Nachhaltigkeit kann nicht länger nur als ein neuer Trend betrachtet werden, sondern findet langfristig Einbindung in die Unternehmen. Dementsprechend berichten immer mehr Unternehmen freiwillig über ihre nichtfinanziellen Leistungen in einem Nachhaltigkeitsbericht.
Darüber hinaus spiegelt sich die zunehmende Forderung verschiedenster Anspruchsgruppen nach einer stetig steigenden Transparenz, Vergleichbarkeit und Glaubwürdigkeit der unternehmerischen Rechenschaftslegung über nichtfinanzielle Informationen in gesetzgeberischen Maßnahmen wider. So sind bestimmte Unternehmen verpflichtet, neben ihrer ggf. bisherigen freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung zusätzliche Anforderungen des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) in Form von nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen zu erfüllen.
Fraglich ist, wie sich in Folge dessen sowohl die freiwillige Nachhaltigkeitsberichterstattung als auch die nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen der Unternehmen darstellen und welche Unterschiede zwischen diesen Formen der Nachhaltigkeitskommunikation ggf. bestehen.
Um diesen Fragen nachzugehen, wurde die nichtfinanzielle Berichterstattung der DAX 160-Unternehmen untersucht und nach bestimmten Kriterien analysiert. Ergänzend wurden auch die Vergütungsberichte der Unternehmen bezüglich des Einbezugs nichtfinanzieller KPIs in das Vergütungssystem untersucht. Nachfolgend werden die wesentlichen Aussagen der Studie dargestellt, welche in Gänze unter dem Link „Quo Vadis? Die nichtfinanzielle Berichterstattung im DAX 160“ abrufbar ist.
Vorgehen
In die Studie wurden alle Unternehmen einbezogen, die am 30. Juni 2020 im DAX 160 der Deutschen Börse AG gelistet waren und bis zu diesem Zeitpunkt ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung und/oder ihre nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung veröffentlicht hatten. In der Analyse wurden die Nachhaltigkeitsberichte sowie die nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen nach dem CSR-RUG untersucht und anhand verschiedener Kriterien ausgewertet. Grundlage der analysierten Vergütungsberichte bildeten alle DAX 160-Unternehmen mit Sitz innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, unabhängig davon, ob sie zur Abgabe einer nichtfinanziellen (Konzern-) Erklärung verpflichtet waren.
Ergebnisse der Studie
Auswertung Nachhaltigkeitsberichte
Von den insgesamt 160 DAX-Unternehmen hatten bis zum vorstehend genannten Stichtag 99 Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht.
Im Rahmen der Aufstellung des Nachhaltigkeits-berichts verwendeten 85% der berichtenden Unternehmen die GRI-Standards, wovon sich 3% zusätzlich an den Leitlinien des International Integrated Reporting Council (IIRC) orientierten. Die alleinige Nutzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK) fand in lediglich 3% der ausgewerteten Unternehmensberichterstattungen statt. In 12% der untersuchten Unternehmensberichterstattungen wurde in Gänze auf die Anwendung eines Rahmenwerks verzichtet.
Sofern das Rahmenwerk der GRI für die Nachhaltigkeitsberichterstattung durch Unternehmen verwendet wurde, berichteten diese überwiegend (73%) in Übereinstimmung mit der Option „Core“. 12% der Unternehmen wählten hingegen die „Comprehensive“-Option und weitere 15% stellten die Nachhaltigkeitsberichterstattung „in Anlehnung an“ die GRI-Standards auf.
Zudem wurde in 87% der analysierten Nachhaltigkeitsberichterstattungen eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt. Die daraus gewonnene Anzahl der wesentlichen Themen reichte von 3 bis 35, mit einem Durchschnittswert von 14. Zur Veranschaulichung der Wesentlichkeitsanalyse wurde in 59% der Unternehmensberichterstattungen eine Wesentlichkeitsmatrix dargestellt.
Das Thema der Einhaltung von Menschenrechten gewinnt in der Öffentlichkeit an Bedeutung, auch vor dem Hintergrund zu erwartender legislativer Entwicklungen durch ein sog. Lieferkettengesetz (Sorgfaltspflichtengesetz). Dies spiegelte sich jedoch weniger deutlich in den untersuchten Nachhaltigkeitsberichten wider: in nur 48% der analysierten Berichterstattungen wurde die Achtung der Menschenrechte als wesentliches Thema ausgewiesen und Maßnahmen hierzu fanden ausweislich auch nur zum Teil statt. So wurde lediglich in 33% der analysierten Berichterstattungen über entsprechende Schulungen der Mitarbeiter und nur in 37% über Audits oder Monitorings berichtet.
