Jahressteuergesetz 2022

Einkommensteuer

Besteuerung von Renten bzw. steuerliche Berücksichtigung von Altersvorsorgeleistungen

  • Der Anteil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der aufgrund des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Sozialgesetzbuch geleistet wird (sog. Grundrentenzuschlag), wird noch für den Veranlagungszeitraum 2021 steuerfrei gestellt. Sofern hierfür korrigierte Rentenbezugsmitteilungen erforderlich sind, können auch bereits bestandskräftige Einkommensteuerbescheide noch geändert werden.
  • Die Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen o.ä. sind ab dem Veranlagungszeitraum 2023 zu 100 % als Sonderausgaben abzugsfähig. Mit der Änderung wird der bisher ab dem Jahr 2025 vorgesehene vollständige Sonderausgabenabzug auf das Jahr 2023 vorgezogen.
  • Im Bereich der sog. Riester-Förderung sind ab dem 01.01.2023 Verfahrenserleichterungen bei der Beantragung der Kinderzulage vorgesehen.

Vor dem Hintergrund des beschleunigten Ausbaus erneuerbarer Energien greift rückwirkend ab dem 01.01.2022 eine Ertragsteuerbefreiung für Einnahmen aus dem Betrieb bestimmter Photovoltaikanlagen auf, an oder in

  • Einfamilienhäusern (einschließlich Nebengebäuden) oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 30 kW (peak) sowie
  • sonstigen Gebäuden mit einer installierten Bruttoleistung von bis zu 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit.

Die Steuerbefreiung gilt für den Betrieb mehrerer Anlagen bis max. 100 kW (peak). Die 100 kW (peak)-Grenze ist dabei pro Steuerpflichtigem oder pro Mitunternehmerschaft zu prüfen.

Nach der Gesetzesbegründung gilt die Steuerbefreiung unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms. Damit sind auch Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist, zum Aufladen eines privat oder betrieblich genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird, steuerfrei.

Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften führt der Betrieb von Photovoltaikanlagen, die die begünstigten Anlagengrößen nicht überschreiten, nicht zu einer gewerblichen Infektion der Vermietungseinkünfte.

Hinweis:

Inwieweit die durch die Gesetzesänderung bedingte Beendigung einer solchen derzeit evtl. bestehenden gewerblich infizierten Gesellschaft zu einer Betriebsaufgabe mit entsprechender Versteuerung etwaiger stiller Reserven führen kann, wird in der Gesetzesbegründung nicht thematisiert; eine entsprechende Klarstellung mit einem energiepolitischen Leitgedanken wäre wünschenswert.

Für ein häuslichen Arbeitszimmer können ab dem Veranlagungszeitraum 2023 entweder die tatsächlichen Aufwendungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten oder eine Jahrespauschale i.H.v. EUR 1.260 angesetzt werden, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet. Irrelevant ist nunmehr, ob hierfür ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bei der Jahrespauschale handelt es sich um einen personenbezogenen Betrag, der monatsgenau zu gewähren ist.

Die als Tagespauschale zu gewährende Homeoffice-Pauschale kommt in Betracht, wenn die Tätigkeit nur tageweise in der häuslichen Wohnung ausgeübt wird. Die Pauschale von bisher EUR 5 je Kalendertag, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung ausgeführt wird, wird ab dem Veranlagungszeitraum 2023 dauerhaft entfristet, je Tag auf EUR 6 und insgesamt von derzeit EUR 600 auf EUR 1.260 (Höchstbetrag) angehoben.

Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sind sog. aktive und passive Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden. Damit werden Ausgaben und Einnahmen demjenigen Wirtschaftsjahr zugeordnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

Bei Wirtschaftsjahren, die nach dem 31.12.2021 enden, kann der Ansatz eines Rechnungsabgrenzungspostens unterbleiben, wenn die jeweilige Ausgabe oder Einnahme den Betrag eines geringwertigen Wirtschaftsguts i.H.v. EUR 800 netto nicht übersteigt. Das Wahlrecht ist einheitlich für alle Ausgaben und Einnahmen auszuüben.

Der lineare AfA-Satz für nach dem 31.12.2022 fertiggestellte Wohngebäude wird von bisher 2 % auf 3 % erhöht. Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Streichung der Abschreibungsmöglichkeit entsprechend einer begründeten tatsächlich kürzeren Nutzungsdauer wurde nicht umgesetzt.

Für den Bau neuer, bisher nicht vorhandener Wohnungen kann zudem eine Sonderabschreibung angesetzt werden, wenn die Baumaßnahmen auf einem in den Jahren 2023 bis 2026 gestellten Bauantrag beruhen. Weitere Voraussetzung ist, dass die Klassifizierung eines sog. Effizienzhauses 40 nachgewiesen wird. Die Anschaffungs-/Herstellungskosten dürfen einen Betrag i.H.v. EUR 4.800/m² nicht übersteigen; als Bemessungsgrundlage für die Sonderabschreibung können max. EUR 2.500/m² berücksichtigt werden. Im Übrigen sind die Grundsätze der De-minimis-Verordnung einzuhalten.

