Hinweise und Klarstellung des Prüfers zur Einhaltung der neuen Zielmarktvorgaben bei beratungsfreien Geschäften

Die neuen Berufspflichten gelten bereits seit dem 1. August 2020 für Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater. Infolgedessen ist vor allem auch der vom Produktgeber bestimmte Zielmarkt bei der Anlageberatung und -vermittlung zu berücksichtigen.

In Anlehnung an den § 16 Abs. 3b FinVermV n.F. hat der Vermittler den nach § 80 Absatz 9 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Dazu hat er alle zumutbaren Schritte zu unternehmen, um sich die erforderlichen Informationen einschließlich der Bestimmung des Zielmarktes von dem die Finanzanlage konzipierenden Wertpapierdienstleistungsunternehmen oder dem Emittenten zu beschaffen und die Merkmale sowie den Zielmarkt der Finanzanlage zu verstehen. Er hat die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers unter Berücksichtigung des Zielmarktes zu beurteilen und sicherzustellen, dass er Finanzanlagen nur empfiehlt, wenn dies im bestmöglichen Interesse des Anlegers ist.

Zur Bestimmung des Zielmarktes sind folgende Kriterien heranzuziehen:

  • Kundenkategorie
  • Kenntnisse und Erfahrungen der Anleger
  • Finanzielle Situation mit Fokus auf die Verlusttragfähigkeit der Anleger
  • Risikotoleranz bzw. Vereinbarkeit des Risiko-Rendite-Profils mit dem Zielkunden
  • Ziele und Bedürfnisse

Auch wenn sich die Zielmarktkriterien größtenteils denen der Geeignetheitsprüfung im Rahmen der Anlageberatung ähneln, drängt sich die Frage auf, ob bei einem beratungsfreien Geschäft respektive Anlagevermittlung mit Angemessenheitsprüfung auch die beratungsspezifischen Zielmarktkriterien berücksichtigt werden müssen. Schließlich schuldet der Vermittler bei der Anlagenvermittlung keine Geeignetheitsprüfung, er muss also nicht ermitteln, ob die Finanzanlage den Anlagenzielen, finanziellen Verhältnissen und der Risikotoleranz des Kunden entspricht.

Aus der FinVermV n.F. geht nicht klar hervor, ob bei bloßen Anlagenvermittlungen die beratungsspezifischen Kriterien beim Zielmarktabgleich berücksichtigt werden müssen und ob generell ein Zielmarktabgleich bei beratungsfreien Geschäften durchzuführen ist.

Klarstellung

Aus den ESMA-Richtlinien geht hervor, dass der Umfang der abzugleichenden Zielmarktkriterien abhängig ist von der Art der erbrachten Finanzdienstleistung. Die Aufsichtsbehörde geht demnach davon aus, dass bei einer Anlagenvermittlung keine Zielmarktmerkmale abgeglichen werden müssen, die nur bei der Anlageberatung im Rahmen der Geeignetheitsprüfung zu berücksichtigen wären. Bei reinen Ausführungsgeschäften (Execution only) ist im Rahmen des Zielmarktabgleichs mindestens die Kundenkategorie zu berücksichtigen.

Dies sollte auch gleichermaßen für Versicherungsvermittler gelten, da die regulatorischen Vorgaben der EU das Ziel verfolgen, bei Versicherungsanlageprodukten (IBIP) und Finanzprodukten ein level playing field, also ein vergleichbares Niveau des Anlegerschutzes, zu implementieren.