Ergänzend wurde die Anwendung weiterer Leitlinien, Prinzipien sowie Initiativen untersucht. Die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN wurden bei 70% der analysierten Nachhaltigkeitsberichterstattungen einbezogen, wobei am häufigsten (87%) das SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ als relevant angesehen wurde. Auf der von der Disclosure Insight Action (CDP) veröffentlichten Plattform hatten 54% aller DAX 160-Unternehmen ihre Informationen zum Thema „Klima“ offengelegt. Der Anteil der Unternehmen, die Mitglied des United Nations Global Compact (UNGC) waren, lag bei 36%. Der Science-Based-Targets-Initiative (SBTi) waren insgesamt 13% der Unternehmen beigetreten, wobei mehr als die Hälfte den Anforderungen entsprechende Ziele aufgesetzt hatte. Der Rest der Mitglieder der SBTi war noch in der Entwicklungsphase entsprechender Ziele.
ESG-Ratings wird zunehmend mehr Bedeutung zugeschrieben. So fanden auch vermehrt Angaben zu ESG-Ratings Einzug in die Nachhaltigkeitsberichte. 54% der betrachteten Unternehmensberichterstattungen beinhalteten entsprechende Angaben, wobei 92% davon zusätzlich über das Rating-Ergebnis informierten.
Unternehmen können ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung von externen Dienstleistern prüfen lassen und so unter anderem eine höhere Glaubwürdigkeit und eine verbesserte Kommunikation mit den Stakeholder-Gruppen schaffen. 38% der untersuchten Unternehmensberichterstattungen oblagen einer solchen externen Prüfung. Diese wurden dabei zu 95% von Wirtschaftsprüfern bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und ausnahmslos zur Erlangung einer begrenzten Sicherheit durchgeführt. Einzelne Unternehmen hatten zusätzlich ausgewählte Teile des Berichts mit einer hinreichenden Sicherheit prüfen lassen. Bei 63% der geprüften Nachhaltigkeitsberichte wurden darüber hinaus nur ausgewählte Berichtsteile einer Prüfung unterzogen, beim verbleibenden Rest hingegen der gesamte Bericht. Die überwiegende Mehrheit (92%) der Prüfer verwendete den Prüfungsstandard ISAE 3000 (Revised).
Auswertung nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärungen
Neben der Auswertung der Nachhaltigkeitsberichte wurden ebenso die nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen nach CSR-RUG untersucht. Es unterlagen 132 Unternehmen im DAX 160 der Pflicht zur Aufstellung einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung.
Bei der Verortung der nichtfinanziellen (Kon- zern-)Erklärung zeigte sich ein heterogenes Bild. Während in 30% der analysierten Unternehmensberichterstattungen die nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärung in einem Nachhaltigkeitsbericht in Form eines eigenständigen Kapitels oder an geeigneten Stellen veröffentlicht wurde, waren 31% im (Konzern-)Lagebericht und weitere 26% außerhalb des (Konzern-)Lageberichts im Geschäftsbericht zu finden. Lediglich 13% der zur Aufstellung einer nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung verpflichteten Unternehmen entschieden sich, diese als separates PDF-Dokument auf der Internetseite des Unternehmens zu veröffentlichen.
Die Auswertung bezüglich der Nutzung eines Rahmenwerks zur Aufstellung der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung bestätigte den Trend zur Verwendung der GRI-Standards (71%), der sich bereits bei den ausgewerteten Nachhaltigkeitsberichten im ersten Teil der Studie zeigte. Gemäß CSR-RUG ist die Anwendung eines Rahmenwerks optional, nur in 20% der Unternehmensberichterstattungen wurde sich aber gegen die Verwendung eines Rahmenwerks entschieden.