Es wird ab dem Veranlagungszeitraum 2022 eine gesetzliche Regelung zur ehegattenübergreifenden Verlustverrechnungsmöglichkeit eingeführt. Ab dem 01.01.2023 wird der Sparerpauschbetrag von bislang EUR 801 auf EUR 1.000 bzw. im Fall der Zusammenveranlagung von EUR 1.602 auf EUR 2.000 angehoben. Um die technische Umsetzung zu erleichtern, werden bereits erteilte Freistellungsaufträge automatisch prozentual angepasst. Es wird zudem klargestellt, dass ab dem 01.01.2023 Kapitalerträge auch dann vorliegen, wenn es sich um Zinsen aus Forderungen handelt, die über eine Internet-Dienstleistungsplattform erworben wurden.


Die Vermietung und Verpachtung oder Veräußerung von Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, unterliegt einerseits bei sog. Drittlizenzen, also bei Vorgängen zwischen nicht nahestehenden Personen i.S.d. § 1 Abs. 2 AStG, in allen offenen Fällen sowie andererseits bei Vorgängen mit DBA-Schutz ab dem 01.01.2023 nicht mehr der Besteuerung. Hat der Vergütungsgläubiger seinen Sitz allerdings in einem nicht kooperativen Steuerhoheitsgebiet, erfolgt die Besteuerung nach einer neuen Regelung im Steueroasen-Abwehrgesetz. 

Alle im Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz benannten Entlastungen unterliegen ab dem Tag der Verkündung des Jahressteuergesetzes 2022 der Besteuerung. Sofern diese nicht schon direkt einer Einkunftsart zuzuordnen sind, wird die Zugehörigkeit zu den sonstigen Leistungen gesetzlich angeordnet. In diesem Fall kommt die Besteuerung aber nur dann zum Tragen, wenn ein Solidaritätszuschlag festzusetzen ist. Eine sog. Milderungszone stellt dabei zudem sicher, dass krasse Belastungssprünge im Einstiegsbereich der Besteuerung vermieden werden. 

  • Arbeitnehmer-Pauschbetrag: Erhöhung ab 01.01.2023 auf EUR 1.230
  • Entlastungsbetrag für Alleinerziehende: Erhöhung ab 01.01.2023 auf EUR 4.260
  • Freibetrag für die auswärtige Unterbringung eines sich in Berufsausbildung befindenden, kindergeldberechtigten und volljährigen Kindes: Erhöhung ab 01.01.2023 auf EUR 1.200
  • Energiepreispauschale: Die Energiepreispauschale für Versorgungsbeziehende ist einkommen- und lohnsteuerpflichtig; sie wird mit dem individuellen Steuersatz versteuert. Es wird zudem klargestellt, dass die Energiepreispauschale bei allen Empfängern unpfändbar ist.
  • Pflegebonus: Für Leistungen einer voll- und teilstationären Pflegeeinrichtung i.S.d. § 150c SGB XI wird der Begünstigungszeitraum bis zum 31.05.2023 verlängert.
  • Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigte: Erhöhung der Arbeitslohngrenze für kurzfristige Beschäftigung (= gelegentliche und nicht regelmäßige wiederkehrende Beschäftigung mit max. 18 zusammenhängenden Arbeitstagen) ab 01.01.2023 auf EUR 150 je Arbeitstag
  • Bauabzugsteuerverfahren: Ab dem Veranlagungszeitraum 2025 ist das Bauabzugsteuerverfahren nur noch elektronisch möglich.
  • Energetische Sanierung einer Wohnung: Die Eigenheimrenten-Förderung kann ab dem 01.01.2024 auch für Aufwendungen für energetische Maßnahmen bei einer selbst genutzten Wohnung in Anspruch genommen werden, sofern keine sonstigen Förderungen oder ein anderweitiger steuerlicher Abzug in Anspruch genommen werden oder wurden.

Körperschaftsteuer

Es wird klargestellt, dass dann keine mittelbare Organschaft vorliegt, wenn sich die Mehrheit der Stimmrechte an der Organgesellschaft bereits aus der unmittelbaren Beteiligung des Organträges an der Organgesellschaft ergibt.

Zudem werden die bisherigen Regelungen zum Übergang vom System der steuerlichen Ausgleichsposten zur Einlagelösung ergänzt. In diesem Zusammenhang werden u.a. die Auswirkungen von Einlage bzw. Einlagenrückgewähr auf den Buchwert der Beteiligung an der Organgesellschaft normiert.

