Lohnsteuerabzug bei nicht durchgehend in Deutschland tätigen Arbeitnehmern – Änderung der LStR ab 2023

Besteht ein Arbeitsverhältnis nicht während eines vollen Monats, ist der während dieser Zeit bezogene Arbeitslohn auf die einzelnen Kalendertage umzurechnen. Die Lohnsteuer ergibt sich aus dem mit der Zahl der Kalendertage vervielfachten Betrag der Lohnsteuer-Tagestabelle. Man spricht in diesen Fällen steuerlich von einem Teillohnzahlungszeitraum. Durch die Anwendung der Lohnsteuer-Tagestabelle kommt es zu einer höheren steuerlichen Belastung als bei Anwendung der Lohnsteuer-Monatstabelle.

War der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat nur zeitweise in Deutschland tätig, waren bisher bei fortbestehendem Dienstverhältnis auch solche in den Lohnzahlungszeitraum fallende Arbeitstage mitzuzählen, für die der Arbeitnehmer keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn bezogen hat (R 39b.5 Abs. 2 Satz 3 LStR 2015). Danach entstand nach bisheriger Verwaltungsauffassung lohnsteuerlich kein Teillohnzahlungszeitraum, wenn ein Arbeitnehmer für seinen Arbeitgeber eine Auslandstätigkeit, die nach einem Doppelbesteuerungsabkommen oder nach dem Auslandstätigkeitserlass steuerfrei ist, während des Monats beginnt oder aufgibt oder im Lohnzahlungszeitraum zeitweise in Deutschland und zeitweise im Ausland tätig wird.

Ab 2023 sollen – trotz unveränderter Gesetzeslage – bei der Bemessung des Lohnzahlungszeitraums Arbeitstage, an denen der Arbeitnehmer nicht dem inländischen Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslohn bezogen hat, nicht mehr mitzuzählen sein (z.B. Bezug von steuerfreiem Arbeitslohn nach DBA oder nur tageweise Beschäftigung im Inland). Dies bedeutet eine erheblich höhere Lohnsteuerbelastung für die Betroffenen, für die angesichts des u.E. eindeutigen Gesetzeswortlauts in § 39b Abs. 2 Satz 1 EStG eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich ist.

Beispiel: bei einem anteiligen steuerpflichtigen Arbeitslohn in Deutschland von EUR 1.000 bei 5 Arbeitstagen im Monat ergibt sich ab 2023 eine Steuerbelastung von ca. 225 EUR. Nach der bis 2022 geltenden Regelung hatte die Lohnsteuer auf Basis der Monatstabelle EUR 0 betragen.

Für beschränkt Steuerpflichtige ist diese höhere Steuerbelastung angesichts der grundsätzlichen Abgeltungswirkung des Einbehalts in vielen Fällen am Ende auch definitiv. Für EU-/EWR-Angehörige, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem dieser Staaten haben, kann zwar eine Antragsveranlagung durchgeführt werden, was aber wiederum mit größerem Aufwand verbunden ist. Im Übrigen würde eine Antragsveranlagung auch dazu führen, dass die steuerfreien ausländischen Einkünfte im Rahmen des sogenannten Progressionsvorbehaltes (Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes) berücksichtigt werden müssten. Die Regelungen gelten zwar auch für unbeschränkt Steuerpflichtige. Diese dürften aber auch schon bisher eine Veranlagung vorgenommen haben, in die dann zukünftig der höhere Lohnsteuerabzug einfließt und entsprechend ausgeglichen wird.

Die höhere Steuerbelastung trägt trotz Fachkräftemangels nicht zur Attraktivität des Standortes Deutschlands auf dem Arbeitsmarkt bei. Gewisse Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dürften nicht auszuschließen sein.

Da die Neuregelung so nicht aus dem Gesetz herauszulesen ist, kann bei entsprechenden Größenordnungen durchaus in Betracht gezogen werden, die Lohnsteuer weiter – wie bisher – nach der Monatstabelle zu ermitteln. Allerdings müsste dem Finanzamt diese von den LStR 2023 abweichende Handhabung mitgeteilt werden. Da das Finanzamt wegen der Selbstbindung der Finanzverwaltung durch die LStR dem wahrscheinlich nicht folgen dürfte, müsste gegen einen entsprechenden Bescheid der Finanzverwaltung Einspruch eingelegt und auch ein Klageverfahren ins Auge gefasst werden.

Soll die Lohnsteuer, wie von der Finanzverwaltung nun vertreten, nach der Tagestabelle ermittelt werden, wäre zu entscheiden, ob der Mitarbeiter die anfallende Lohnsteuer selbst tragen soll oder der Arbeitgeber diese übernehmen will (Nettolohnvereinbarung für deutsche Arbeitstage) und damit eine entsprechende Mehrbelastung auf sich nimmt. Zu prüfen wäre insoweit, ob und wie die Arbeitsverträge anzupassen wären.

Sprechen Sie gerne Ihre Ansprechpartner von BDO zu dieser Thematik an. Ebenso stehen auch die Spezialisten des Bereichs Lohnsteuer und internationale Mitarbeiterentsendung zur Verfügung, unterstützen bei den nötigen Überlegungen und begleiten Sie bei der Umsetzung getroffener Maßnahmen.