20. Dezember 2018
Mit dem Ende November verabschiedeten „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (sog. „Jahressteuergesetz 2018“) ergibt sich zukünftig auch für steuerbefreite Anleger unter bestimmten Voraussetzungen ein Kapitalertragsteuereinbehalt auf Dividenden. Damit sollen sog. Cum/Cum-Gestaltungen über gemeinnützige Körperschaften erschwert werden.
Betroffene steuerbegünstigte Anleger im Sinne der Neuregelung sind Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die nach ihrer Satzung sowie tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken gemäß den §§ 52 bis 54 AO dienen und somit nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind.
Liegt dem die Wertpapiere verwahrenden Kreditinstitut eine Nichtveranlagungsbescheinigung des Finanzamtes vor, wurde bei gemeinnützigen Organisationen bisher keine Kapitalertragsteuer bei Dividendenausschüttung einbehalten.
Zukünftig wird nach dem ergänzten § 44a Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 EStG für Dividendenerträge, die einen Freibetrag von EUR 20.000 übersteigen, Kapitalertragsteuer in Höhe von drei Fünfteln des Kapitalertragsteuersatzes von 25 % einbehalten. Dies entspricht dem inländischen Körperschaftsteuersatz von 15 %. Nicht erfasst werden aber Gläubiger der Dividendenerträge, die seit mehr als einem Jahr ununterbrochen wirtschaftlicher Eigentümer der Aktien oder Genussscheine sind. Die Befreiung vom Kapitalertragsteuereinbehalt gilt also unverändert für kleinere Dividendenerträge und bei langfristig gehaltenen Wertpapieren.
In der Praxis dürfte jedoch die Beurteilung des Freibetrags von EUR 20.000 noch Fragen aufwerfen, da sich dieser auf alle Kapitalerträge der Organisation (über alle Kreditinstitute hinweg) bezieht. Dem Vernehmen nach soll als Referenzzeitraum zunächst das Jahr 2018 betrachtet werden. Betrugen also die Kapitalerträge im Jahr 2018 mehr als EUR 20.000, dürfte auch in 2019 Kapitalertragsteuer einbehalten werden.
Hinweis:
Die Neuregelungen sind erstmals auf nach dem 31.12.2018 zufließende Kapitalerträge anzuwenden. Das Gesetz sieht keinen Übergangszeitraum vor.
Wird Kapitalertragsteuer einbehalten, kann diese auf Antrag erstattet werden, wenn die Voraussetzungen für eine volle Anrechnung der Kapitalertragsteuer erfüllt sind. Im Rahmen des Erstattungsverfahrens prüft die Finanzverwaltung, dass keine Cum/Cum-Gestaltungen vorliegen.
Da die Erstattung der einbehaltenen Kapitalertragsteuer damit erst im Folgejahr erfolgt, können sich Auswirkungen auf die Liquidität ergeben. Zudem bedeutet dies für Körperschaften, die keinen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten und bisher nur alle drei Jahre eine Gemeinnützigkeitserklärung abgeben mussten, zusätzliche Bürokratie.
Aktuelle Ergänzung:
Um die dargestellten Folgen abzumildern, hat das BMF mit Schreiben vom 17.12.2018 Erleichterungen zugelassen.
Seitens der Kreditinstitute kann bis zum 31.12.2019 auch dann ein Steuerabzug vorgenommen werden, wenn der Freibetrag von EUR 20.000 nicht überschritten wird. Ggf. müssen Dividendenempfänger das Erstattungsverfahren beschreiten.
Die gemeinnützigen Einrichtungen können den Abzug durch Vorlage einer bereits vorliegenden Nichtveranlagungsbescheinigung oder einer beglaubigten Kopie des aktuellen Freistellungsbescheids vermeiden.