Die vorhandene Regelung für die Einlagenrückgewähr von EU- bzw. EWR-Kapitalgesellschaften wird ab dem 01.01.2023 auf alle ausländischen Kapitalgesellschaften und damit auch auf Drittstaaten-Kapitalgesellschaften erweitert.

Umsatzsteuer


Der Unternehmerbegriff wird ab dem 01.01.2023 dahingehend erweitert, dass es auf die Rechtsfähigkeit nach anderen Vorschriften nicht ankommt. Unternehmer können daher auch nicht rechtsfähige Personengesellschaften, wie z.B. Bruchteilsgemeinschaften sein.

Ab dem 01.01.2023 gilt für die Anschaffung/Herstellung von Photovoltaikanlagen sowie entsprechende Stromspeicher inkl. damit verbundener Installation ein Steuersatz von 0 %. Voraussetzung ist, dass die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen oder anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Dies soll bereits dann als erfüllt gelten, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt.

Vor dem Hintergrund einer EU-Richtlinie wird zum 01.01.2024 § 22g UStG neu aufgenommen, der besondere Aufzeichnungs- und Mitteilungspflichten für Zahlungsdienstleister bei bestimmten grenzüberschreitenden Zahlungen regelt. Dadurch sollen die EU-Mitgliedstaaten den Umsatzsteuerbetrug besser bekämpfen können.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die weder freiwillig noch aufgrund gesetzlicher Vorschriften Bücher führen bzw. aufgrund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse machen, können ab dem 01.01.2023 die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten (sog. Ist-Besteuerung) beantragen.

Darüber hinaus wird klargestellt, dass die Neuregelungen zur Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand für alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts erst ab dem 01.01.2025 verbindlich anzuwenden sind.

Grundbesitzbewertungen

Im Bewertungsgesetz erfolgen diverse und vor allem die Grundbesitzbewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer betreffende Anpassungen an die Immobilienwertermittlungsverordnung vom 14.07.2021. Die Neuregelungen sind für Bewertungsstichtage ab dem 01.01.2023 anzuwenden.

Es werden dabei insbesondere das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung bei Erbbaurechten und in Fällen mit Gebäuden auf fremdem Grund und Boden entsprechend geändert und einzelne Berechnungsparameter an das aktuelle Marktniveau angepasst. Hierdurch droht im Vergleich zum bisherigen Recht eine deutliche Erhöhung der Grundbesitzwerte, regelmäßig um ca. 25 % bis 50 %. Ausführliche Informationen finden Sie in unserer gesonderten Darstellung.

Hinweis: 

Die während des Gesetzesvorhabens und auch noch während der Bundesratssitzung am 16.12.2022 diskutierte Erhöhung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Freibeträge wurde im finalen Gesetz nicht umgesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob dies nunmehr zeitnah nachgeholt wird, um einer allzu starken Steuermehrbelastung entgegenzuwirken.

Darüber hinaus ist die Abgabe von Feststellungserklärungen zur Grundbesitzbewertung nur noch elektronisch möglich, sobald hierfür die entsprechenden Datenverarbeitungsprogramme zur Verfügung stehen.

EU-Energiekrisenbeitrag

Von der Regelung zur Einführung eines EU-Energiekrisenbeitrags wird jedes im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich tätige Unternehmen erfasst, das mindestens 75 % seines Umsatzes durch Extraktion, Bergbau, Erdölraffination oder Herstellung von Kokereierzeugnissen erzielt. Der Steuersatz beträgt 33 %. Bemessungsgrundlage ist der Teil des Gewinns, der um mehr als 20 % oberhalb des durchschnittlichen Gewinns der Jahre 2018 bis 2021 liegt. Der EU-Energiekrisenbeitrag wird für die beiden Wirtschaftsjahre nach dem 31.12.2021, also i.d.R. 2022 und 2023, erhoben und ist nicht als Betriebsausgabe bei der Einkommen- oder Körperschaftsteuer abziehbar.

Das Unternehmen hat den EU-Energiekrisenbeitrag selbst zu errechnen, in einer Steueranmeldung gegenüber dem BZSt zu erklären und die Zahllast fristgerecht zu entrichten. Die Steueranmeldung ist spätestens zum Zeitpunkt der jeweiligen Ertragsteuererklärungen abzugeben. Der EU-Energiekrisenbeitrag ist am zehnten Tag nach Abgabe der Steueranmeldung fällig und bis dahin zu entrichten. Die zutreffende Ermittlung des EU-Energiekrisenbeitrags wird seitens der Finanzverwaltung spätestens im Rahmen von Betriebsprüfungen geprüft werden.

Sonstiges

Es wurden die Rechtsgrundlagen zum Aufbau eines unbürokratischen und missbrauchssicheren Auszahlungswegs für öffentliche Leistungen wie bspw. das geplante sog. Klimageld unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer geschaffen.