die Gesellschafterposition sinnvoll schrittweise übertragen. Zudem sinkt in der Regel auch die Erbschaftsteuer. Gleichzeitig möchte der Senior in diesen Fällen die Beteiligung meist nicht vollständig wirtschaftlich übertragen, da er Teile der Erträge für seine eigene finanzielle Absicherung und die seines Ehegatten benötigt. Außerdem soll die Nachfolgegeneration nicht zu früh über die Erträge und damit in der Regel über ein hohes regelmäßiges Einkommen verfügen. Manchmal geht es dem Senior auch um die Wahrung eines gewissen Einflusses.

Ein häufig eingesetztes und bewährtes Instrument zum Erreichen dieser Ziele ist die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt. Dabei kann sich das Nießbrauchsrecht auf den Rückbehalt von zukünftigen Erträgen beschränken oder sich auch auf die Verwaltungsrechte erstrecken. Insgesamt lassen sich die Interessen des Schenkers und des Beschenkten mit Hilfe des Nießbrauchs sehr individuell ausgestalten. Während der Nießbrauch bei Anteilen an Kapitalgesellschaften in der Regel steuerlich unproblematisch ist, unterliegt er bei Personengesellschaften besonderen Anforderungen. Sollten diese Anforderungen nicht erfüllt sein, entfällt der Verschonungsabschlag für Betriebsvermögen.

Herausforderungen bei Anteilen an Personengesellschaften

Ein sorgfältiges Austarieren der durch den Nießbrauch zurückgehaltenen Vermögens- und Verwaltungsrechte ist aus schenkungssteuerlicher Sicht unbedingt erforderlich. Voraussetzung für die Verschonungsregelung nach Paragraf 13 a/b Erbschaftssteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) ist, dass auch der Erwerber (Beschenkte) eine sogenannte steuerliche Mitunternehmerstellung erlangt. Hierfür muss er einen gewissen Grad an Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative erhalten. Mitunternehmerrisiko bedeutet, dass er in gewissen Maße am Vermögen – insbesondere an den stillen Reserven – beteiligt ist. Zur Mitunternehmerinitiative gehört, dass dem Erwerber bestimmte Entscheidungsbefugnisse und damit Einfluss zustehen.

Ein geringeres Maß an dem einen Aspekt muss man durch ein erhöhtes Maß an dem anderen ausgleichen. Deshalb bekam der Erwerber in der Praxis – vereinfacht gesagt – das Recht an der Beteiligung der Substanz des Unternehmensanteils in Gestalt des sogenannten Liquidationserlöses zugesprochen. Zudem beteiligte man ihn an den sogenannten Grundlagenentscheidungen, die nicht in das alleinige Stimmrecht des Nießbrauchers fallen dürfen. Obwohl die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) in diesem Bereich zahlreich und dynamisch ist, ist die Anforderung der Mitunternehmerstellung im Einzelfall gut zu gestalten.

Erstaunlicherweise trat in den vergangenen Jahren nun ein ertragsteuerliches Problem bei einer Nießbrauchsgestaltung auf: Grundsätzlich ging die Finanzverwaltung davon aus, dass eine Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt unentgeltlich und mithin ohne ertragsteuerliche Folgen erfolgt, sprich ohne Aufdecken stiller Reserven. Dies ergab sich aus der Anwendung der Regelung des Paragrafen 6 Absatz (3) Einkommensteuergesetz (EStG). Diese Regelung besagt, dass sich trotz des Übertragungs- und Tauschvorgangs die stillen Reserven fortführen lassen.

Ein Paukenschlag war daher das BFH-Urteil vom 25. Januar 2017 (Az. X R 59/14), das zu einer großen Unsicherheit in diesem Bereich führte. Das Gericht stellte fest, dass im Fall der Übertragung eines Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt der Paragraf 6 Absatz (3) EStG nicht anwendbar war und es folglich zu einer steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven kommt. Damit stellte der BFH die Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt ertragsteuerlich einer Veräußerung gleich.

Es entstand sogar die Gefahr einer Doppelbesteuerung mit Schenkung- und Ertragsteuer. Obwohl die Begründung des BFH vielen nicht systematisch erschien, führte dieses Urteil zu einer großen Verunsicherung. Lange wusste die Beratungspraxis nicht, ob das Urteil auch für den Fall der Übertragung eines Anteils an einer Personengesellschaft gelten soll. Deshalb sah man in den vergangenen Jahren in vielen Fällen von einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt bei Personengesellschaften ab und suchte nach Alternativen, die aber nicht umfassend die gewünschten Ziele sicherten und zudem komplexer waren.