Die im Gesetz festgeschriebenen fünf Belange gelten als Mindestbelange in der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung. Jedoch müssen Unternehmen nicht zwingend zu jedem Belang berichten, sofern begründet werden kann, weshalb der ausgelassene Belang für das jeweilige Unternehmen als unwesentlich angesehen wird. Von allen in die Untersuchung einbezogenen Unternehmen, die zur Aufstellung einer nichtfinanziellen (Konzern-) Erklärung verpflichtet waren, wurde dementsprechend mit 70% mehrheitlich über alle fünf Belange berichtet. Beim verbleibenden Rest der Unternehmensberichterstattungen wurde(n) hingegen ein oder mehrere Belang(e) als nicht wesentlich eingestuft und daher entweder in der nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärung weggelassen oder als zusätzliche freiwillige Angabe aufgenommen. Am häufigsten wurde der Arbeitnehmerbelang (99%) als wesentlich eingestuft, der Belang Achtung der Menschenrechte wurde indes von 87% der Unter-nehmen als relevant erachtet, was aufzeigt, dass diesem Thema eine deutlich größere Bedeutung als in den Nachhaltigkeitsberichten zugeschrieben wird.
In der aktuellen Studie wurde ebenfalls unter-sucht, wie die Unternehmen über die nach CSR-RUG erforderliche Bewertung von Risiken, die durch Unternehmen auf die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte bestehen, berichtet haben. Zwar enthielten 96% der analysierten Unternehmensberichterstattungen Angaben zu nichtfinanziellen Risiken, in 69% davon fand sich jedoch eine explizite Negativaussage. In den Unternehmensberichterstattungen ohne eine solche Negativaussage wurden jedoch zu 87% nicht, wie vom Gesetz vorgesehen, die Risiken der Geschäftstätigkeit, Geschäftsbeziehungen und Produkte/Dienstleistungen der Unternehmen auf die Nachhaltigkeitsbelange, sondern stattdessen die Risiken der nichtfinanziellen Belange auf das Unternehmen betrachtet.
Bei 74% der untersuchten Unternehmensbericht-erstattungen wurde die nichtfinanzielle (Kon-zern-)Erklärung durch einen externen Dienstleister geprüft. Ausgehend von den geprüften nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen diente die Prüfung zu 91% zur Erlangung einer begrenzten und zu 9% einer hinreichenden Sicherheit für das Prüfungsurteil. Die externen Dienstleister waren zu 99% Wirtschaftsprüfer bzw. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.
Auswertung der Vergütungsberichte
Ergänzend zu den Nachhaltigkeitsberichterstattungen sowie nichtfinanziellen (Konzern-)Erklärungen wurden auch die Vergütungsberichte der DAX 160-Unternehmen hinsichtlich des Einbezugs nichtfinanzieller KPIs in das Vergütungssystem analysiert. Von den 146 betrachteten Vergütungsberichten enthielten lediglich 32% nachhaltigkeitsbezogene Key Performance Indikatoren (KPIs) mit Einfluss auf die Höhe der variablen Vergütung des Vorstands. In diesem Teil der Vergütungsberichte wurde zudem nur zu 9% über ein konkretes Ausmaß oder einen konkreten Zeitbezug der Zielsetzung der KPIs berichtet.
Fazit
Anhand der Ergebnisse der durchgeführten Studie lässt sich festhalten, dass in den nichtfinanziellen Berichterstattungen zum Teil deutliche Unterschiede bestehen.
So wurde zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit der nichtfinanziellen Berichterstattung diese bereits zu 38% (Nachhaltigkeitsberichte) resp. 74% (nichtfinanzielle (Konzern-)Erklärungen) einer externen Prüfung unterzogen. Diese Prüfungen dienten zu 100% bzw. 91% der Erzielung einer begrenzten Sicherheit basierend auf dem Prüfungsstandard ISAE 3000 (Revised).
In nur 48% der analysierten Nachhaltigkeitsberichte wurde das aktuelle Thema der Menschen-rechte als wesentlich eingestuft. In der gesetzlich vorgeschriebenen Berichterstattung war das Thema der Menschenrechte mit 87% deutlich etablierter als in der freiwilligen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies vor dem Hintergrund eines möglichen sog. Lieferkettengesetzes (Sorgfaltspflichtengesetzes) verändern könnte.
Zudem wurden in lediglich 32% der ausgewerteten Vergütungsberichte nachhaltigkeitsbezogene KPIs in ein variables Vergütungssystem einbezogen. In diesen analysierten Vergütungsberichten wurde nur zu 9% das Ausmaß und der Zeithorizont der zugrundeliegenden Zielsetzung beschrieben. Mit dem ARUG II und der darin geforderten Verknüpfung der Vorstandsvergütung mit einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung könnte jedoch ein Indiz bestehen, dass künftig vermehrt nachhaltigkeitsbezogene KPIs einbezogen werden.
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