In der Folge gab es weniger lebzeitige Übertragungen, so dass der echte Generationswechsel aufgrund des steuerlichen Risikos ins Stocken geriet. Denn es macht einen Unterschied, ob ein Nachfolger als „Gast“ oder als Gesellschafter an Gesellschafterversammlungen teilnehmen kann. Ohne eigene Anteile bleibt das Heranführen der nachfolgenden Generationen bis zu einem gewissen Grad theoretisch. Es ist erfreulich, dass nun eine Wende in der Diskussion der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt eintritt.

Neue steuerliche Sicherheit

Die Finanzverwaltung hat nunmehr die steuerliche Unsicherheit bei Übertragungen von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt beendet. In seinem Schreiben zu Paragraf 6 Absatz (3) EStG vom 20. November 2019 in Textziffer 7 stellt die Finanzverwaltung fest, dass die Schenkung von Mitunternehmeranteilen unter Nießbrauchsvorbehalt unter § 6 Abs. (3) EStG fällt. Folglich ist die Buchwertfortführung zulässig und es werden keine stillen Reserven steuerpflichtig aufgedeckt. Das BHF-Urteil vom 25. Januar 2017 findet insofern keine Anwendung. Die Finanzverwaltung ist an diese Beurteilung gebunden. Damit kehrt die ursprüngliche Sicherheit für die vorweggenommene Erbfolge unter Nießbrauchsvorbehalt zurück.

Folgen für die Nachfolge

Die zurückgewonnene steuerliche Freiheit bei Schenkungen unter Nießbrauchsvorbehalt lassen sich nun für eine geplante Nachfolge nutzen. In diesem Zusammenhang sollte man jedoch vorab einige wesentliche Punkte besprechen und klären. Insbesondere die Frage, weshalb die Anteile zu diesem Zeitpunkt übertragen werden sollen, ist für Nachfolger von wesentlicher Bedeutung. Erfolgt die Übertragung nur aus steuerlichen Gesichtspunkten, etwa um durch einen niedrigeren  Unternehmenswert Freibeträge zu nutzen, oder ist ein tatsächliches Heranführen an die Gesellschafterposition beabsichtigt? Darüber hinaus ist klar festzulegen, welche Rechte sich der Senior zurückbehalten möchte: Handelt es sich dabei nur um zukünftige Erträge oder möchte er weiterhin Einfluss nehmen?

Eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt macht jedoch nur dann Sinn, wenn die Nachfolgegeneration ab einem bestimmten Zeitpunkt verantwortungsvoll selber entscheiden kann oder der Senior zumindest beabsichtig, sie in die Entscheidungen eng einzubeziehen. Außerdem sollten beide Seiten zu Beginn ihre Erwartungen besprechen. Wie viel Einbringen ist von der Nachfolgegeneration erwünscht? Wie darf sie mit ihren eigenen Erträgen umgehen? Auch sollte darauf geachtet werden, dass es aufgrund des Nießbrauchs nicht zu einer Überversorgung des Seniors kommt, denn das verbleibende Kapitalvermögen ist im Erbfall – ohne Begünstigung oder Verschonung – erbschaftsteuerpflichtig.

Nach unserer Beobachtung bestehen an diesen Punkten häufig Unsicherheiten, die in manchen Fällen zu Konflikten innerhalb der Familie führen. Deshalb ist ein offenes Wort vor der Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt essenziell. Und es sollte Klarheit darüber bestehen, welche Einschränkungen während der Haltefristen bestehen. Denn auch die Anforderungen an die Lohnsumme, das Halten der Beteiligung im engeren Sinn sowie das Ausschüttungsverhalten unterliegen den steuerlichen Voraussetzungen. Deshalb ist es ebenfalls sinnvoll, alle Anteile der älteren Generation zum gleichen Zeitpunkt auf die Nachfolgegeneration zu übertragen. Dies hat den Vorteil, dass alle Gesellschafter während der Haltefristen dieselben Interessen haben und keine Interessengegensätze entstehen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass eine Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt wieder ein wesentliches Instrument im Rahmen des Generationswechsels ist. Um dieses auch sinnvoll zu nutzen, ist eine individuelle Ausgestaltung nicht nur steuerlich erforderlich sondern auch familiär unentbehrlich.


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